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Nachgefragt
07. Dezember 2021

„Die Anschaffung einer Photovoltaikanlage muss einfach sein“

In den nächsten Jahren gilt es Millionen von Solaranlagen auf die Dächer im Land zu bringen. Für die Privatkunden werden einfache und praktikable Lösungen gebraucht. Diesen Trend, seine Rahmenbedingungen und Chancen beschreibt Michael Aigner im Interview.

Michael Aigner ist Geschäftsführer bei EIGENSONNE, einem digitalen Anbieter von Photovoltaikanlagen.

Michael Aigner ist Geschäftsführer bei EIGENSONNE, einem digitalen Anbieter von Photovoltaikanlagen.
Foto: EIGENSONNE

Herr Aigner, wohin geht der Trend beim Kauf einer Solaranlage im Privatkundenbereich?

Photovoltaik ist immer noch ein komplexes und teures Produkt, wird aber in den nächsten Jahren flächendeckend auf die Dächer kommen. In diese Richtung weist auch der Koalitionsvertrag. Deshalb wird es immer notwendiger, das Produkt so einfach wie möglich zu gestalten. Ich war bei meinem ersten Besuch der Branchenmesse Intersolar erstaunt, dass es so viele Modulhersteller gibt, die ein mehr oder weniger ähnliches Produkt anbieten. Mir erschien das aus Kundenperspektive extrem verwirrend und intransparent. Deshalb wollten wir etwas sehr Transparentes und Einfaches anbieten. Diese Strategie ist aus heutiger Sicht aufgegangen. Die größten Innovationen auf Vertriebsebene zielten in den letzten Jahren darauf ab, den Verkaufsprozess so einfach wie möglich zu gestalten und für jeden möglich zu machen. Zum Kauf kommt beispielsweise als Alternative eine Miete. Ein Angebot für Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen, die die Investition scheuen oder nicht stemmen können.

Wissen die Kunden die Einfachheit zu schätzen oder stellen sie viele Nachfragen?

Das hat sich tatsächlich über die Jahre stark verändert. Die Kund:innen vor einigen Jahren waren Vorreiter und oft schon sehr gut informiert, auch technisch. Sie äußerten Detailwünsche in Bezug auf die Komponenten. Der Markt sowie die Photovoltaik haben sich inzwischen weiterentwickelt. Entsprechend gilt: Eine Photovoltaikanlage muss heute für alle einfach zugänglich sein. Um das Thema also breit zu platzieren, bieten wir ein sehr gutes Produkt und exzellenten Service an. Das erspart unseren Kund:innen Zeit und Mühe.                

Was genau meinen Sie damit?

Zwei Trends werden die kommenden Jahre bestimmen: Zum einen die komplette Elektrifizierung der Haushalte. Elektromobilität und auch Heizen mit Strom wird zur neuen Normalität. Um den Eigenverbrauch zu optimieren, werden Heimspeicher integriert. Schon heute bestellen 80 Prozent unserer Kund:innen eine Speicherbatterie zur Solaranlage. Die Energieflüsse im Haus klug zu steuern, wird essenziell, die PV-Anlage ist dann nur ein Teil des Systems. Der zweite Trend ist die Dezentralisierung: Das “Stromteilen” in Energiegemeinschaften wird kommen. Nur so lässt sich das volle Potenzial Erneuerbarer Energie ausschöpfen. Solche Modelle werden die Einspeisevergütung ablösen. Gesamtlösungen rücken in den Vordergrund, die Technologie in den Hintergrund. Neue Geschäftsmodelle, die zusätzlich zur Solaranlage Service und Mehrwert bieten, werden den Markt erobern.

Worauf achten die Kunden, wenn sie eine PV-Anlage online bestellen?

Das ist verschieden, aber wir sehen, dass die stark sinkenden Einspeisevergütungen und die steigenden Strompreise den Eigenverbrauch immer attraktiver machen. Dieser Trend hält nun schon einige Jahre an und scheint sich mit den aktuellen Entwicklungen im Energiemarkt zu verstärken. Kund:innen kaufen lieber einen Batteriespeicher, als den Strom gegen geringe Vergütung ins Netz einzuspeisen. Die fallenden Speicherpreise machen diese Kombination zusätzlich attraktiv. Ich bin davon überzeugt, dass die Anlagengrößen auch auf Eigenheimen tendenziell steigen. Die europäische Richtlinie wurde ja schon in Teilen umgesetzt und Freigrenzen von 10 auf 30 Kilowatt Peak angehoben, das merken wir bei den Bestellungen. Die durchschnittliche Anlagengröße hat bei uns im Moment eine Leistung von 8,5 Kilowatt, aber wird ganz sicher steigen.

