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ElektromobilitätDie Zeit der Elektrobusse kommt schon bald

Ohne Zwischenladen auf 230 Kilometer Reichweite kommt ein E-Bus S-Silio 12 der OVA-Omnibusverkehr Aalen (Baden-Württemberg), zumindest dann, wenn nicht elektrisch geheizt werden muss.
Ohne Zwischenladen auf 230 Kilometer Reichweite kommt ein E-Bus S-Silio 12 der OVA-Omnibusverkehr Aalen (Baden-Württemberg), zumindest dann, wenn nicht elektrisch geheizt werden muss. (Foto: © OVA)

Die Praxiserfahrungen mit Elektrobussen sind bisher gut, aber warum fahren nur wenige im Linienverkehr? Knackpunkt ist die Finanzierung, trotz Fördermittel vom Bund. Doch das wird sich ändern: Ab dem Sommer 2021 gelten EU-weite Quoten für Elektrobusse. Ein Besuch an der E-Bus-Basis.

18.12.2019 – Mehrere hundert batteriebetriebene Elektrobusse sind derzeit laut Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bundesweit im Linienverkehr unterwegs, mit stark steigender Tendenz. In Baden-Württemberg sind batteriebetriebene Busse momentan in einer Handvoll von Kommunen im Einsatz, beispielsweise im Hohelohekreis, Aalen, Rottweil, Lahr, Reutlingen, Mannheim/Heidelberg, Tübingen, Heidenheim oder Esslingen. Deutschlandweit sieht es nur in wenigen Großstädten wie Berlin oder Wiesbaden besser aus.

In Öhringen (Hohenlohekreis) wurden 2016 erstmals reine Elektrobusse anlässlich der Landesgartenschau im Stadtverkehr eingesetzt. „Angefallene Störungen betrafen oft die noch geringe Erfahrung im Umgang mit den Bussen und Störungen, wie sie bei den Dieselbussen auch immer wieder vorkommen, beispielsweise Türen oder Luftfederung“, berichtet Mathea Weinstock, Sprecherin des Landratsamtes Hohenlohekreis. Seitdem fahren die insgesamt vier E-Busse im regionalen Linienverkehr und haben sich dort mit einer Reichweite von 150 bis 180 Kilometern „als praktikabel“ erwiesen. Aufgeladen werden sie in größeren Pausen während des Tages sowie über Nacht. Ein weiterer E-Bus fährt seit Frühjahr 2018 im Stadtbusverkehr Öhringen.

Knackpunkt Finanzierung

Rein elektrisch fährt seit drei Jahren auch ein E-Bus S-Silio 12 der OVA-Omnibusverkehr Aalen (Ostalbkreis). „Wir kommen ohne Zwischenladen problemlos auf 230 Kilometer“, sagt Geschäftsführer Peter Rau. „Allerdings schaffen das nur, wenn wir nicht elektrisch heizen“, schränkt er ein. Deshalb behilft sich der Busunternehmer mittlerweile im Winter mit einer fossil betriebenen Zusatzheizung. Rau weist jedoch darauf hin, dass es mittlerweile bei neuen E-Bussen energiesparendere Heizungen mit Wärmepumpen sowie stärkere Batterien gibt, wodurch sich das Reichweitenproblem in der kalten Jahreszeit verringert.

Jedenfalls glaubt Rau an die Zukunft der Elektrobusse. „Wir müssen von der Verbrennung fossiler Kraftstoffe wegkommen“, betont er. Den Knackpunkt sieht Rau in der Finanzierung. Denn trotz der Förderung durch das Land und den Landkreis blieben „Mehrkosten in sechsstelliger Höhe“ für die Beschaffung des E-Busses an der OVA hängen. Zwar wurde die Förderung durch den Bund mittlerweile erhöht, doch für kleinere mittelständische Unternehmen sei es aufgrund des bürokratischen Aufwands schwierig, daran zu partizipieren, sagt Rau.

„Erfahrungen im Betrieb bisher gut“

„Wir haben extra eine Person für die Fördermittelakquise und -abwicklung eingestellt“, berichtet Mark Hogenmüller, geschäftsführender Gesellschafter beim Stadtverkehr Reutlingen. Und trotz eines 40-prozentigen Zuschusses des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) für die höheren Kosten der E-Busbeschaffung und einen ebenfalls 40-prozentigen Zuschusses des Landes für die Ladeinfrastruktur waren die Mehrkosten erheblich. „Die Gesamtkosten sind derzeit insgesamt dreimal so hoch“, sagt Hogenmüller. Drei neue E-Citaro Busse von Mercedes-Benz fahren seit einigen Monaten im Reutlinger Linienverkehr, ein weiterer kommt bis Ende des Jahres dazu. „Unsere Erfahrungen im Betrieb sind bisher gut“, berichtet der Stadtbus-Chef. Insgesamt 20 E-Busse möchten die Reutlinger beschaffen und im neuen Busbetriebshof, der derzeit gebaut wird, aufladen.

„Es wird sicherlich in kommenden Jahren einen Markthochlauf geben. Die Unternehmen müssen sich mit dem Thema beschäftigen, auch aufgrund der kommenden EU-Quotenregelung“, sagt Ulrich Weber, Geschäftsführer der VDV.Landesgruppe Baden-Württemberg. Denn entsprechend der EU Clean Energy Directive müssen ab August 2021 mindestens 22,5 Prozent der neu angeschafften Busse batterieelektrisch, per Wasserstoff oder via Oberleitung betrieben werden. Weitere 22,5 Prozent müssen mit nachhaltigem Biokraftstoff, synthetischen Kohlenstoffen oder mit Gasarten fahren. Ab dem 1. Januar 2026 erhöhen sich die Quoten für die alternativen Antriebe auf jeweils 32,5 Prozent.

Bund und Land stünden in der Pflicht ausreichend Fördermittel bereitzustellen, zumindest solange die Preise der E-Busse nicht wesentlich sinken, sagt Weber. Denn ansonsten drohe eine Kostenexplosion im Busverkehr. Er verweist darauf, dass derzeit die Preise für E-Busse sogar ansteigen, weil noch kein normal funktionierender Markt entstanden sei.

Förderung soll erhöht und gebündelt werden

Im Rahmen des Klimaschutzprogramms der Bunderegierung sollen nun zusätzliche 600 Millionen Euro Fördermittel für E-Busse bereitgestellt werden. Es ist geplant, die Förderung künftig beim Bundesverkehrsministerium zu bündeln und 80 Prozent der Mehrkosten zu übernehmen, bisher förderte das Ministerium 40 Prozent. Ein entsprechend neuer Förderaufruf ist derzeit in Vorbereitung. Das Bundesumweltministerium bezuschusste E-Busse schon bisher mit 80 Prozent, möchte sich nun jedoch auf die Finanzierung der bereits eingereichten Förderanträge konzentrieren. Hans-Christoph Neidlein


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