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Die Meinung
10. November 2021

Solar For Future – Lieferkette „Made in Europe“

Die Sonne schenkt uns täglich mehr Energie als die gesamte Menschheit im Jahr verbraucht. Wenn wir nur einen Bruchteil davon nutzbar machen, betreten wir ein neues Zeitalter. Die Technologien sind vorhanden. Wir müssen sie klimaneutral herstellen und einsetzen. An dieser Stelle kann gerade Europa der Welt einen Dienst erweisen.

Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer Deutsche Umwelthilfe (DUH)

Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Foto: © Stefan Wieland

10.11.2021 – Direktes Sonnenlicht ist die Energiequelle der Zukunft. Photovoltaik und Solarthermie werden das Herz einer gelingenden Energiewende sein. Die Wirkungsgrade dieser Technologien steigen kontinuierlich, während die Fertigungsprozesse immer effizienter werden. Die weltweite Nachfrage ist ungebrochen und wird noch weiter steigen. Diese rasant steigenden Ressourcenströme und Produktionskapazitäten beanspruchen zwangsläufig zunehmend Mensch und Natur. Eine Energiewende ohne Auswirkungen gibt es eben nicht. Deshalb müssen wir die dazugehörige, gesamte Wertschöpfungskette so verantwortungsvoll wie nur möglich gestalten!

Das Problem: Schädliche, intransparente Lieferketten

In unserer globalisierten Welt ist Verantwortung jedoch schwer zu verorten. Zu vielschichtig sind die Beziehungen der verschiedenen Akteure, zu unterschiedlich und undurchsichtig die lokalen Bedingungen und Interessen, zu massiv der Druck des weltweiten Wettbewerbs. Die globale Produktion vieler Alltagsgegenstände belastet unsere Umwelt, befeuert den Klimawandel und benachteiligt besonders Ungeschützte, Arme und Schwache in den Produktionsländern. Wollen wir sicherstellen, dass der Umbau unserer Gesellschaft diese Missstände behebt, brauchen wir umwelt- und sozialverträgliche Vorgaben für internationale Wirtschaftsströme.

Das aktuelle deutsche Lieferkettengesetz darf an dieser Stelle nur ein Anfang gewesen sein! Umweltbelange wie Biodiversitätsverlust und Klimawandel müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vollständig erfasst und miteinbezogen werden. Der reine Fokus auf Menschenrechtsverletzungen im Geschäftsbereich direkter Zulieferer reicht nicht aus.

Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen haben umweltbezogene Sorgfaltspflichten, auch gegenüber mittelbaren Zulieferern, umgehend wahrzunehmen. In Risikosektoren sollte die Regelung sogar für noch kleinere Unternehmen gelten. Die neue Bundesregierung muss sich mit aller Kraft für ein stärkeres Lieferkettengesetz einsetzen, mindestens auf EU-Ebene, um eine möglichst umfangreiche Implementierung zu erreichen.

Die Lösung: Verantwortungsvolle, wertschöpfende Lieferketten

In der Europäischen Union definieren gemeinsam beschlossene Rechtsetzungen signifikant die nationalstaatlichen Gesetzgebungen. Zwischen den Mitgliedstaaten herrscht eine weltweit besondere Form der politischen Einigkeit – beste Voraussetzungen für die erstmalige Verankerung eines ausgestalteten, wirkmächtigen Lieferkettengesetzes mit globalem Beispielcharakter. Hier kommt die Solarindustrie ins Spiel.

Europa hat gerade für diese Zukunftstechnologie beste Voraussetzungen, eine gerechte und faire Lieferkette zu unterhalten. Denn gerade beim Abbau von Metallen und Mineralien gibt es in der globalen Lieferkette besonders massive, vielschichtige Beeinträchtigungen.

Die Nutzung europäischer Rohstoffvorräte, gewonnen unter ambitionierten Umwelt- und Sozialstandards, ergänzt um industrielle Recycling-Kapazitäten, kann das Fundament unserer Produktion werden. Die Deutsche Umwelthilfe beschreibt bspw. in ihrem Weißbuch, welche Rohstoffpotentiale allein in der Verwertung von ausgedienten Photovoltaikmodulen liegen.