Welche Trends und Innovationen sehen Sie darüber hinaus?

Die Menschen, wir alle, werden uns immer mehr mit der Frage beschäftigen, woher unsere Energie kommt und wofür wir sie nutzen. Die Zeiten, in denen wir einfach nur funktionierende Steckdosen als Mittel zum Zweck gesehen haben, sind vorbei. Darüber hinaus gehe ich stark davon aus, dass sich beim Thema Bürokratie und Steuern einiges zum Guten ändern wird. Von dieser Seite werden Entwicklungen kommen, die man zwar nicht unbedingt als Innovation bezeichnen kann, die aber wie Innovationen wirken werden.

Wo sehen Sie Limits?

Das ist ein wichtiger Punkt. Das erwartete und gewünschte Wachstum kann es nur bei ausreichend Handwerkerkapazitäten geben. Der Handwerkermangel ist heute schon ein limitierender Faktor. Es gibt 60.000 Elektrobetriebe in Deutschland und nur 4.000 davon sind in der Photovoltaik aktiv. Es gibt einfach zu wenig Fachkräfte. Ausbildung und das Stärken des Berufsbildes sind wichtig.

Gibt es da gemeinsame Aktivitäten der Branche?

Da müssen wir als Branche tatsächlich gemeinsam verstärkt zusammenarbeiten. Das Elektrikerhandwerk ist schon heute ein sehr vielseitiger und spannender Beruf und wird sich noch mehr verändern – die Digitalisierung spielt da verstärkt hinein.

Ihr Unternehmen verkauft PV-Anlagen online, wer installiert die Anlagen?

Unsere eigenen Teams. Zum Start vor vier Jahren sind wir mit Partnerfirmen zu den Kunden gegangen. Wir haben aber sehr schnell festgestellt, dass es ein großer Mehrwert für den Kunden ist, alles aus einer Hand anzubieten. Heute arbeiten wir fast ausschließlich mit unseren eigenen Handwerkern, die wir fest bei uns angestellt haben. 15 Teams sind bundesweit im Einsatz, mit denen wir regional rund 80 Prozent der Haushalte in Deutschland bedienen können. Handwerker-Recruiting ist eine Herausforderung und ist in bestimmten Regionen extrem schwierig.

Wie reagiert der Markt auf Online-Angebote wie das Ihre?

Die digitalen Anbieter spielen momentan eher eine kleine Rolle. Die Mehrheit der Anlagen wird nach wie vor von traditionellen Handwerksbetrieben verkauft, geplant und installiert. Was uns digitale Anbieter eint, ist der Antrieb, den Kund:innen Vereinfachungen zu bieten und breite Schichten anzusprechen. Das Mietmodell, das wir anbieten, folgt dieser Logik ebenso wie unser Rundum-Service, inklusive der Erledigung des „Papierkrams“. Das halte ich für einen wichtigen Hebel, um erfolgreich zu sein, aber auch um wirklich in der großen Masse den Solarausbau zu stemmen. Als wir 2017 anfingen, mussten wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Der Crash im Solarmarkt hatte tiefe Spuren hinterlassen. Die Menschen waren skeptisch und hatten viele Fragen. Das bessert sich gerade, aber es gibt immer noch viel zu tun. Ich sehe keine Konkurrenz zwischen den traditionellen Betrieben und Online-Anbietern, denn das Thema in der großen Masse zu verankern, kann nur gemeinsam gelingen.

Was bedeutet das für Stadtwerke und Energieversorger?

Die Wertschöpfungskette einer PV-Anlage ist sehr lang, vom ersten Kundenkontakt bis zur fertigen Installation und Inbetriebnahme vergehen Monate. Kleinere Stadtwerke könnten an ihre Grenzen stoßen, solche Prozesse zu standardisieren und in der Breite auszurollen. Andererseits könnten sie wertvolle zusätzliche Angebote bereitstellen. Wer welche Rolle zukünftig einnimmt, wird sich zeigen. Wir bei EIGENSONNE sind durch unsere digitalen Prozesse gut aufgestellt und ermöglichen mit unserem Rundum-Service den Kund:innen einfach und schnell Gestalter der Energiewende zu werden. 

Das Gespräch führte Petra Franke.

EIGENSONNE ist ein Tochterunternehmen der EWE AG, einem Energieversorger mit Hauptsitz in Oldenburg. EIGENSONNE vertreibt bundesweit Photovoltaikanlagen für Eigenheimbesitzer. Neben dem Kauf werden auch Mietmodelle angeboten. Der Vertriebsweg ist ausschließlich digital. Die Installation erfolgt mit eigenen, regionalen Handwerkern.


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