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Die Meinung
15. März 2023

Endlich in Reichweite: Das Ende der fossilen Wärmeversorgung

Zum dritten Mal in Folge verfehlt der Gebäudebereich seine Klimaziele. Die Vorgabe, dass neu eingebaute Heizungen ab 2024 mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien nutzen müssen, ist ein folgerichtiger Schritt für eine klimafreundliche und gerechtere Zukunft.

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V.
Eine Frau mit braunen, zurückgebundenen Haaren und in einer grünen Jacke, steht in einem Park
Bild: Stefan Wieland

Schon viel zulange wird der Gebäudebereich von der Bundesregierung sträflich vernachlässigt. In diesem Jahr werden hier zum dritten Mal in Folge die Klimaziele verfehlt.  Das Problem: Noch immer werden über 80 Prozent der Wärmenachfrage durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt. 2022 wurden in Deutschland noch ganze 650.000 fossile Heizungen neu eingebaut. Das können wir uns in Zeiten der Klimakrise nicht mehr leisten. Zudem hat uns das letzte Jahr vor Augen geführt, wie stark wir vom Import fossiler Brennstoffe abhängig sind und wie schnell die Heizkosten aus dem Ruder laufen können.

Wir brauchen eine langfristig unabhängige Energieversorgung und müssen bei der Wärmewende endlich ins Handeln kommen. Die Art des Heizens muss grundlegend erneuert werden. Aufgrund der politischen Verzögerung der Wärmewende, bleiben uns dafür nur noch zwei Jahrzehnte Zeit. Das ist sehr ambitioniert, aber möglich, wenn wir jetzt die richtigen Maßnahmen in die Wege leiten. 65 Prozent Erneuerbare Energien bei neuen Heizungen sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität und ebnen den Weg für den notwendigen Ausstieg aus Öl und Gas.

Erneuerbares Heizen trifft den Nerv der Zeit

Die aktuelle Energiekrise hat vielen Verbraucher:innen die negativen Auswirkungen der Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern sehr deutlich vor Augen geführt. Sie wollen nun lieber klimafreundlich heizen und unabhängig von nicht-kalkulierbaren Brennstoffpreisen sein. Beratungen zu erneuerbarer Wärme und insbesondere zur Wärmepumpe werden so stark nachgefragt wie nie zuvor und die Absatzzahlen der Wärmepumpe stiegen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 53 Prozent auf 236.000 Stück.

Die 65-Prozent-Vorgabe unterstützt diesen Trend, denn sie schafft für alle Beteiligten die notwendige Planungssicherheit: für die Industrie, um Produktionskapazitäten aufzubauen, für das Handwerk, um Fachkräfte auszubilden sowie für Eigentümer:innen, die einen Fahrplan für den eigenen Heizungskeller benötigen. Diese lange vermisste Klarheit verhindert weitere Fehlinvestitionen in fossile Heizungen und bewahrt Verbraucher:innen vor unkalkulierbaren Heizkosten.

Nur Erneuerbare Energien werden bezahlbar bleiben

Die Investitionskosten einer Wärmepumpe sind im Vergleich zu einer Gasheizung höher - trotz der Förderung von bis zu 40 Prozent. Die finanziellen Vorteile der Wärmepumpe liegen in den niedrigeren Betriebskosten. Da sie kostenlose Umweltwärme nutzen, sind sie letztendlich effizienter als fossile Heizungen; die monatlichen Energiekosten sind bei richtiger Planung in der Regel geringer.  Das finanzielle Risiko von volatilen Brennstoffpreisen kann so begrenzt werden.

Um die Mehrkosten der anfänglichen Investition abzufedern, muss die 65-Prozent-Vorgabe durch eine soziale Komponente sowie eine Härtefallregelung flankiert werden. Dies stellt sicher, dass sich auch Haushalte mit einem geringen Einkommen die Installation einer Wärmepumpe leisten können und am Ende von den niedrigeren Energiekosten profitieren. Damit kann man diese wichtige Vorgabe nicht nur als klimapolitisches, sondern auch als sozialpolitisches Instrument betrachten. Mittelfristig ist durch den Anstieg der Absatzzahlen zudem mit sinkenden Investitionskosten für Wärmepumpen zu rechnen.

Politik muss fossiler Lobby die Stirn bieten

Aktuell profitiert insbesondere die Gasbranche vom fossilen Wärmegeschäft. Und sie versucht mit allen Mitteln, ihr Geschäftsmodell und bestehende Gasinfrastrukturen weiter aufrecht zu erhalten. In Deutschland macht sich insbesondere die FDP zu ihrem Steigbügelhalter und bremst die Verabschiedung der Heizungsvorgabe aus. Auch die Wohnungswirtschaft stellt sich gegen die Interessen der Mieter:innen und blockiert den Fortschritt bei der Wärmeversorgung.

Wie so oft werden hier kurzfristige Profite vor langfristig nachhaltige Lösungen gestellt. Die Wärmekund:innen mit ihren hohen Heizkosten haben das Nachsehen, von den Folgen der Klimaerwärmung ganz zu schweigen. Klimaminister Habeck darf jetzt keinesfalls einknicken, denn diese Kehrtwende der Wärmepolitik ist die einzige Chance, die Klimaziele noch zu erreichen.

Wasserstoff als Scheinlösung entlarven

Das Versprechen der fossilen Lobbyist:innen, zukünftig grüne Gase einzusetzen, führt in die Irre. Dass dies eine nachhaltige Option sei, ist schlicht falsch. Grüner Wasserstoff und andere grüne Gase werden auf absehbare Zeit knappe und teure Energieträger sein. Sie werden zudem in anderen Bereichen wie der Industrie viel notwendiger gebraucht als im Gebäudebereich, wo es Alternativen gibt. Die Politik muss ein klares Signal geben, dass Wasserstoff nicht für Gebäudeheizungen gedacht ist. Anderenfalls wird uns die Illusion von Wasserstoff in eine klima- und sozialpolitische Sackgasse führen. Noch sieht der Gesetzentwurf vor, dass die 65-Prozent-Vorgabe beim Einsatz von Wasserstoff als erfüllt gilt. Dies muss dringend gestrichen werden.

Auch auf europäischer Ebene ist Obacht geboten: Ein Beschluss des EU-Parlaments zur Überarbeitung der europäischen Gebäude-Richtlinie sieht vor, dass bereits Heizungen, die für einen Betrieb mit grünen Gasen – das heißt Biogas, Biomethan oder grüner Wasserstoff –  zertifiziert sind, als erneuerbar gelten, auch wenn sie aktuell fossiles Gas nutzen. Dies würde den bedingungslosen Fortbestand von fossil betriebenen Heizungen ermöglichen und die 65-Prozent-Vorgabe ad absurdum führen.




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