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UN-ZieleDurch reden wird die Welt nicht nachhaltig

Seit einem halben Jahr demonstrieren weltweit Hunderttausende junge Menschen für eine bessere Klima- und Umweltpolitik.
Seit einem halben Jahr demonstrieren weltweit Hunderttausende junge Menschen für eine bessere Klima- und Umweltpolitik. (Foto: © Clemens Weiß)

Hunger bekämpfen, Klima schützen, Ungleichheit abbauen. Insgesamt 17 Ziele für eine nachhaltigere Welt haben sich die Staaten der Erde bis 2030 gesetzt. Erreichen wird sie einer Studie zufolge kein Land. Das Problem: viel reden, aber wenig handeln.

21.06.2019 – Was historisch begann, könnte als reines Lippenbekenntnis enden. Das fürchtet die Bertelsmann-Stiftung und meint die 17 Nachhaltigkeitsziele der Staaten der Welt. 2015 vereinbarten die 193 UN-Länder ambitionierte Vorhaben, die sie bis 2030 umsetzen wollen.

Zu den Sustainable Development Goals, kurz SDG, gehören: Armut und Hunger beenden, ein gesundes Leben für alle Menschen, hochwertige Bildung, weniger Ungleichheit, nachhaltiger Konsum, Bekämpfung des Klimawandels, Biodiversitätsverlust stoppen, sauberes Wasser und saubere Energie.

Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Nun, vier Jahre danach zeigt sich: Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Kein Land ist bisher auf dem Weg, alle Ziele zu erreichen. Das ist das zentrale Ergebnis des aktuellen SDG-Reports, den die Bertelsmann-Stiftung am Mittwoch vorgestellt hat.Die Industrieländer spielen demnach bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele eine zwiespältige Rolle. Sie kommen einer Erfüllung zwar am nächsten, verursachen aber durch den enormen Konsum und hohen Lebensstandard gravierende ökologische und wirtschaftliche Kosten für Drittländer. Vielen Worten würden nur wenige Taten folgen, bemängeln die Autoren.

Europa ist weit vorn – und trotzdem ein schlechtes Beispiel

Die Top Ten der Rangliste belegen europäische Staaten, die ersten drei Plätze gehen mal wieder an die Skandinavier: Schweden vor Dänemark und Finnland. Mit 83 von 100 Punkten erfüllen sie schon jetzt die Vorgaben der UN-Ziele zu fast drei Vierteln. Deutschland landet mit 80 Punkten auf Platz sechs.

Kein schlechtes Ergebnis. Allerdings: Gerade für die reichen Industrieländer sind die Ziele deutlich leichter zu erreichen, sie haben mehr Geld und bessere Strukturen zur Verfügung. Die Studienautoren bemängeln folglich, die reichsten Staaten seien schlechte Vorbilder und würden zu wenig unternehmen.

G20-Staaten haben es in der Hand

Die G20-Staaten, die wichtigsten 20 Industrie- und Schwellenländer, stehen besonders in der Kritik. „Die G20-Länder haben es maßgeblich in der Hand, die UN-Ziele zum Erfolg zu führen“, sagt Christian Kroll, einer der Autoren der Studie. Doch würden nur wenige Staaten die von den UN geforderten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe ausgeben, kritisiert er.

Luxemburg, Schweiz und Singapur sind die größte Belastung

Zudem seien die G20-Länder insgesamt für die Hälfte der globalen Umsetzungslücken zur Erreichung der Ziele verantwortlich. Besonders interessant: Zu den schädlichsten Ländern in Sachen Nachhaltigkeit zählen kleine, international vernetzte Industriestaaten wie Luxemburg, Singapur und der Schweiz.

Sie verursachen die meisten Kosten in den Bereichen Umwelt, Sicherheit und Wirtschaft für die Weltgemeinschaft und erschweren es anderen Ländern, die Nachhaltigkeitsziele umzusetzen.

Deutschland in Bereichen Klimaschutz und Konsum mit Schwächen

Neben Frankreich (Platz 4) ist Deutschland das einzige Land der G7, der wichtigsten sieben Industriestaaten, unter den Top Ten. Die Bundesrepublik stehe symptomatisch für Fehlentwicklungen in den Industriestaaten: „Deutschland ist bei einigen UN-Zielen auf einem guten Weg, doch wir werden die Nachhaltigkeitsagenda verfehlen, wenn wir politisch in zentralen Bereichen nicht umsteuern“, so Kroll.

Nachholbedarf besteht insbesondere in den Bereichen Klimaschutz sowie nachhaltiger Konsum und Produktion. Auch Deutschland zahlt noch nicht die geforderten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an Entwicklungshilfe und hat mit einer hohen Nitratbelastung im Boden und Grundwasser zu kämpfen.

Die Müllproduktion gilt als weiteres Negativbeispiel: Pro Kopf und Jahr produzieren die Deutschen etwa 22 Kilogramm Elektroschrott – fast dreimal so viel wie Türken oder Mexikaner und genauso viel wie in den USA. cw


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