EU-weite Richtlinien zum ökologischen Design erleichtern zusätzlich die Kreislauffähigkeit der gebundenen Materialien. Neben einer gesteigerten Resilienz gegenüber global wachsenden Rohstoffpreisen wären so auch die Konsequenzen unseres eigenen Rohstoffbedarfs selbstverantwortet und nicht ins Ausland verlagert.

Der verantwortungsvolle Rohstoffabbau muss im Anschluss einhergehen mit der schonenden Veredlung und Verarbeitung der gewonnenen Rohstoffe zu Primärprodukten. Denn auch hier haben wir gerade in Zeiten der Pandemie erlebt, wie abhängig wir vom internationalen Handel sind. Produktionsstillstände, Warenengpässe oder die ausbleibende Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Schutzausrüstung waren an der Tagesordnung und wirken z.T. noch bis heute nach.

Wir müssen unseren Grundbedarf an Materialien wieder verstärkt selbst produzieren. Das bedeutet im Fall der solaren Lieferkette zumindest die Option einer möglichst vollständigen lokalen Produktion aller benötigten Komponenten. Nur so können wir, auch bei Krisen oder wenn unhaltbare Zustände bei der Produktion an anderen Standorten zu einer Unterbrechung von Lieferketen führen, permanente Versorgungssicherheit für die Industrie gewährleisten, internationale Preisschwankungen abfedern und negative Auswirkungen auf Mensch, Natur und Klima maximal beschränken. Ausbleibende Transportwege vermindern, zudem zusätzlich den Ausstoß von Kohlendioxid und senken Kosten.

Der finale Herstellungsprozess von Modulen und Kollektoren unter entsprechenden Umwelt- und Sozialstandards vervollständigt die gesamte Lieferkette. Europäische Unternehmen haben hier den entscheidenden Vorteil, dass sie bereits seit Jahren mit entsprechenden Standards wirtschaften.

Lokale verlässliche Produktionspartnerschaften, europäische Abnahmegarantien und ein Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung garantieren dabei die bestmöglichen Standortbedingungen, begleitet durch intensive Forschung zu Erneuerbaren Energien sowie deren Speichermöglichkeiten.

Was es braucht: Solar Energy made in Europe

Die Unabdingbarkeit einer Energiewende garantiert weltweit eine enorme Nachfrage nach Solaranlagen. Mit einer verantwortungsvollen Produktion lenken wir den steigenden Bedarf in umwelt- und sozialgerechte Bahnen während wir den Aufschwung einer grünen Wirtschaft vor Ort unter bestmöglichen Bedingungen garantieren.

Die neue Bundesregierung muss unverzüglich die heimische Solarindustrie stärken, das deutsche Lieferkettengesetz überarbeiten und weltweite Standards für Wertschöpfungsketten einfordern. Weiterhin muss sie eine EU-weite Solarstrategie mitentwickeln und damit den europäischen Kontinent zum Vorreiter machen.

Insbesondere brauchen wir jetzt eine massive politische Unterstützung für ein Comeback der ehemals heimischen Solarindustrie.

Die neue Bundesregierung muss die lokale Produktion und Entwicklung gezielt fördern und anreizen. Es braucht Klarheit und Sicherheit für Unternehmen und Investor:innen als auch für die anderen EU-Mitgliedstaaten darüber, welche Zukunft der Produktionsstandort Deutschland anstrebt.

Mit einer EU-weit abgestimmten Solarstrategie können wir eine selbstforcierte, europäische Energiewende sicherstellen. Anhand bestmöglicher Industriestandards in Bezug auf Mensch und Natur können wir beweisen, dass verantwortungsvolle Produktion ein ganzheitliches Erfolgsrezept ist, das sich ebenso gut exportieren lässt.

Wir haben hervorragende Voraussetzungen dafür, jetzt weltweit ein neues Wirtschaften zu definieren, neue Maßstäbe zu setzen und Vorreiter beim Klimaschutz zu sein. Dafür muss Europa umgehend eigenständig handeln, bevor die globale Lethargie des fossilen Zeitalters unser aller Schicksal besiegelt.




Kommentare

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Eicke weber 04.04.2022, 15:14:33

Sascha Müller-Kränner hat 100% recht: wir wollen doch nicht unsere Abhängigkeit vom Putin‘schem Gas in eine Abhängigkeit von Xi Ping‘schen Solarzellen tauschen!


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