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KlimaschutzEin Konzept zum CO2-Preis jagt das andere

Protest, Plakat und CO2-Steuer.
Lautstarke Forderungen nach einer CO2-Steuer. (Foto: Ivan Radic, flickr.com, CC BY 2.0)

Es tut sich was in Sachen CO2-Preis: Umweltministerin Schulze untermauert ihren Vorschlag mit gleich drei Gutachten und ein mächtiger Wirtschaftsverband fordert sogar 110 Euro pro Tonne CO2. Wirtschaftsminister Altmaier und die CDU blocken weiter ab.

09.07.2019 – Klimaschutz kann nur marktwirtschaftlich gelöst werden, das sagen dieser Tage viele Politiker und Wirtschaftsvertreter. „Und was ist marktwirtschaftlicher als der Preis?!“, fragt Carl-Martin Welcker, Präsident des Maschinenbauer-Verbands VDMA. Und weiß natürlich die Antwort: nichts.

110 Euro pro Tonne CO2 – und keine Rückzahlung

Dementsprechend mischte sich Deutschlands größter Industrieverband am Montag in die politische Diskussion um einen CO2-Preis ein und das ziemlich mächtig: 110 Euro soll den Maschinen- und Anlagenbauern zufolge der Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid kosten – dreimal mehr als die Umweltministerin fordert.

Noch ein CO2-Preis-Konzept also, das in Berlin kursiert. Der Industrie-Vorschlag unterscheidet sich aber von vielen anderen Modellen:

  • Das Geld durch teureres Benzin, Diesel und Öl soll nicht direkt an die Bürger zurückfließen, sondern dazu genutzt werden, Strom billiger zu machen.

Damit will der Verband erreichen, dass Energieträger mit einem geringeren CO2-Ausstoß bevorzugt genutzt werden. „Im Ergebnis wird Strom billiger, Kraftstoffe werden teurer“, sagte VDMA-Präsident Welcker. Am stärksten würde die Erhöhung Heizöl treffen, auch Erdgas und Diesel würden spürbar teurer.

Das Ziel des Industrieverbands: Ein CO2-Preis, der die Treibhausgase senkt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht schädigt. Einen Seitenhieb gegen die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung kann sich der mächtige, stark mittelständisch geprägte Verband nicht verkneifen: Es reiche nicht aus, am bestehenden System „ein bisschen herumzuschrauben“, es sei nun „politischer Wille gefragt“, forderte Naemi Denz, Mitglied der VDMA-Hauptgeschäftsführung.

Schulze will Klimaprämie für Bürger

Diesen beweist Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie untermauerte ihre Ideen einer CO2-Bepreisung am Freitag mit gleich drei neuen Gutachten. Zentrale Bedingung für Schulze und die SPD: Das eingenommene Geld durch höhere Steuern auf Heizöl und Kraftstoffe soll an die Bürger zurückfließen, in Form einer Klimaprämie.

Das favorisierte Modell sieht folgendermaßen aus:

  • Ab dem Jahr 2020 soll eine CO2-Steuer von 35 Euro erhoben werden. Das würde Benzin 10 Cent teuer machen, Diesel und Heizöl 11 Cent. Das ist weniger als die üblichen Schwankungen der letzten Jahre.
     
  • Ab 2021 soll die Steuer dann jährlich um 14,50 Euro steigen, auf 180 Euro im Jahr 2030. Das ist auch die Summe, die die streikenden Jugendlichen von Fridays for Future fordern und die das Umweltbundesamt als Kosten ausgerechnet hatte.
     
  • Eine CO2-Bepreisung muss fair und sozial sein: Deshalb soll das Geld nicht beim Staat verbleiben, sondern an die Bürger zurückfließen. Bei einem Preis von 35 Euro liegt die sogenannte Klimaprämie bei fast 100 Euro pro Bundesbürger. Eine solche Besteuerung würde Familien und Geringverdiener besserstellen, gutverdienende Paare und Singles würden mehr belastet.

Wirtschaftsminister Altmaier lehnt ab

Weniger politische Wille scheint im Bundeswirtschaftsministerium zu herrschen. Peter Altmaier (CDU) zeigt sich seit Amtsantritt kaum begeistert von Reformen. Mit dem Vorschlag von Umweltministerin Schulze würde nicht mehr Klimaschutz erreicht, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Weil er viele belastet, ohne den CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren.“ Einen eigenen Vorschlag legte der Wirtschaftsminister nicht vor.

Auch der zuständige Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) blockte ab. Beide hoffen auf ein Gutachten der sogenannten „Wirtschaftsweisen“, das Ende der Woche vorgelegt werden soll. Deren Vorsitzender, der Wirtschaftsprofessor Christoph Schmidt, hatte sich bereits mehrfach für eine CO2-Steuer ausgesprochen.

CDU will „nationalen Klimakonsens“ ohne eigenen Konsens

Das Klimakonzept von CDU und CSU lässt weiter auf sich warten. Erst am 16. September wollen sich die Parteigremien festlegen. Bis dahin herrscht innerhalb der Union große Uneinigkeit. Das hielt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer allerdings nicht davon ab, am Sonntag zu einem „nationalen Klimakonsens“ zwischen Regierung und Opposition aufzurufen.

Was sie dabei offenbar vergaß: Dafür müsste sich die Regierung erst einmal selbst einig sein und noch besser: Ihre eigene Partei müsste sich auf eine Richtung festlegen, bevor mit anderen verhandelt wird. Solange aber die Union nicht weiß, was sie will, wird ein Klimakonsens unmöglich. cw


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