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Neue EnergierichtlineEuropäische Investitionsbank wird Klimabank mit Schlupfloch

Eingangsschild der Europäischen Investitionsbank.
Die Europäische Investitionsbank hat ihren Sitz in Luxemburg. (Foto: Steintec / flickr.com, CC BY 2.0)  

Bis zuletzt hatte Deutschland blockiert – nun ist der Weg frei: die Europäische Investitionsbank steigt aus der Finanzierung fossiler Brennstoffe aus. Die zerstrittene Bundesregierung fand am Ende zu einer gemeinsamen Linie. Doch es bleiben Schlupflöcher.

16.11.2019 – Einen „Grünen Deal“ für Europa versprach die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit. Eines der sechs großen Ziele: Die Europäische Investitionsbank (EIB) in die Klimabank Europas umzuwandeln. Das Versprechen gab sie bei ihrer Bewerbungsrede Mitte Juli, woraufhin sie das EU-Parlament zur Präsidentin der Europäischen Kommission wählte. Formal beginnt ihre Amtszeit erst am 01. Dezember, die Entscheidung über eine neue Energierichtlinie der EIB fiel bereits jetzt.

Am Donnerstag gab die EIB bekannt, die Finanzierung für Projekte mit fossilen Brennstoffen ab Ende 2021 zu beenden. Bis 2030 will die EIB stattdessen eine Billionen Euro für die Finanzierung von Projekten freimachen, die konkret Klimaschutz und Nachhaltigkeit fördern. Dafür will sie ihr Handeln ab Ende 2020 an den Pariser Klimaziele ausrichten. Schon 2013 beendete die EIB die Finanzierung der Kohlewirtschaft. Der nun erfolgte Beschluss war ein Ergebnis zäher Verhandlungen, bei denen Deutschland und die EU-Kommission erst am Ende zustimmten, gemeinsam mit 20 anderen Staaten. 6 enthielten sich der Stimme, drei – Italien, Polen und Rumänien – stimmten dagegen. Das nötige Quorum wurde damit erreicht.

Umweltverbände zeigen sich erfreut über den Ausstieg der EIB aus der Finanzierung fossiler Projekte. Dieser Beschluss setzt ein wichtiges Signal für andere Entwicklungsbanken und den gesamten Finanzmarkt.„Dieser Beschluss setzt ein wichtiges Signal für andere Entwicklungsbanken und den gesamten Finanzmarkt. Die Finanzierung fossiler Energieprojekte, die nicht vereinbar sind mit den Pariser Klimazielen, wird so insgesamt deutlich schwieriger werden“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Und Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, kommentiert: „Das ist ein großer Sieg für die europäische Zivilgesellschaft, die seit Monaten für ein Ende der fossilen Geschäfte gekämpft hat.“

Das Wirtschaftsministerium blockierte bis zuletzt

Der Druck der deutschen Zivilgesellschaft wuchs, seit Mitte Oktober bekannt wurde, dass die Bundesregierung einen entsprechenden Entwurf der EIB blockierte. Nach Recherchen von urgewald, war es vor allem das Wirtschaftsministerium, dass sich gegen den kompletten Ausstieg aus der Finanzierung von Gasprojekten stemmte. Ohne Deutschland jedoch konnte die EIB nicht zu einer Entscheidung gelangen, da das Land neben Frankreich, Italien und Großbritannien zu den wichtigsten Anteilseignern mit 16 Prozent Stimmenanteil gehört.

Kapitaleigner der EIB sind die Mitgliedsstaaten der EU, deren Anteile sich nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht innerhalb der EU zum Zeitpunkt ihres Beitritts ergeben. Die EIB ist als Finanzierungsinstrument der EU zuständig für die Vergabe von Fördermaßnahmen und Krediten an öffentliche und private Institutionen. Aus Deutschland vertritt Finanzminister Olaf Scholz die Interessen der Bundesregierung gegenüber der EIB. Und Olaf Scholz war es, auf den sich in den vergangenen Tagen der öffentliche Druck konzentrierte. So demonstrierte ein breites Bündnis von Klimaaktivisten am Dienstag vor dem Finanzministerium, gegen weitere Investitionen der EU in fossile Brennstoffe und mit der Forderung an Olaf Scholz, seine klimafeindliche Blockade in der EIB zu beenden.

