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KlimakriseWege aus der fossilen Energiekrise

Windräder auf Feldern mit Wolkendecke aus der Vogelperspektive
In der Energiekrise die Weitsicht behalten – keine fossilen Strukturen zementieren, sondern Erneuerbare schneller ausbauen. (Foto: Thomas Richter on Unsplash)

Mit einem Vorschlag für ein Inflationsbekämpfungspaket zeigt Agora Energiewende, wie Deutschland die Krise strukturell überwinden und den Klimaschutz stärken könnte. Durch Einsparungen bei Importen von Öl und Gas ließe sich das gegenfinanzieren.

04.11.2022 – Wie könnte Deutschland gestärkt aus der fossilen Energiekrise kommen? Der Think Tank Agora Energiewende hat eine Studie erarbeitet, die nachhaltige Wege aus den Krisen aufzeigen will. Mit einer Investitionsoffensive in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und strombasierte Technologien in Industrie und Gebäuden könnte Deutschland die fossile Energiekrise strukturell überwinden und zugleich seine Ausgaben für Gas- und Öl-Importe massiv senken, schreibt Agora Energiewende und schlägt ein entsprechendes Inflationsbekämpfungspaket im Umfang von 92 Milliarden Euro vor, das Herstellungs- und Umsetzungskapazitäten für klimaneutrale Technologien deutlich ausweitet, bürokratische Hürden drastisch abbaut und eine sozialgerechte Förderung sowie die Absicherung von Investitionen finanziert.

Die Studie macht dabei deutlich, dass sich ein solches Maßnahmenpaket durch die eingesparten Ausgaben für fossile Energieimporte vollständig selbst tragen würden: Denn den erforderlichen Haushaltsmitteln stünden Einsparungen bei Öl- und Gasimporten in Höhe von 160 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren gegenüber.

Win-win-Strategie: Für Klimaschutz und gegen Inflation

„Mit Energieeffizienz, Erneuerbaren Energien und dem konsequenten Einstieg in die Kreislaufwirtschaft können wir fossile Energieimporte dauerhaft ersetzen und bezahlbare Energiepreise sichern,“ sagt Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. „Unser Maßnahmenpaket hat eine dreifache Wirkung – für Klimaschutz und Energiesicherheit und gegen die Inflation.“

Krisenmanagement – aber bitte nachhaltig

Die bisherigen Politikmaßnahmen zielen nach Müllers Meinung überwiegend auf schnelle Entlastungen für Haushalte und Industrie ab – wie zuletzt auch die Vorschläge der Gas-Kommission. „Aktuell konzentriert sich die Bundesregierung auf das Krisenmanagement, um die kurzfristigen Folgen der fossilen Energiekrise über Entlastungspakete abzufedern. Angesichts der drastischen Preissteigerungen ist das richtig und wichtig. Um die fossile Energiekrise jedoch tatsächlich zu überwinden, müssen wir jetzt die Investitionen auf den Weg bringen, die unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden.“

Für eine strukturelle Krisenbekämpfung sorgt laut Agora-Vorschlag ein Zusammenspiel von finanziellen Mitteln für klimaneutrale Technologien einerseits und dem Aufbau von Herstellungs- und Umsetzungskapazitäten sowie dem Abbau bürokratischer Hürden andererseits. Die Erweiterung der Umsetzungskapazitäten bei Herstellern, im Handwerk und bei Behörden erhöhe das Angebot an klimaneutralen Technologien und wäre die Voraussetzung, so die Studienautoren, um eine gesteigerte Nachfrage bedienen zu können. Kosten-Nutzen-Rechnung

Der Abbau bürokratischer Hürden würde den Prozess beschleunigen und die Kosten senken.

Durch die Kombination von Finanzmitteln und Politikinstrumenten könnte ein massiver Hochlauf von Erneuerbaren Energien, klimaneutraler Wärme, Energie- und Rohstoffeffizienz in der Energiewirtschaft, Industrie und Bauwirtschaft ermöglicht und der Verbrauch von fossilen Energien strukturell reduziert werden. In der Folge, so heißt es in der Studie, würden die Energiepreise in Deutschland wieder dauerhaft sinken.

