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Plug-in-HybrideZu oft Verbrenner, zu selten Stromer

Plug-in-Hybridfahrzeug beim Ladevorgang
Ein Plug-in-Hybridfahrzeug beim Ladevorgang. (Foto: Vlad B on Unsplash)

Die Elektromobilität boomt in Deutschland. Doch der größte Absatz entfällt auf Plug-in-Hybridfahrzeuge, die deutlich mehr CO2 emittieren als bisher angenommen. Damit wird der Verkehrssektor seine Klimaziele wohl krachend verfehlen.

15.01.2021 – Im vergangenen Jahr war die Elektromobilität auf der Überholspur, vermeldete das Kraftfahrt-Bundesamt. Im Vergleich zum Jahr 2019 wurden viel weniger Pkw mit Diesel- oder Benzinantrieb zugelassen, aber deutlich mehr mit Hybrid- oder Elektromotor. Das ist eigentlich eine positive Entwicklung – wenn die Plug-in-Hybridfahrzeuge im täglichen Betrieb nicht überwiegend den Verbrennungsmotor nutzen würden, wie eine Studie von ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung, Öko-Institut und „Transport & Environment“ im Auftrag des Bundesumweltministeriums zeigt. Dadurch emittieren sie deutlich mehr CO2 als in bisherigen Berechnungen angenommen.

Ein genauerer Blick auf die Pkw-Neuzulassungen in Deutschland offenbart, dass jedoch gerade diese Antriebsart im Jahr 2020 besonders stark zugelegt hat. So wuchs der Anteil von reinen E-Autos an den gesamten Neuzulassungen immerhin auf 6,7 Prozent, der von Hybrid-Fahrzeugen jedoch auf 18,1 Prozent. Plug-in-Antriebe hatten daran einen Anteil von 6,9 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr legten sie damit um über 340 Prozent zu, reine Elektroautos um 206 Prozent.

4,3 Millionen Tonnen zusätzliche CO2-Emissionen

„Unsere Berechnungen zeigen, dass wir angesichts der Marktprognosen von bis zu 4,3 Millionen Tonnen zusätzlichen CO2-Emissionen im Jahr 2030 für den Verkehrssektor durch Plug-in-Hybride ausgehen müssen, wenn die elektrischen Fahranteile so niedrig bleiben wie heute“, sagt Ruth Blanck vom Öko-Institut. Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Verkehr sein Sektorziel von 95 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2030 um etwa 30 Millionen Tonnen überschreiten wird – zusätzliche Plug-in-Hybrid-Emissionen nicht enthalten.

Insbesondere bei schweren Plug-in-Elektrofahrzeugen liegen die realen Emissionen um ein Vielfaches über den bisher geschätzten Werten. Die Forscher gehen davon aus, dass vor allem fehlende wirtschaftliche Anreize zum elektrischen Laden und – gerade bei Dienstagwagen – eine recht hohe tägliche Fahrleistung ursächlich für den geringen Anteil an elektrischen Fahrten sind. Jedoch wirken sich auch Bauform, Motorisierung und Gewicht bei Plug-in-Hybriden negativ auf deren Emissionen aus.

Gerade bei den schweren SUVs und Geländewagen, die immerhin ein Drittel der neu zugelassenen Plug-in-Hybriden ausmachen, reicht der Akku für die Tageskilometer nicht aus. Bei starkem Beschleunigen oder schnellen Fahren schaltet sich der Verbrennungsmotor selbst dann hinzu, wenn die Batterie noch voll ist.

Plug-in-Hybride hätten mehr Potenzial

Dabei hätten Plug-in-Hybride grundsätzlich das Zeug zu mehr Klimaschutz: Werden die Fahrzeuge mit CO2-armen Strom aufgeladen, defensiv und überwiegend im elektrischen Fahrmodus gefahren, können die CO2-Emissionen deutlich abgesenkt werden. So ergeben sich laut der Studie im Jahr 2030 im Mittel für Plug-in-Hybride CO2-Emissionen in Höhe von 130 Gramm pro Kilometer – der zu erreichende Flottenmittelwert liegt dagegen bei 60 Gramm pro Kilometer.

„Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen gefährdet der weitere Markthochlauf von Plug-in-Hybridfahrzeugen die deutschen Klimaziele 2030 im Verkehrsbereich“, sagt Studienleiter Julius Jöhrens vom ifeu. „Aus umweltpolitischer Sicht sollte die Förderung aus Kaufprämie und Steuervorteilen dringend überprüft werden.“

Entscheidend für die CO2-Bilanz von Plug-in-Hybriden ist in erster Linie die Ladedisziplin. Werden private Fahrzeuge tatsächlich jeden Tag aufgeladen, könnten die CO2-Einsparungen den Berechnungen der CO2-Emissionen für das Jahr 2030 entsprechen. Bei Dienstwagen blieben die realen Emissionen selbst dann noch etwa doppelt so hoch. Hier könnte die Situation nur noch durch eine deutlich höhere elektrische Reichweite verbessert werden.

„Vergünstigungen für Plug-in-Hybride sollten an harte Kriterien für die elektrische Reichweite, die elektrische Leistung und den Nachweis einer regelmäßigen Lademöglichkeit geknüpft sein“, erklärt Julius Jöhrens. Außerdem muss das elektrische Fahren für die Nutzer finanziell attraktiv gemacht werden. „Bei unveränderter Förderung laufen wir Gefahr, über viele Jahre hinaus eine große Menge an Plug-in-Hybridfahrzeugen mit sehr geringer realer elektrischer Reichweite im Bestand zu haben, die auch bei diszipliniertem Laden nur begrenzte elektrische Fahranteile erreichen können“, so Jöhrens. jk


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