Doch im Laufe der Woche wurde deutlich, dass sich Olaf Scholz genau wie die anderen SPD-Minister – allen voran Umweltministerin Svenja Schulze – innerhalb des Kabinetts für eine Neuausrichtung der EIB und frühzeitiges Ende der Förderung von Gasprojekten stark machten. Die Blockadehaltung war bis zuletzt dem Wirtschaftsministerium geschuldet. Nach Berichten der FAZ, lenkte Wirtschaftsminister Peter Altmaier erst in letzter Minute ein – wohl nicht, ohne den Ausstieg zu verwässern und nach hinten zu verschieben.

Schlupflöcher könnten den Beschluss verwässern

Denn ursprünglich geplant war, die Förderung von fossilen Energieprojekten bereits Ende 2020 zu beenden. Das ist ein verlorenes Jahr für das Klima.„Das ist ein verlorenes Jahr für das Klima. Deutschland, allen voran das Bundeswirtschaftsministerium, hat den Argumenten der Gas-Lobby den Vorrang gegeben und seinem Ruf beim Klimaschutz eine weitere Beule gehauen“, sagt Regine Richter von urgewald. Bis dahin könnten noch Vorhaben wie klimaschädliche Gaspipelines oder LNG-Terminals genehmigt werden, die bereits im Bewilligungsverfahren sind.

Auch darf die EIB nach dem Beschluss weiter Gas-Projekte mit geringem CO2-Ausstoß fördern. Die Grenze dafür soll bei 250 Gramm CO2 je Kilowattstunde liegen – bisher liegt die Grenze bei 550 Gramm. Damit sei reines Erdgas ausgeschlossen so die EIB. Lediglich Projekte für Biogas oder andere mit Hilfe Erneuerbarer Energien hergestelltes Gas würden profitieren. Dazu müssten glaubhafte Pläne für eine spätere hauptsächliche Nutzung klimafreundlicher erneuerbarer Gase vorgelegt werden. Germanwatch erklärt, dass es nun gilt diese Regel „wasserdicht auszugestalten“ - die Ausnahme dürfe nicht zu einem großen Schlupfloch werden. mf


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Kommentare

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Denkender Bürger 16.11.2019, 09:36:27

Wahrscheinlich wäre es sinnvoller, zuerst einmal konkrete technische Konzepte zum Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen bei der Energieerzeugug zu erarbeiten und diese verbindlich festzuschreiben, bevor mal sich über die Finanzierung den Kopf zerbricht.

So laufen wird Gefahr, möglicherweise viel Geld in eine Luftnummer zu stecken - weil irgendwas entweder technisch (noch) nicht umsetzbar ist oder aber sich im Nachhinein als Sackgasse ohne Ausweg entpuppt.

Auf dem Bau gibt es eine goldene Grundregel, welche lautet:

 

"Wenn es auch etwas länger dauert, aufwändiger ist und mehr kostet:

Nachträglich korrigieren ist oft nicht möglich, in jedem Fall aber teurer als das Richtige von Anfang an!"

 

Genau diese Weisheit solle man sich bei der Baustelle Energiewende annehmen.

Auch wenn es etwas länger dauert - Besonnenheit ist angesagt!

Denn blindwütiger Aktionismus führt meist in Chaos und Verderben!

Und daß die Energiewende sich im Nachhinein zur technisch-ökologischen oder wirtschaftlichen Verschlimmbesserung entwickelt, wird ja wohl keiner wollen ...


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