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GaslobbyWie „Lobby-Pipelines“ die Energiepolitik beeinflussen

LobbyControl-Protest gegen politischen Einfluss der Gasindustrie
Die NGO LobbyControl hat die deutsche Gaslobby unter die Lupe genommen. Sie fordert mehr Transparenz und eine ausgewogene Diskussion von Interessen, bei der auch Umwelt- und Klimaschutz eine Stimme bekommen (Bild: LobbyControl/Gordon Welters / CC-BY-NC-ND 4.0)

Die Abhängigkeit von russischem Gas und ausgebremste Energiewende in Deutschland kommen nicht von ungefähr. Große Gaskonzerne, gasverbrauchende Industrie und Lobbyisten haben über Jahrzehnte die Energiepolitik zu ihren Gunsten beeinflusst.

20.02.2023 – Wie die Interessen von Industrie und Gasunternehmen mit der deutschen Politik verflochten sind, zeigt die NGO LobbyControl in einer Studie auf. In den letzten 20 Jahren setzten sich Gas- und Industrieunternehmen gemeinsam bei der Regierung für russisches Gas ein. So seien Abhängigkeiten geschaffen worden, die Deutschland und die EU derzeit wirtschaftlich, politisch und in Klima und Umweltfragen teuer zu stehen kommen.

Die Gaslobby sind Vertreter der Gasindustrie und des Lobbyverbands Zukunft Gas sowie von Gas- und Industrieunternehmen oder Russland bezahlte Lobbyisten. Eine der letzteren sind deutsche Politiker. Die Gaslobby hat auch heute noch einen privilegierten Zugang zur Politik. Das muss sich ändern, fordert LobbyControl. Nötig seien mehr Transparenz und eine ausgewogene Interessenvertretung bei energiepolitischen Debatten und Entscheidungen.   

In der Veröffentlichung werden verschiedene Formen der Einflussnahme untersucht. Beleuchtet werden rhetorisches Framing und die Darstellung von Gas in Debatten als klimafreundlich beziehungsweise als Brückentechnologie, personelle Verflechtungen zwischen der Gasindustrie, der in Deutschland einflussreichen Chemie- und Schwermetallindustrie und der Politik, und deren Auswirkungen auf energiepolitische Entscheidungen der letzten 15 bis 20 Jahre.

Das Märchen vom klimafreundlichen Gas

In der Studie wird aufgezeigt, wie Lobbyvertreter die Narrative von Gas als Brückentechnologie und als klimafreundlichere Alternative zu anderen fossilen Energieträgern etablierten. Teure PR-Kampagnen spielte hierbei eine ebenso große Rolle wie der direkte Zugang zu energiepolitisch einflussreichen Politikern wie Peter Altmaier. Letzterer machte den Weg frei für Milliarden-Investitionen in Gasinfrastruktur, während die Erneuerbaren Energien ausgebremst wurden.

Unter dem Mantel der Technologieoffenheit und der Notwendigkeit von Übergangslösungen wurde Gas als sauberer Energieträger dargestellt und die Grenzen zwischen Erneuerbaren Energien und dem fossilen Energieträger Gas verschleiert, so die Autoren der Studie. Der noch immer immense klimaschädliche Ausstoß von CO2 bei der Verbrennung sowie von Methan entlang der Lieferketten- und Infrastruktur sei dabei stets bewusst heruntergespielt worden.

Energiepolitische Schieflage

Der deutsche Gasmarkt ist von wenigen großen Konzernen geprägt, was ihnen einen erheblichen Einfluss ermöglicht. Zusammen mit Industrieakteuren, die große Mengen an Gas benötigen, konnten und können sie Druck auf die Politik ausüben. In der Vergangenheit führte dies zu einer Bevorzugung von „günstigem“ russischen Gas und der Intensivierung der Beziehungen mit Russland im Energiesektor.

Die Machtkonzentration der Gaskonzerne wurde politisch ermöglicht, indem bedenkliche Fusionen zugelassen und Regulierungen geringgehalten wurden, erklären die Autoren der Studie. Dies sei ursprünglich vor allem auf intensive Lobbyarbeit zurückzuführen. Mit der wachsenden Macht der Konzerne wuchs auch die Anzahl der Lobbyisten, denen natürlich nicht in gleichem Maße Vertreter der Klima- und Umweltvertreter gegenüberstanden. Auch wechselten Akteure nicht selten die Seite: Dass Politiker zu Lobbyisten in Bereichen werden, über deren Regulierung sie zuvor mitbestimmt haben, ist nicht selten. Das bekannteste Beispiel ist Gerhard Schröder, der vom Bundeskanzler zu zum russischen Gasunternehmen Gazprom wechselte.

Lobbynetzwerke und Veranstaltungen verstärkten die Beziehungen zwischen der Gaslobby und der Politik – besonders im Hinblick auf die energiewirtschaftlichen Beziehungen zu Russland. Die Deutsche Energieagentur (DENA), das Wirtschaftsministerium sowie einzelne Entscheidungsträger standen in engem Austausch mit der Gaslobby. Obwohl sie seit dem Ukraine-Krieg deutlich an Einfluss verloren hat, stellt sie noch immer entscheidende Weichen. So sehen die Autoren der Studie auch beim derzeitigen überdimensionierten Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland die Handschrift der Gaslobby. Auf europäischer Ebene geht es auch um die Klassifizierung von Wasserstoff: Denn welche Produktionsart als grün deklariert wird, hat immense Auswirkungen auf Emissionen und Klimaschäden.

Mehr Transparenz, mehr Gleichgewicht

LobbyControl fordert eine Offenlegung und klare Abgrenzung der Beziehungen zwischen Gasunternehmen, gasverbrauchender Industrie und Politik, sowohl in personeller als auch institutioneller Hinsicht. Weiterhin sollte sichergestellt werden, dass Vertreter von Gemeinwohlinteressen, von Umwelt- und Klimaschutz ähnliche Mitsprachemöglichkeiten bekämen. Nur so können demokratische und ausgewogene Lösungen für den grünen Wirtschaftswandel und ein Weg in eine energiepolitisch saubere Zukunft gefunden werden. jb


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