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Urbaner KlimaschutzBerlin soll Schwammstadt werden

Menschen im Liegestuhl auf einem begrünten Hausdach
Naherholung auf Berlins Dächern: Wenn‘s unten zu heiß wird rauf aufs Dach zum Chillen im Grünen. Berlin will nun die Dachbegrünung fördern. (Foto: Adam Bernfried (Adam Bernfried / Quelle www.stattbau.de (Marion Schuchardt) Wikimedia Commons / CC BY-SA 4)

Der Klimawandel hat auch Berlin im Griff, nach dem Hitze-Sommer scheint Regen ein Segen, doch die zunehmende Versiegelung erschwert die Versickerung. Schwammstadt steht für ein klimaangepasstes Regenwassermanagement, das die Kanalisation entlastet sowie Stadtklima und Artenvielfalt verbessern soll.

07.09.2018 – Der Klimawandel hat Berlin einen unangenehmen Hitzesommer ohne Niederschläge beschert. Wenn es denn mal kräftig regnet kann Regenwasser durch die zunehmende Versiegelung wertvoller Flächen in Berlin nicht mehr versickern. Und durch den Klimawandel werden Extremwetterereignisse vermutlich weiter zunehmen. Auch wenn es gerade nicht danach aussieht: Wetterexperten schätzen, dass es in der Stadt künftig 15 bis 17 Starkregentage pro Jahr geben könnte, derzeit sind es 11. Den „Regen auf den richtigen Wegen“ zu halten, haben sich deshalb im Zuge der Klimaschutzbeschlüsse die Berliner Wasserbetriebe vorgenommen. Zu den städteplanerischen Maßnahmen dieses Konzepts gehören die Entsiegelung von Flächen, die Verwandlung von Parks, Plätzen oder ausgewählten Straßen in Wasser-Zwischenspeicher – und auch die Dachbegrünung wird in diesem Zusammenhang interessanter.

„Klimaneutral“ bis 2050

Der Senat hat in der letzten Woche das Konzept zur Umsetzung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (BEK 2030) beschlossen. Klar ist: In allen Sektoren sollen CO2-Emissionen gesenkt werden. Das BEK 2030 enthält dabei rund 100 Maßnahmen aus den Bereichen Energie, Gebäude und Stadtentwicklung, Wirtschaft, Verkehr, private Haushalte, Konsum und Klimaanpassung – von der Solaranlage auf dem Dach über die Biotonne vor der Tür bis zum Lastenfahrrad auf der Straße, von der energiesparenden Gebäudefassade bis hin zu begrünten Gebäudedächern.

Spurt ist angesagt, denn die Stadt Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden und seine klimaschädlichen CO2-Emissionen um 40 Prozent bis zum Jahr 2020 und bis 2030 um 60 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Für die Umsetzung der Maßnahmen haben Senat und Abgeordnetenhaus bis 2021 nun insgesamt 94 Mio. Euro bereitgestellt. Das 1000-Grüne-Dächer-Programm ist dabei eine von 100 Maßnahmen.

Das Schwammstadtprinzip

Um das Mikroklima zu korrigieren haben das Land Berlin und die Berliner Wasserbetriebe eine Regenwasseragentur gegründet. Sie soll die Berliner Verwaltung, Planer und Bürger bei der Umsetzung dezentraler Lösungen für den neuen Umgang mit Regenwasser unterstützen, damit Berlin „wassersensibler und klimaangepasster“ wird. Berlin soll eine sogenannte Schwammstadt werden. Wer in Berlin im Altbau lebt oder mit Altbausanierung zu tun hat bekommt bei dem Wort „Schwamm“ erstmal Angst – und denkt an feuchte Keller und Holzbalkendecken, in denen der gemeine Hausschwamm lauert – ein unbeliebter Pilz, der sich durch Holz und Stein frisst und die Gebäudesubstanz oft unbemerkt zerstört. Doch mit Schwammstadt ist etwas anderes gemeint, und zwar eine Stadt, die „wie ein Schwamm Regenwasser aufsaugt und bei Bedarf wieder abgibt“. Die Idee der „Sponge City“ wurde in China entwickelt. Dahinter steht das Konzept für ein klimaangepasstes Regenwassermanagement, mit dem die Kanalisation dezentral im Stadtquartier entlastet werden soll – das soll zum Gewässerschutz beitragen sowie Stadtklima und Artenvielfalt maßgeblich verbessern.

Der Senat steigt den Berlinern aufs Dach

Zu diesen Maßnahmen zählt nun auch, dass Berlin mehr Gründächer bekommen soll – sie könnten als Regenwasserspeicher, Hitzepuffer und sogar als „Naherholungsgebiet“ dienen. Begrünte Dachflächen fördern ein gutes Mikroklima, unterstützen den natürlichen Wasserhaushalt, sie sorgen durch Verdunstung für Kühlung im Sommer und entlasten die Abwasserkanäle durch den verzögerten Ablauf des Regenwassers. Je mehr grüne Dächer und Flächen entstehen, desto gezielter lässt sich durch Kühlung und Verdunstung auch die sommerliche Hitze besser steuern.

Berlins schönstes Gründach gesucht

Dazu gibt es auch gleich noch einen Wettbewerb Berlins schönstes Gründach. Ein Förderprogramm zur Begrünung von Dächern soll im Frühjahr 2019 starten, 1,5 Millionen Euro stünden für das „1000-grüne-Dächer-Programm" zur Verfügung. Gefördert werden sollen sowohl Projekte im Gebäudebestand als auch Innovationen bei Neubauten. Ein Ersatz also für die fortschreitende Bodenversiegelung? Nur rund drei Prozent aller Berliner Gebäudedächer sind teilweise begrünt. Entsprechend einer Erhebung der Stadtentwicklungsverwaltung könnte es mehr als 18.000 potenzieller Gründachflächen geben.

Versiegelung vermeiden

Parallel dazu sollte aber die Versiegelung neuer Flächen mit Neubausiedlungen, Parkplätzen, Gewerbebauten und Straßen reduziert werden – momentan haben Investoren hier leider freies Spiel. Das läuft den Klimaschutzmaßnahmen entgegen und die verlorenen Flächen können auch begrünte Dächer nicht wieder wettmachen. Nicole Allé


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