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Pariser KlimazieleGermanZero präsentiert komplettes Gesetzespaket

Lea Nesselhauf mit Gesetzpaket in einer symbolischen Waagschale vor dem Berliner Reichstag
Co-Autorin Lea Nesselhauf präsentiert das Gesetzespaket von German Zero vor dem Reichstag. (Foto: energiezukunft/Petra Franke)

Die Klimaschutzorganisation GermanZero legt ein wahres Mammutwerk vor: ein umfassendes ressortübergreifendes Gesetzespaket für wirksamen Klimaschutz. Heute wurde es vor dem Berliner Reichstag der Öffentlichkeit präsentiert.

08.09.2021 – Die unabhängige Organisation GermanZero hat ihre Klimaschutzvorschläge bereits in Gesetzesform gebracht. Das ressortübergreifende Mammutwert basiert auf Berechnungen des IPCC und enthält die notwendigen Stellschrauben, um spätestens bis 2035 klimaneutral zu werden und das Pariser Klimaziel doch noch zu erreichen. Jetzt könnte es in den Bundestag eingebracht und dort verabschiedet werden. Damit hat die gemeinnützige und politisch unabhängige Organisation nach eigener Aussage das getan, was eigentlich der Job der Politik ist.

Für das Gesetzpaket wurden über 1.000 Studien ausgewertet, mehrere hundert Fachleute brachten ihr Wissen ein, die Öffentlichkeit konnte über eine Beteiligungsplattform kommentieren und Vorschläge einbringen. Über 5.000 Optionen für Reduktionsmaßnahmen hat das wissenschaftliche und juristische Team von GermanZero auf ihre Umsetzbarkeit und Wirksamkeit hin geprüft. 195 Juristen haben schließlich das 544-Seiten starke 1,5-Grad-Gesetzespaket erarbeitet, das 200 Einzelmaßnahmen umfasst.

Das Maßnahmenpaket soll als Konjunkturprogramm wirken und Planungssicherheit für Unternehmer bieten. Zugleich macht es konkrete Vorschläge zur Sozialverträglichkeit. Es sieht außerdem vor, das Ziel der Klimaneutralität und die Einhaltung des Restbudgets im Grundgesetz zu verankern und es mit einem Klagerecht für Individuen und Verbände zu versehen.

Das sind die wichtigsten Vorschläge für CO2-Preis, Energie, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft

Die Menge an CO2-Zertifikaten soll konsequent am verbleibenden Restbudget an Treibhausgasen ausgerichtet werden. Im nationalen Brennstoffemissionshandel sollen die Fixpreise umgehend aufgehoben und die Menge der Zertifikate gedeckelt werden. Ab 2035 sollen keine neuen Zertifikate – weder auf nationaler Ebene noch im europäischen Zertifikatehandel – in Umlauf gelangen. Emissionen aus Schifffahrt und Abfallwirtschaft sollen erfasst und bepreist werden.

Neues Energiegesetzbuch

Für den Energiesektor liegt nicht weniger als ein neues Energiegesetzbuch auf dem Tisch. Es soll lokale Energiegemeinschaften stärken bei Erzeugung, Speicherung und gemeinschaftlichem Verbrauch. Ein staatlich koordiniertes Ausbauprogramm für große Wind- und Photovoltaikanlagen soll den schnellen Ausbau garantieren. Die Wasserstoffinfrastruktur soll staatlich geplant und koordiniert werden. Für beide Aufgaben soll eine neu zu gründende Agentur zuständig sein. Darüber hinaus soll die neue Regierung in den ersten 100 Tagen Systemfehler und Widersprüche im jetzigen System beseitigen.

Klimaneutrale Industrieanlagen

Die Industrie darf nach dem Konzept von GermanZero ab 2035 keine Emissionen mehr ausstoßen, da dann keine Zertifikate mehr vergeben werden. Deshalb sollten ab sofort nur solche Industrieanlagen gebaut werden, die sich klimaneutral betreiben lassen – überall dort, wo die Umstellung bisher fossil betriebener Prozesse möglich ist, soll sie auch erfolgen. Bei unvermeidbaren Emissionen darf CO2 abgeschieden und gespeichert werden. Parallel soll eine konsequente Kreislaufwirtschaft entstehen: unter anderem durch Quoten für die Verwendung recycelter Rohstoffe, Anreizsysteme für Reparatur und Pfandsysteme. Kurzfristig könnten Carbon Contracts for Difference den Umstieg flankieren. Hierbei handelt es sich um Verträge mit dem Staat, der die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den Umstiegskosten finanziert.

Ab 2025 keine Verbrenner mehr zulassen

Der Verkehrssektor ist in punkto Klimaschutz in den letzten Jahrzehnten überhaupt nicht vorangekommen. Deshalb ist die Umstellung auf batteriebetriebene Fahrzeuge bei gleichzeitigem Ausbau von Alternativen so wichtig. GermanZero schlägt deshalb vor, ab 2025 keine Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, für LKW soll dies ab 2030 gelten. Ab 2035 sollen keine fossilen Kraftstoffe mehr verkauft werden. Dieser Erstzulassungsstopp sei aber kein Fahrverbot. Für die 220 Städte mit rund 5,5 Millionen Einwohnern, die seit 1996 ihre Fernverkehrsanbindung verloren haben und ländliche Gebiete, sollen gesetzliche Mindeststandards für eine regelmäßige Verkehrsanbindung definiert werden. Kommunen soll es möglich sein, neue Einnahmequellen wie City-Maut oder Arbeitgeberabgabe einzuführen.

Landwirtschaft mit Emissionshandel für tierische Produkte

Ein Emissionshandel für tierische Produkte ist nach Auffassung von GermanZero das bislang einzige Konzept, mit dem die absolute Menge der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft kosteneffizient und zielgenau begrenzt werden könnte, ohne einzelnen Betrieben Tierbestandszahlen vorzuschreiben. Das Instrument würde etwa 80 Prozent der Emissionen aus der Landwirtschaft abdecken. Um hohe lokale Tierkonzentration und damit Stickstoffüberschüsse zu vermeiden, soll die Anzahl Tiere pro Fläche begrenzt werden. Weitere Maßnahmen sind die Reduzierung von Mineraldüngern und Pestiziden, die Wiedervernässung von Mooren und die Neuausrichtung der EU-Agrarsubventionen. Hierbei gelte es insbesondere, den Humusaufbau in landwirtschaftlichen Böden zu fördern, da diese sehr viel Kohlenstoff binden. pf


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