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TreibhausgaseWarum der Streit über eine CO2-Steuer sinnlos ist

Dampfwolken aus den Braunkohlekraftwerken Frimmersdorf (links), Neurath (Mitte) und Niederaußem (rechts) im Rheinischen Revier durchstoßen die Wolkenschicht
Dampfwolken aus den Braunkohlekraftwerken Frimmersdorf (links), Neurath (Mitte) und Niederaußem (rechts) im Rheinischen Revier durchstoßen die Wolkenschicht. (Foto: © Arne Hückelheim via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Die Umweltministerin und ihre Länder-Kollegen sind dafür, der SPD-Finanzminister dagegen und die Union hält ohnehin nichts davon. Experten und Regierungsberater empfehlen die Einführung einer CO2-Steuer und haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite.

14.11.2018 – Die sogenannten Wirtschaftsweisen äußerten sich in der vergangenen Woche eindeutig, der Sachverständigenrat für Umweltfragen ist seit Jahren dafür und der Chef der staatlichen Deutschen Energie-Agentur dena versucht das Thema seit längerem in die Politik zu tragen: Ein CO2-Preis gilt unter Energieexperten und Klimaökonomen als beste weil effektivste und wirtschaftlichste Maßnahme, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Weitere Befürworter: Die Expertenkommission für den Monitoring-Bericht zur Energiewende und der Bundesrechnungshof.

Keine unwichtigen Akteure also. Die Rechnungsprüfer bescheinigten in einem Sonderbericht Ende September der Regierung dringenden Handlungsbedarf:

„Die Bundesregierung sollte den Ansatz aufgeben, die Energiewende mit einer Vielzahl komplizierter Gesetze und Verordnungen zu regeln. Vielmehr sollte sie einen rechtlichen Rahmen und ökonomische Anreize zu umweltverträglichem Verhalten setzen. In Betracht käme dafür z. B. eine allgemeine CO2-Bepreisung. Dadurch könnten verschiedene derzeit zu zahlende Umlagen und Steuern entfallen und auch das bisherige Regelungsdickicht könnte erheblich gelichtet werden.“

Die Funktionsweise einer CO2-Steuer, auch CO2-Bepreisung oder CO2-Abgabe genannt, ist denkbar einfach: Pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid muss der Verursacher eine bestimmte Summe zahlen, quasi eine Klimastrafe. Das führt dazu, dass Energieeffizienz und klimafreundliche Technologien und Produkte attraktiver werden. Produkte mit einem hohen Treibhausgasausstoß werden teurer.

Keine zusätzliche Belastung

Je höher die Summe, desto höher der Anreiz. Im Gegenzug empfehlen Experten die Senkung der ohnehin unübersichtlichen Steuer- und Abgabenlast im Energiebereich. Kerosin für Passagierflüge ist steuerfrei, Benzin an der Tankstelle dagegen nicht, Diesel irgendwo dazwischen während die Steuerlast auf Strom fast erdrückend ist – ein Irrsinn. Eine komplette Neuordnung der Abgaben würde Bürger und Unternehmen nicht zusätzlich belasten, sondern nur anders.

Gerade aus der Wirtschaft wird der Ruf nach einer CO2-Steuer lauter. Denn viele Unternehmenschefs wissen um die Gefahren des Klimawandels und fürchten deren Auswirkungen auf ihr Geschäft. Handeln wir nicht jetzt, wird es in Zukunft deutlich teurer. Die Wirtschaft verlangt nach verlässlichen Regeln, nach Planbarkeit für ihre Investitionen. Ein CO2-Preis mit verlässlichem Anstiegspfad könnte dieses Verlangen befriedigen und gleichzeitig Klimaschutz erreichen.

Wirtschaftswachstum und Klimaschutz sind keine Gegensätze

Andere Länder haben die Chancen längst erkannt. Als Vorbild wird Schweden gehandelt, dort wurde bereits 1991 eine CO2-Steuer eingeführt und gleichzeitig die Energiesteuer spürbar gesenkt. Seitdem sinken die Treibhausgase, während die Wirtschaft brummt. Bis 2013 reduzierte sich der CO2-Ausstoß um 14 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt stieg um 60. Wirtschaftswachstum und Klimaschutz sind also keine Gegensätze.

Es gibt doch aber schon den europäischen Emissionshandel ETS, werden einige nun denken. Nach Jahren der Stagnation auf sehr niedrigem Niveau, nähert sich der Preis für eine Tonne Kohlendioxid langsam der 20-Euro-Marke. Für einen anhaltenden Klimaschutz-Effekt reicht das noch nicht und es wird noch Jahre dauern, bis sich das ändert. Zudem werden im ETS-System nicht alle Industriezweige einbezogen. Notwendig ist ein nationaler CO2-Mindestpreis wie Großbritannien ihn vor einigen Jahren eingeführt hat. Das Ergebnis: Eines nach dem anderen schließen immer mehr Kohlekraftwerke, die Erneuerbaren Energien sind auf Rekordkurs. Bis 2025 will das Land kohlefrei sein.

Bundesregierung zeigt wie wenig sie von Klimaschutz hält

Betrachtet man die Wirkungen und liest die Experten-Empfehlungen, könnte der Blick auf die Diskussion innerhalb der Bundesregierung einen fassungslos zurücklassen. Die Umweltminister der Länder mahnten in ihrer Sitzung vergangene Woche erneut die Bundesregierung an, einen Vorschlag für eine CO2-Bepreisung in den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr vorzulegen. Darunter auch SPD- und Unions-Minister. Das Bundesumweltministerium kämpft seit Jahren dafür, nun versucht es Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) noch einmal mit Verve.

Sie kommt allerdings – wie so oft – an ihren Kollegen im Bundeskabinett nicht vorbei. Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU) hatte bereits zu Beginn seiner Amtszeit einer Neuordnung der Energiesteuern eine Absage erteilt. Das werde man nicht anfassen, so der Tenor. Altmaier konzentriert sich lieber auf Themen wie den Netzausbau, das große Ganze hat er nicht im Blick. Auch aus der eigenen Partei erfährt Schulze erneut keine Rückendeckung, im Gegenteil. Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz erteilte den Plänen eine Abfuhr. Aus der Unions-Faktion ist zu hören: Das ist mit uns nicht zu machen.

An einer CO2-Steuer führt kein Weg vorbei

Aus dem Kanzleramt ist unterdessen wie so oft in Energie- und Klimafragen nichts zu vernehmen. Der Streit über eine CO2-Steuer innerhalb der Bundesregierung ist sinnlos, denn inhaltlich führt kein Weg an ihr vorbei. Die Verhinderungstaktik wichtiger Akteure spiegelt dabei lediglich den Stellenwert von Klimaschutz und Energiewende im Bundeskabinett wider. cw


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