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Verkehrswende in HessenWiesbaden setzt zukünftig komplett auf Elektrobusse

Wasserstoff-Bus in Mainz
Dieser Brennstoffzellenbus drehte bereits 2016 zu Demonstrationszwecken seine Runden im Energiepark Mainz. Ab 2019 soll er auch in Wiesbaden zum Einsatz kommen. (Foto: © Mainzer Stadtwerke)

Als erste Stadt in Deutschland will Wiesbaden bis 2022 sämtliche Dieselbusse aus dem öffentlichen Nahverkehr verbannen und dadurch Fahrverboten vermeiden. Aufgrund von Verzögerungen bei der Ausschreibung könnte dieses Ziel jedoch in Gefahr sein.

23.10.2018 – Mehrere deutsche Städte erproben zurzeit die Alltagstauglichkeit von Elektrobussen. Verbessern will man dadurch die Luftqualität in den Innenstädten. Hier und da kommen deutschlandweit vereinzelt E-Busse zum Einsatz, die zu Testzwecken kurze Strecken in den Innenstädten abdecken. Bisher hat aber noch kein einziges kommunales Verkehrsunternehmen gewagt, eine echte Verkehrswende im öffentlichen Nahverkehr einzuläuten. Kein einziges, bis auf die Wiesbadener Verkehrsbetriebe ESWE, die den Personennahverkehr in den nächsten vier Jahren komplett umstellen wollen.

Bis zum Jahr 2022 sollen sämtliche Dieselbusse abgeschafft und durch emissionsfreie Alternativen ersetzt werden. So könnten dann schon im kommenden Jahr 55 Elektrobusse durch die hessische Landeshauptstadt rollen. Dabei hat die Stadt einen entscheidenden Vorteil: Der Betriebshof der ESWE Verkehrsbetriebe liegt direkt am Hauptbahnhof. Die Ladestationen sind damit sehr zentral gelegen, wodurch die Busse auch tagsüber immer wieder aufgeladen werden können. Mit einer Batteriereichweite von rund 150 Kilometern könnten fast alle Linien elektrifiziert werden.

Verzögerungen bei der Ausschreibung

Bereits im Juni hatten die Wiesbadener Verkehrsbetriebe deshalb eine öffentliche Ausschreibung gestartet. Gesucht wurde dabei ein Unternehmen, das bis 2022 nicht nur insgesamt 221 Elektrobusse bereitstellen kann, sondern auch die entsprechende Ladeinfrastruktur für die Fahrzeuge installiert. Allerdings verlief die Ausschreibung bisher nicht mit dem gewünschten Erfolg, wie nun bekannt wurde. So verkündete ESWE Verkehr Ende August eine sogenannte Änderungsbekanntmachung. Eigentlich hätte die Ausschreibung zum jetzigen Zeitpunkt bereits beendet sein müssen, wird nun jedoch „nach dem Willen des Aufsichtsrates von ESWE Verkehr und auf Anraten der Fachanwälte“ weiter verlängert.

Dafür seien unter anderem Unstimmigkeiten mit einem potenziellen Lieferanten verantwortlich gewesen, da dieser kurzfristig vor der Abgabe des Angebots noch Klärungsbedarf in Detailfragen angemeldet habe. Allerdings gebe es entgegen bisherigen Zusagen durch neue politische Entwicklungen auch Unklarheiten über die Höhe der finanziellen Förderung des Projektes. So sorgten Aussagen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dass entsprechende Förderprogramme nicht für die asiatische Wirtschaft initiiert werden, wohl auch bei ESWE Verkehr für Verunsicherung.

Weitere Bieter erwünscht

Denn bisher gehen Experten nicht davon aus, dass europäische Unternehmen die benötigte Anzahl an Elektrobussen in diesem knappen Zeitraum überhaupt herstellen könnten. Chinesische Hersteller hätten dagegen mit der Produktion im dreistelligen Bereich keine Probleme. So sei auch in Wiesbaden das chinesische Unternehmen BYD Auto einer der vier Bieter gewesen, wie der Wiesbadener Kurier berichtet. Und genau hier könnte dann auch schon das Problem liegen, was man in Wiesbaden derzeit hat. Durch die Verlängerung der Ausschreibung erhofft man sich nun, weitere Bewerber an Land ziehen zu können.

