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Dezentrale EnergiewendeEin elektromobiler Quantensprung

Elektromobiler Radlader mit Holzladung
Der Radlader von Land- und Energiewirt Kay Thomsen fährt und hebt Holz jetzt mit Ökostrom. (Foto: Kay Thomsen)

Landwirt Kay Thomsen war in seiner Region der erste Windmüller und baute als erster eine Biogasanlage auf seinem Hof, der heute mehr Energie- als Bauernhof ist. Fossil lief nur noch sein Radlader – den hat er in Pionierleistung zum E-Mobil umgebaut.

14.05.2021 – Bereits vor fünf Jahren geisterte im Kopf von Land- und Energiewirt Kay Thomsen die Umrüstung seines dieselbetriebenen Radladers in eine E- Maschine herum. Damit betrat er echtes Neuland – und fand niemanden, der diese Idee umsetzen wollte oder konnte. Denn der Hersteller war nicht interessiert.

Bei seiner Suche wurde er schließlich auf der Internet-Plattform E-Bay fündig – denn da gab es jemanden, der nach ganz ähnlichen E-Mobilitätslösungen suchte wie er. Der damalige Student Alexander Lührmann benötigte elektrische Komponenten, um im Rahmen seiner Masterarbeit in Fahrzeugtechnik einen Mini Baujahr 1980 zum Elektroauto umzurüsten. Das schaffte er schließlich mit Bravour. Nach regem Online-Austausch lud Thomsen den jungen Mann aus Bielefeld auf seinen Hof in Süderbrarup, einer kleinen Stadt auf halber Strecke zwischen Kiel und Flensburg, ein, um sich den Radlader live anzusehen – und konnte ihn für ein gemeinsames Projekt begeistern.

Schließlich bauten sie in der Werkstatt bei Bielefeld gemeinsam einen Elektro-Motor und einen Akku in den Radlader ein. Im Mai 2019 kam der umgerüstete Radlader aus Bielefeld wieder auf den Hof zurück. Und läuft seitdem elektrisch. Der E-Radlader wurde damit zu Lührmanns erstem Projekt in der Selbständigkeit – und die beiden Energiewende-Pioniere dann auch zu Freunden.

Nach bislang 3.713 fossilen Betriebsstunden waren ca. 22.000 Liter Diesel durch den John Deere Motor gelaufen. Und nach 500 Betriebsstunden elektrischen Radladerfahrens im Liebherr 508 stereo zieht Landwirt Thomsen heute Bilanz: „Der E- Radlader ist ein Prototyp und ganz glatt lief es nicht – der Converter, die Hauptplatine und die Kupplungsklauen haben die Erschütterungen bzw. die Lasten teilweise nicht ausgehalten.“ Um längere Ausfälle für die Zukunft zu vermeiden, hat sich Thomsen mit allen strategischen Teilen eingedeckt.

„Die Lernphase scheint nun weitgehend abgeschlossen“, sagt der experimentierfreudige Landwirt, „und mein Unverständnis, warum E-Radlader der 5 Tonnen-Klasse nicht neben Verbrennern angeboten werden, ist groß. Das elektrische Fahren hat bereits über sieben Tonnen CO2 eingespart.“ Ökostrom produziert Thomsen sowieso vor der eigenen Haustür – mit Wind und Solarenergie. „Das Fahren ist jeden Tag wieder ein Spaß,“ sagt er. „Das fast lautlose Arbeiten mit der Maschine ist ein Quantensprung. Mit den 85 kWh Batterien kann ich fast eine Woche meine Arbeit für die Rinder und die Biogasanlage schaffen. In dieser Zeitspanne war immer die Möglichkeit, mit der Photovoltaikanlage oder der Kleinwindanlage den Strom regenerativ aufzufüllen und so eine maximale Wertschöpfung auf dem Hof umzusetzen.“

Der CO2-Fußabdruck war auch bei der Umrüstung des dieselschluckenden Radladers zum E-Radlader minimal, berichtet Thomsen, „weil wir ausschließlich Unfall- Komponenten von Tesla und Nissan Leaf verwendeten.“ Der elektrische Verbrauch hat sich gegenüber der Verbrennerzeit mehr als halbiert. Rund 20 Kilowattstunden (kWh) wurden bisher pro Betriebsstunde benötigt.

Die Suche hat sich also voll gelohnt. „Ich bin froh, mit Alexander Lührmann von der ESDI EV Technologies einen so engagierten Konstrukteur für die Realisierung gefunden zu haben“, schwärmt Thomsen. Steigt auf seinen leisen schnurrenden Radlader und macht mit seiner Pionierarbeit an der Energiewende weiter. Nicole Allé


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Kommentare

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Stephan Geue 17.05.2021, 14:15:15

Ich bin begeistert über den Pioniergeist und die Konsequenz von Kay Thomson. Ich selbst habe mich schon vor Jahren, als ich selbst mehrmals einen Radlader mietete, gefragt, wieso ausgerechnet Maschinen mit einem so kleinen Aktionsradius wie Radlader nicht batterieelektrisch betrieben werden, am besten mit bordeigenem Batteriewechsler, um einen nahezu unterbrechungsfreien Betrieb zu gewährleisten, also einen Akku im Betrieb, einen an der PV-Anlage oder einer Ladestation anderer Art. (Und auf Baustellen steht fast immer auch ein - elektrisch betriebener - Turmdrehkran; am Stromanschluss sollte es also fast nie scheitern.)

 

Kein Verständnis habe ich für das Desinteresse der Hersteller. Wenn der Umstieg dann irgendwann vorgeschrieben sein wird, werden sie rumjammern und nach staatlichen Konversionshilfen betteln.

 

Dass ein Landwirt den Begriff Quantensprung für eine solch bedeutende Umstellung verwendet, ist da schon vernachlässigbar. (Denn der Quantensprung ist die kleinste physikalisch mögliche Veränderung eines Energiezustandes. Er hat vermutlich ziemlich genau das Gegenteil davon gemeint.)


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