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Die Meinung
16. Februar 2022

So gestalten wir klimafreundliche Mobilität im Wohnquartier

Unsere Mobilität ist im Wandel. Der Schlüssel für eine umweltbewusste und sozial gerechte Mobilität liegt in der Infrastruktur. Nur wenn Wohnen und Mobilität zusammen geplant werden, lassen sich die Bedürfnisse und Anforderungen von Mensch und Umwelt erfüllen.

Magdalena Reiner und Nicola Krettek, VCD Verkehrsclub Deutschland e.V.

Magdalena Reiner und Nicola Krettek, VCD Verkehrsclub Deutschland e.V.
Zwei Frauen in einer Bildcollage
Bilder: VCD, Collage Angelika Böhm

Globaler Klimaschutz braucht lokale Lösungen. Die Planung und Weiterentwicklung von Wohnquartieren spielt dabei eine zentrale Rolle. Oft denken wir bei Klimaschutz im baulichen Zusammenhang zuerst an energieeffiziente Gebäude. Viel zu wenig Beachtung finden hingegen die Einsparmöglichkeiten bei Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsmittelwahl.

Umso wichtiger ist es, dass wir Wohnen und Mobilität zusammen planen. Eines bedingt zwangsläufig das andere, denn sobald wir vor die Haustür treten, stellt sich die Frage: „Wie komme ich sicher und bequem ans Ziel?“ Eine gute Entscheidung können wir aber nur dann treffen, wenn es Alternativen zum eigenen Pkw gibt, die klimafreundlich sind und mit denen wir im wahrsten Sinne des Wortes gut leben können, weil sie selbstverständlicher Teil des Alltags werden.

Deswegen setzen wir uns dafür ein, den Zugang zu klimafreundlichen Verkehrsmitteln am Wohnort zu erleichtern. Mit dem Projekt Bundesweites Netzwerk Wohnen und Mobilität wollen wir erreichen, dass Anwohner*innen ebenso bequem auf Fahrrad, Bus oder Sharing-Angebote zugreifen können wie bisher auf den privaten Pkw. Damit das gelingt, müssen folgende Kernanforderungen erfüllt sein:

  • Der Neubau von Wohnquartieren darf nur mit nachhaltigem Mobilitätskonzept erfolgen.
  • Bestandsgebiete sollten mit dem Ziel »autoarmes Wohnen« weiterentwickelt werden.
  • Klima- und sozialgerechte Mobilitätsmaßnahmen im Wohnquartier müssen gezielt gefördert werden.

In acht Projektregionen stehen wir Wohnungswirtschaft, Kommunen und Mobilitätsdienstleistern mit Expertise zur Seite, vernetzen sie untereinander und organisieren den Wissenstransfer. Guten Beispiele zeigen: Die frühzeitige Planung von Mobilitätskonzepten bringt Erfolge für nachhaltige Mobilität der Bewohner*innen.

Eines dieser Beispiele ist das Quartier Vauban in Freiburg im Breisgau. Seit 1991 leben hier auf einem ehemaligen Kasernengelände des französischen Militärs mehr als 5.000 Menschen. Neben Passiv- und Niedrigenergiebauweise war ein modernes Verkehrskonzept von Anfang an Teil der Planung. Das Quartier Vauban wurde zum ersten autoreduzierten Stadtteil in Freiburg und gleicht die Lage am Stadtrand durch die gute ÖPNV-Anbindung aus.

So erreicht man in 15 Minuten mit Bus oder Bahn wahlweise das Stadtzentrum oder das Umland. Falls doch mal ein Auto benötigt wird, steht eine Carsharing-Flotte mit etwa 30 Fahrzeugen bereit. Gut ein Drittel der Menschen im Vauban nutzt dieses Angebot regelmäßig. Da das Quartier bewusst als Stadtteil der kurzen Wege geplant wurde, braucht man innerhalb des Quartiers aber meist kein Auto.

Damit die Menschen zu Fuß und auf dem Rad sicher unterwegs sind, dürfen Autos mit maximal Tempo 30 auf der Hauptverkehrsachse „Vaubanallee“ und in den angrenzenden Wohnstraßen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Spielstraßen sind hier keine Ausnahme, sondern die Regel und werden gern als solche genutzt. Die Bewohner*innen bewegen sich nicht nur sicher, sondern auch frei durch ihr Viertel, denn bis auf wenige Pkw-Stellflächen für Besucher*innen in der Vaubanallee, gibt es statt privater Parkplätze Quartiersgaragen. So bleibt viel Platz für Grünflächen oder auch Nachbarschaftstreffen vor dem Haus.

Neue Wohnquartiere mit einem nachhaltigen Verkehrskonzept zu planen, erhöht nicht nur die Lebensqualität und ist eine wirksame Maßnahme für kommunalen Klimaschutz, sondern kann sich auch für Wohnungsunternehmen rentieren. Wie sich am Beispiel Freiburg-Vauban zeigt, steigt durch mehr Grünflächen, weniger Autoverkehr, eine gute ÖPNV-Anbindung und kurze Wege die Attraktivität des Wohnquartiers.

Das wirkt sich positiv auf den Immobilienwert aus. Bei vielen Akteuren der Wohnungswirtschaft gerät nachhaltige Mobilität nicht zuletzt unter Wettbewerbsgesichtspunkten daher stärker in den Blick der Planungsprozesse – sowohl im Wohnungsneubau als auch in der Bestandsbewirtschaftung. Ob Wohnungsunternehmen ihr Leistungsportfolio um Angebote intelligenter Mobilität erweitern oder durch enge Kooperation z. B. mit der Mobilitätsbranche das entsprechende Know-how »einkaufen«, muss standortabhängig vor Ort entschieden werden.

Die guten Umsetzungsbeispiele wie Freiburg-Vauban und die Erfahrung des Projektteams zeigen: klimagerechte Mobilität vor Ort können wir nur gemeinsam gestalten, damit am Ende alle profitieren: Mensch, Klima und Wirtschaft. Dazu muss der Dialog zwischen Kommunen, Wohnungswirtschaft und Mobilitätsdienstleistern zum Standard werden.

Nur wenn wir die Mobilität im Wohnquartier integriert planen, schaffen wir die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Verkehrswende und können einen großen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten. Denn wer direkt vor der Haustür ein gutes Wegenetz für den Fuß- und Radverkehr, Sharing-Angebote und eine schnell erreichbare Haltestelle vorfindet, der kann das Auto stehen lassen oder schafft es sogar ganz ab.

Das Projekt Bundesweites Netzwerk Wohnen und Mobilität wird von der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert. Auf der folgenden Seite finden sich weitere Good-Practice-Beispiele: https://intelligentmobil.de/




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