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Nachgefragt
15. Februar 2024

„Bei Batterie-Systemen sehen wir schon einen größeren Markt“

Wo steht Rolls-Royce Power Systems (MTU) bei der Umstellung seiner Produktpalette für die Verkehrs- und Klimawende? Welche Chancen ergeben sich, wo steht der Markt? Dies erläutern Armin Fürderer und Jan Henker im Interview.

v. r. n. l.: Armin Fürderer, Direktor für kundenspezifische Energielösungen / Jan Henker, Senior Expert Automation & Controls bei Rolls-Royce Power Systems (MTU)

v. r. n. l.: Armin Fürderer, Direktor für kundenspezifische Energielösungen / Jan Henker, Senior Expert Automation & Controls bei Rolls-Royce Power Systems (MTU)
v. r. n. l.: Armin Fürderer, Direktor für kundenspezifische Energielösungen / Jan Henker, Senior Expert Automation & Controls bei Rolls-Royce Power Systems (MTU)
Fotoquelle: Rolls-Royce Power Systems

Herr Fürderer, Sie verfügen als Geschäftsbereich Power Systems von Rolls-Royce in Friedrichshafen unter dem Produktnamen MTU über jahrzehntelanges Know-How, vor allem in der Produktion von Dieselmotoren, sei es für die Schifffahrt, die Energieversorgung, die Industrie, die Bahn oder das Militär. Was kommt nun nach dem fossilen Diesel? Können Ihre Motoren auch klimaverträglicher betrieben werden?

Armin Fürderer: Fast alle unserer stationären und mobilen Dieselmotoren wurden mittlerweile erfolgreich getestet und freigegeben für den Betrieb mit hydrierten Pflanzenölen (HVO) oder E-Fuels. Das heißt, sie können nahezu CO2-neutral laufen. Und bei den Gassystemen haben wir jetzt auch einen neuen Biogasmotor rausgebracht. Zukünftig ist das Thema E-Methanol bei uns auf der Roadmap, für die Schifffahrt.

In welchem Umfang stehen denn HVO und E-Fuels zur Verfügung?

Armin Fürderer: Wir kooperieren hierzu mit Neste, einem der größten Hersteller von HVO. Bei E-Fuels werden jetzt einige größere Produktionsanlagen weltweit entstehen. Und auch Biogas ist verfügbar. Zudem arbeiten wir an der Entwicklung von Wasserstoff-Motoren. In einem Pilotprojekt am Duisburger Hafen soll in Bälde ein stationärer Motor in Kombination mit Brennstoffzellen eingesetzt werden, der sowohl mit reinem Wasserstoff als auch mit einer H2-Beimischung betrieben werden kann.

Wo werden denn entsprechend betriebene Motoren schon eingesetzt, wie ist die Nachfrage?

Armin Fürderer: Ein Massengeschäft ist das noch nicht. Doch wir haben etliche Kunden, die im stationären Motorenbereich schon seit Jahren HVO einsetzen, um ihre Anlagen nahezu CO2-neutral betreiben zu können. Da haben wir schon einiges verkauft. Zudem können wir auch HVO zum klassischen Diesel beimischen, ohne Leistungseinbußen.

Auch im Datencenter-Markt spielt HVO zunehmend eine wichtige Rolle, einige unserer Kunden verwenden es bereits schon oder denken über eine Umstellung auf HVO nach. Im Bereich der Bahn und der Binnenschifffahrt sehen wir künftig einen Markt für HVO und mittelfristig E-Methanol oder andere nachhaltige Kraftstoffe. Die Deutsche Bahn hat HVO bereits vor drei Jahren erfolgreich getestet und betreibt einen Großteil ihrer Lokomotiven mit dem nachhaltigen Kraftstoff.

Ein Thema, das im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit und der Grundlastfähigkeit in Energiewendezeiten stark diskutiert wird, sind wasserstofffähige, flexible Gaskraftwerke, die dann einspringen, wenn nicht genügend Solar- und Windstrom zur Verfügung steht. Ist das bald ein größerer Markt für Sie? Sie produzieren in Friedrichshafen ja auch Gasmotoren.

Armin Fürderer: Wie das Thema große Wasserstoff-Spitzenlastkraftwerke umgesetzt werden kann, wird aktuell in der Industrie und Politik noch diskutiert. Aktuell fehlen noch die klaren Rahmenbedingungen, um dies auch nachhaltig wirtschaftlich attraktiv zu gestalten. Zudem ist die dafür nötige Netzinfrastruktur noch nicht in dem Maß vorhanden, des Weiteren muss die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff drastisch gesteigert werden. Wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen und müssen uns der Realität und dem Marktumfeld anpassen, unsere Technologien sind auf die Transformation hin zu CO2-Neutralität vorbereitet. Sobald sich die Märkte und Nachfrage entsprechend entwickeln, werden wir unsere nachhaltigen Produkte unseren Kunden anbieten.