Auch wenn wir ein Leuchtturmprojekt sind, wollen wir keine Schnellschüsse machen„Auch wenn wir ein Leuchtturmprojekt sind, wollen wir keine Schnellschüsse machen und vergaberechtlich korrekt arbeiten“, meint auch ESWE Verkehr-Geschäftsführer Frank Gäfgen. Das Projekt mit allen seinen Facetten sei nicht nur Pionierarbeit, „sondern ein wenig auch wegweisende Grundlagenforschung zum Thema Elektromobilität im ÖPNV“.

Wasserstoff-Busse kommen ab 2019 zum Einsatz

Damit tatsächlich bis 2022 sämtliche Dieselbusse aus dem öffentlichen Nahverkehr in Wiesbaden verbannt werden können, sollen ab Mitte 2019 für die längeren Destinationen auch Wasserstoff-Busse zum Einsatz kommen. Diese zeichnen sich durch eine Reichweite von etwa 300 Kilometern aus und können innerhalb von 15 Minuten wieder aufgetankt werden. Ausgeliefert werden die Busse bis zum Ende des zweiten Quartals 2019. Ob ESWE Verkehr aber in den nächsten Jahren im Zeitplan bleiben und wirklich die gesamte Busflotte in vier Jahren umstellen kann, wird sich nun in den nächsten Monaten zeigen. jk


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Franziska 24.10.2018, 08:47:13

+381 Gut Antworten

"Bisher hat aber noch kein einziges kommunales Verkehrsunternehmen gewagt, eine echte Verkehrswende im öffentlichen Nahverkehr einzuläuten. Kein einziges, bis auf die Wiesbadener Verkehrsbetriebe ESWE"

Und wie ist es mit Hamburg? Köln? Berlin?

Joschua Katz 24.10.2018, 10:10:38

+352 Gut

Hallo Franziska,

 

vielen Dank für Deine Anmerkung.

 

Tatsächlich gibt es mit Hamburg, Köln, Berlin und einigen anderen Städten schon weitere kommunale Verkehrsunternehmen, die einzelne Elektrobusse bestellt haben und teilweise bereits einsetzen. Jedoch ersetzt keines der Verkehrsbetriebe sämtliche Dieselbusse in den kommenden Jahren durch E-Busse - so wie es ESWE Verkehr macht.

 

Beste Grüße

Joschua Katz / Redaktion

Martin 26.02.2019, 14:26:58

+296 Gut Antworten

Richtiger wäre zu sagen "wie es ESWE p l a n t". Denn im Gegensatz zu Hamburg, Köln und Berlin - die bereits Erfahrungen mit Elektrobussen haben und daher etwas realistischer sind - hat man in Wiesbaden überhaupt keine Erfahrung. So geht die ESWE davon aus, Dieselbusse 1:1 gegen Elektrobusse zu ersetzen. Bei einer Reichweite der im Depot geladenen Busse von 150-200 Kilometern eine sportliche Angelegenheit. Denn auch wenn das Depot zentral neben dem Hauptbahnhof liegt braucht die Aufladung Zeit und die Umläufe müssen entsprechend geplant werden. In Berlin geht man daher von einem Mehrbedarf an Elektrobussen gegenüber Dieselbussen von 20-50% aus. Kostet ein Elektrobus schon das doppelte von einem Dieselbus kommen dadurch noch zusätzliche Kosten auf. Das heißt nicht, dass ich für Dieselbusse plädiere. Die Zeitschiene der Umstellung auf Elektrobusse und die Wahl der Ladetechnologie müssen aber gut durchdacht sein. Mit ihren Alleingang hat die ESWE hier große Erwartungen geweckt, die m.E. nicht einhalten kann.


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