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Green Deal IndustrieplanDeregulierung und Geld für Europas Greentech-Industrie

Teil eines Windanlagenturms in einer Fertigungshalle
Mit viel Geld, aber auch mit Deregulierungen soll die europäische Greentech-Industrie gestärkt werden. (Foto: News Oresund auf Wikimedia / CC BY 2.0)

Die europäische Antwort auf das US-amerikanischen Anti-Inflationsprogramm nimmt Gestalt an. Die EU-Kommission hat Eckpunkte für einen Green-Deal-Industrieplan vorgestellt: Lockerung der Beihilferegeln, Finanzierungshilfen und eine Stärkung des Binnenmarktes.

06.02.2023 – Es hat eine Weile gedauert, bis Europa den Inflation-Reduction-Act richtig einsortiert hat. US-Präsident Biden hatte das Konjunkturprogramm im Sommer letzten Jahres vorgestellt – 386 Milliarden Dollar Subventionen und Steuererleichterungen für Unternehmen, die in den USA grüne Technologien herstellen.

Das Programm hat das Potenzial, Unternehmen aus Europa nach Amerika zu locken, eine Abwanderung der Greentech-Industrie – Batteriehersteller, Wasserstoff-Technologien, Erneuerbare Energien – steht als De-Industrialisierungsgespenst im Raum.

Ende des Jahres kündigte Kommissionspräsidentin von der Leyen eine europäische Antwort an und stellte letzte Woche die Eckpunkte dafür vor. Schon in dieser Woche wollen EU-Staats- und Regierungschefs über den grünen Industrieplan beraten. Bis Ende März will die Kommission konkrete Gesetzesvorschläge erarbeiten.

Die Eckpunkte des Green-Deal-Industrieplans

Die Strategie sieht vor, Regulierungen zu vereinfachen, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und dem Fachkräftemangel mit Programmen zur Qualifizierung und Umschulung in strategischen Branchen zu begegnen. Freihandelsabkommen sollen für stabile Lieferketten sorgen, der Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen geschützt werden.

Ergänzt wird der Industrieplan mit einem Gesetz über kritische Rohstoffe. Es soll einen ausreichenden Zugang zu Materialien wie seltenen Erden sicherstellen, die für die Herstellung von Schlüsseltechnologien unerlässlich sind. Hinzu kommt die Reform des Strommarktes, damit die Verbraucher von den niedrigeren Kosten der erneuerbaren Energien profitieren können.

Vor allem die Finanzierung könnte unter den Mitgliedsstaaten strittig sein. Auch in Europa werden dreistellige Milliardenbeträge für die ökologische Transformation benötigt. Ein Teil könnte aus den nicht verausgabten Mitteln aus dem Corona-Wiederaufbaufonds kommen, doch auch zusätzliches Geld wird nötig sein und nicht alle EU-Staaten sind mit neuen gemeinsamen Schulden einverstanden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Vorschläge aus Brüssel und kündigte an, dass Deutschland sich konstruktiv in die Debatte einbringen wolle. Die Branchenverbände BDEW und BEE reagierten ebenfalls positiv auf die vorgestellten Eckpunkte.

Noch mehr Mut und Pragmatismus gefragt

BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae lobte die Pläne, Verfahren weiter zu beschleunigen und staatliche Unterstützung für saubere Technologien zu vereinfachen. Noch wichtiger sei allerdings ein regulatorischer Rahmen, der Investition in saubere Technologien entfessele, anstatt sie auszubremsen. Andreae sagte: „Gerade mit Blick auf den Wasserstoffhochlauf ist noch mehr Mut und Pragmatismus gefragt, um nicht gegenüber anderen Regionen ins Hintertreffen zu geraten. Die EU-Kommission sollte schnellstmöglich Klarheit über die Definition von erneuerbarem Wasserstoff schaffen damit Unternehmen wichtige Investitionsentscheidungen treffen können. Zudem darf diese Definition nicht zu restriktiv sein, da ansonsten der industriebezogenen Hochlauf von Elektrolyseuren blockiert wird.“

BEE-Präsidentin Simone Peter mahnte eine zügige Präzisierung und Umsetzung an. Den Mitgliedsstaaten solle weitgehende Freiheit bei der Ansiedlung von klima- und sicherheitsrelevanter Industrie gewährt werden. Eine deutliche Lücke weise der Industrieplan im Bereich der Betriebskostenförderung auf. Gerade dieses Instrument sei das Element, das den IRA für Investoren attraktiv mache und Unternehmen aus aller Welt anlocke.

Umweltstandards nicht aufgeben, fossile Subventionen abbauen

Während der Vorschlag den Grundstein für einen dringend benötigten Aufschwung der grünen Industrie in Europa legt, ruft er bei Umweltgruppen aufgrund der unklaren Definition der "Netto-Null"-Technologie, der Deregulierungsversuche und der ungerechten Natur der Subventionen Bedenken hervor. So fasst das Europäische Umweltbüro EEB (European Environmental Bureau) die Reaktionen seiner Mitglieder zusammen. Das EEB ist ein europaweites Netzwerk von 180 Umwelt- und Bürgerorganisationen aus 38 Ländern, das für nachhaltige Entwicklung, Umweltgerechtigkeit und partizipative Demokratie eintritt.

Luke Haywood, Leiter der Abteilung Klimapolitik beim EEB, sagte: "Grüne Subventionen sind gut, aber nicht genug, um das Klima nachhaltig zu beeinflussen. Ohne den Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe, eine angemessene Preisgestaltung für Kohlenstoff und die Einführung von Maßnahmen zur Verringerung der Nachfrage werden diese finanziellen Anstrengungen zahnlos sein. Die EU wird den Übergang nicht rechtzeitig schaffen, wenn sie nur Geld für saubere Technologien ausgibt. Sie muss auch die schmutzige Produktion verteuern und schädliche Technologien auslaufen lassen.“

Der grüne Europa-Abgeordnete Michael Bloss kritisiert das Gießkannenprinzip: „Die Idee der Kommission ist gut, aber sie muss richtig umgesetzt werden. Die Konservativen haben ihren Kompass für die Wirtschaft verloren. Gießkannenprinzip bei Subventionen und Kahlschlag bei den Regulierungen wird nicht funktionieren. Wir müssen uns auf die Produktion von Solar- und Windkraftanlagen, Wärmepumpen und Elektrolyseuren in Europa konzentrieren. Wir brauchen die öffentliche Förderung dieser Industrie und grüne Qualitätsmerkmale für europäische Produkte.“ Petra Franke


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