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KommentarEEG-Novelle großer Schritt, aber dezentraler Ansatz zu schwach

Dächer eines Plattenbaus mit Photovoltaik
Die Zeichen stehen auf Volleinspeisung, Mieterstrommodelle werden auch in dieser EEG-Novelle nicht wirklich nach vorn gebracht. (Foto: Solarimo auf Pixabay)

Das Kabinett hat die drei Gesetzesvorhaben verabschiedet, die das Osterpaket ausmachen. NATURSTROM-Vorstand Thomas E. Banning zollt der Regierung Respekt, mahnt jedoch ein stärker dezentral aufgebautes Versorgungskonzept an.

07.04.2022 – Ziemlich genau vier Monate nach Amtsübernahme geht die Regierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP mit dem Kabinettsbeschluss zum so genannten Osterpaket die ersten Schritte bei der Energiewende-Regulierung an.

Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG, kommentiert:

Nach dem aus unserer Sicht unverantwortlichen und viel zu langen Ausbremsen der Energiewende durch die Vorgängerregierungen der letzten 16 Jahre freuen wir uns darüber, dass die Verantwortlichen in den Ministerien nun endlich die Zeichen der Zeit erkannt haben und richtigerweise voll auf Erneuerbare Energien als Lösung für vielfältige Bedrohungen unserer Zeit setzen.

Auf der einen Seite ist es die allumfassende Klimakrise, die dringendst tatkräftige Gegenmaßnahmen benötigt. Denn die CO2-Emissionen auf der Welt aber auch zuletzt wieder in Deutschland steigen weiterhin. Auf der anderen Seite haben die vergangenen Wochen und Monate leidvoll gezeigt, dass fossile Energien erhebliche Preis- und Importrisiken mit sich bringen – und leider auch Abhängigkeiten von Drittstaaten, die ihre politischen Ziele unter Nutzung solcher Abhängigkeiten durchsetzen wollen.

So ist nun durch das zu lange Festklammern an fossilen Brennstoffen eine Situation in Deutschland und Europa entstanden, die massiv auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung einwirken wird. Aber noch gravierender ist, dass wir mit dem Verfeuern von Öl und Gas auch unberechenbare Autokraten mitfinanzieren und so dazu beitragen, dass Gewalt-Eskalationen wie der unsägliche Angriff Russlands auf die Ukraine möglich werden. Angesichts des Versagens der bisherigen Regierungen und der Energiekonzerne muss die Frage gestellt werden, wer wann eigentlich die Verantwortung übernimmt für dieses Debakel.

Ein engagierter Ausbau von Solar- und Windenergie, von Bioenergie und Geothermie wäre der richtige Weg gewesen, der aber nicht nur verschlafen, sondern bewusst behindert wurde. Dass nun endlich die Erneuerbaren Energien in den Mittelpunkt der Energieversorgung gestellt werden, wird von uns ausdrücklich begrüßt und wir werden seitens NATURSTROM wie bisher unsere ganze Kraft dafür einsetzen, dass die Ziele erreicht werden. Nur ein sehr schneller Ausbau schafft die Basis, um künftig auf fossile Energieträger auch in den Bereichen Wärme und Verkehr verzichten zu können. Der Kabinettsbeschluss zur EEG-Novelle mit seinen ambitionierten Zubau-Zielen geht daher in genau die richtige Richtung.

Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zum Osterpaket und den weiteren angekündigten Initiativen im Energiebereich gibt es aber auch noch einige Leerstellen in dem Vorhaben: Der Kabinettsbeschluss zum EEG 2023 ist ein großer Schritt nach vorne – angesichts der Klimakrise und der Krise der fossilen Energieträger aber dennoch zu wenig.

Das bisherige Paragrafenwerk wurde zwar durchaus verbessert, aber das auf Basis vorangegangener Verschlimmbesserungen. Wir plädieren für ein stärker dezentral aufgebautes Versorgungskonzept, denn dieses schafft mehr Versorgungssicherheit und kann die jeweiligen Bedingungen vor Ort besser berücksichtigen. Vor allem aber kann eine wirklich dezentral gedachte Nutzung Erneuerbarer Energien den Abschied von fossilen Energieträgern deutlich beschleunigen.

Ob Mieterstrom, Prosuming oder Energy Sharing – da, wo wirklich ein Paradigmenwechsel nötig und möglich wäre, wo Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen selbst durch Vor-Ort-Versorgung aktiver Teil der Energieversorgung werden könnten, da springt der EEG-Entwurf noch deutlich zu kurz.

So fällt der Unterschied der Vergütung zwischen Voll- und Überschusseinspeisung deutlich zu groß aus und kann daher Direktversorgungsmodelle erheblich bremsen. Auch was den technisch, wirtschaftlich und politisch gebotenen Vorrang der Subsidiarität betrifft, also das Denken, Steuern und Nutzen von den kleinen Einheiten her, sehen wir erheblichen Nachholbedarf – nicht nur im EEG sondern auch in den weiteren Gesetzen zur Energiewirtschaft. Wir hoffen sehr, dass es hier im parlamentarischen Prozess noch entsprechende Verbesserungen gibt und dass danach zügig eine grundlegende und dezentral ausgerichtete Umgestaltung des Strommarktdesigns angegangen wird.

Auch bei der angestrebten Entbürokratisierung sehen wir noch viel Entfaltungspotenzial. Ob Anlagenklammerung, Anmeldeverfahren oder Anlagenregister: Die Nutzung Erneuerbarer Energien ist gerade unter dem Blickwinkel der Einbindung auch von Bürgerinnen und Bürgern sowie kleinen Unternehmen zu kompliziert, auch wenn sich diese Technologien längst ökonomisch lohnen.

Einfachere Regelungen für Eigenversorgungsmodelle auch in größerem Maßstab, einmalige und digitale Registrierungen von neuen Anlagen, aber auch verbindliche Reaktionszeiten für die Netzbetreiber bei Netzanschlussbegehren können hier deutliche Verbesserungen bringen und die Energiewende zu einem landesweiten Mitmachmodell werden lassen. Dennoch muss man der Ampel auch Respekt zollen: In vier Monaten hat sie energiepolitisch mehr bewegt, als zuvor in mehreren Jahren passiert ist. Dieses Tempo muss nun aufrecht erhalten werden, wenn wir Deutschlands Klimaziele und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erreichen wollen. pf


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