Das Agora-Paket veranschlagt 15 Milliarden Euro für ein solches Vorhaben: Zwei Drittel des Betrags wäre dabei für den Aufbau von Fertigungskapazitäten für Windkraftanlagen, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Wasserstoff-, Speicher- und Stromnetztechnologien in Europa vorgesehen. Ein Drittel zur Stärkung der Fachkräfte sowie Planungs- und Genehmigungsbehörden.

20 Milliarden Euro sollen in die Energiewirtschaft fließen, um Investitionen in Erneuerbare Energien abzusichern, das Strom- und Wasserstoffnetz auszubauen, die Offshore-Industrie zu unterstützen und einen intelligenten Netzbetrieb sowie Flexibilitäten zu schaffen, etwa mit Zuschüssen für Smart-Meter Nachrüstungen oder dem Bau von regelbaren Kraftwerken. Zudem schlägt die Studie die Absicherung langfristiger Stromlieferverträge vor: Über die Einführung einer symmetrischen Marktprämie kann Anlagenbetreibern eine feste Einspeisevergütung garantiert werden, aber zugleich ab einem bestimmten Gewinn auch Rückzahlungen eingefordert werden. Ebenso sollen Flächen für Windkraft- und PV-Anlagen schneller gesichert und Antragsverfahren verkürzt werden.

30 Milliarden Euro sieht das Paket vor, um den Ausbau CO₂-freier Wärme in Häusern sozial gerecht voranzubringen: Die Mittel sollen in die Förderung von Sanierung und Heizungstausch, insbesondere für einkommensschwache Haushalte, in einen klimakompatiblen sozialen Wohnungsbau sowie für den Ausbau grüner Wärmenetze fließen. Auf regulatorischer Ebene sollten verbindliche Sanierungspfade und die zügige gesetzliche Festschreibung der 65-Prozent-Anforderung, nach der ab 2024 jede neue Heizung auf Basis von 65 Prozent Erneuerbaren Energien betrieben werden muss, die Transformation im Wärmebereich beschleunigen.

15 Milliarden Euro sind nach Ansicht der Studienautoren für eine Modernisierung der Industrie gedacht. Hieraus sollte ein Sonderförderprogramm für Investitionen in Wärmepumpen, Elektrodenkessel und Energieeffizienztechnologien, etwa zur Abwärmenutzung oder fortschrittliche Sortier- und Recyclingtechnologien bereitgestellt werden. Weitere Mittel werden zur Finanzierung von Klimaschutzverträgen für die Stahl-, Chemie und Zementindustrie veranschlagt, mit denen die Differenzkosten von klimafreundlicher gegenüber der CO₂-intensiven Produktion abgesichert werden. Zusätzlich sollte ein gesetzlicher Rahmen die industrielle Wärmewende unterstützen, indem etwa durch Quoten Absatzmärkte für klimafreundliche Grundstoffe geschaffen werden.

Gestärkt in die Energiezukunft

Ein weiterer Posten von 12 Milliarden Euro sieht das Maßnahmenpaket zur Inflationsbekämpfung für die Sicherung von Energieimporten vor und die Unterstützung der globalen Transformation vor: So soll der schnelle Hochlauf von grünen Wasserstoff-Importen finanziert und zugleich sollen internationale Klima- und Energiepartnerschaften gestärkt werden. „Jedes Windrad, jede PV-Anlage und jede Wärmepumpe bringt uns einen Schritt näher an die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und stellt sicher, dass sich Deutschland und Europa als zentraler Markt für Zukunftstechnologien etablieren“, so Müller.

Die 55 Seiten starke Publikation enthält zudem eine ausführliche Dokumentation der seit Kriegsbeginn beschlossenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Sie steht zum kostenlosen Download unter www.agora-energiewende.de zur Verfügung.


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