Leider ist die Nachfrage nach einzelnen Technologien in unseren Märkten noch nicht da, wo wir es uns wünschen würden. Prinzipiell geht es in die richtige Richtung, es könnte natürlich noch schneller gehen, Amerika zeigt uns hier, wie man ein solches Thema extrem beschleunigen kann. Aktuell ist die Rückverstromung von grünem Wasserstoff kein Thema, der Fokus liegt ganz klar auf der Produktion von grünem Wasserstoff. Nachhaltig erzeugter Wasserstoff wird zum großen Teil in die Prozess- und Stahlindustrie oder in die E-Fuel-Produktion gehen. Das sind die Bereiche, bei denen der Hebel zur Nachhaltigkeit am größten ist.

Herr Henker, welche Rolle spielen denn Batteriespeicher für Sie, sind Sie hier auch aktiv?

Jan Henker: Bei Batterie-Systemen sehen wir jetzt schon einen größeren Markt, vor allem bei Batterie-Großspeichern für die stationäre Energieversorgung und zur Netzstabilisierung. Wir investieren hier in erheblichem Umfang und werden diesen Bereich stark weiterentwickeln. Batteriespeicher ergänzen zudem ideal Microgrids, die wir häufig als hybride Lösungen anbieten, sei es mit Photovoltaik, Windkraft, Gas-BHKWs oder Dieselgeneratoren-Backup.

In welchem Leistungsbereich fangen denn für Sie Großbatteriespeicher an?

Jan Henker: Wir bieten unterschiedlichen Produkte und Lösungen an. Batteriesysteme im mittleren dreistelligen Kilowattbereich für kommerzielle Kunden, die Photovoltaik nutzen und einen Speicher brauchen, um ihren Eigenbedarf zu optimieren. Die Großspeicher fangen dann bei 10-20 Megawatt an. Von Jahr zu Jahr werden die Projekte im Speicherbereich größer und größer. Jüngst haben wir die größte Batteriespeicheranlage in den Niederlanden mit einer Leistung von rund 30 Megawatt und einer Kapazität von 64 Megawattstunden zur Stromnetzstabilisierung realisiert.

Zu welchem Grad fertigen Sie die Batterien selbst?

Jan Henker: Die Batteriezellen kommen meist aus Asien und sind für uns Zukaufteile. Das Packaging, die Auslegung und die Systemkonfigurierung machen wir in unseren eigenen Werken und mit Partnern. Aufgrund der Größe der Anlagen kommen viele Komponenten erst auf der Baustelle zusammen, wie es im Projektsystemgeschäft üblich ist. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang die Software für die Batteriesteuerung und das Energiemanagementsystem, beispielsweise für Microgrids. Diese gesamte Intelligenz entwickeln wir an unseren Standorten in Friedrichshafen, Augsburg und Berlin.

Gibt es eigentlich auch einen Bedarf für Microgrids hierzulande oder eher nur in netzfernen Gebieten, irgendwo weit weg, sei es in Afrika oder in Asien?

Jan Henker: Microgrids können auch in infrastrukturell gut erschlossenen Regionen in Mitteleuropa sinnvoll sein und sich rechnen. So bauen wir beispielsweise gerade ein Microgrid für eine Wäscherei in Bayern auf. Hierbei geht es nicht nur um die Strom-, sondern auch die Wärmeversorgung, sei es für das Waschwasser oder den benötigten Dampf. Hier sind intelligente, integrierte Lösungen gefragt, die verschiedene Energieformen im Blick haben, die aus verschiedenen Quellen, wie BHKWs und Photovoltaik gespeist werden können, in Speichersystemen wie Batterien für elektrische Energie oder Pufferspeichern für Wärme und Dampf zwischengespeichert und dann optimal für den Betrieb genutzt werden können.

Dazu kommt noch das Lademanagement, sei es für Flurförderfahrzeuge oder E-Transporter und das bidirektionale Laden. Die Herausforderung hierbei ist, die Minimierung der CO2-Emissionen und die Kostenreduzierung unter einen Hut zu bringen. Und das erreicht man nur dann, wenn man diese Energieformen nicht isoliert voneinander betrachtet, sondern über ein intelligentes Energiemanagement so integriert, dass ein Optimum für die Kunden dabei herauskommt.

Das Gespräch führte Hans-Christoph Neidlein.


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