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Batterierohstoff aus DeutschlandLithium aus Tiefenwasser gewinnen

Unzählige Rohrleitungen im Inneren einer Geothermieanlage
Ein Blick ins Innenleben der Geothermieanlage Bruchsal (Foto: EnBW/Uli Deck)

Lithiumbatterien sind aufgrund ihrer Technologiereife wichtig für die Energiewende. Das benötigte Lithium könnte zum Teil auch in Deutschland gefördert werden. Eine Pilotanlage in Bruchsal extrahiert den Rohstoff aus Tiefenwasser.

08.01.2021 – Lithium-Ionen-Batterien können Erneuerbare Energien zuverlässig speichern und sind vielfältig verwendbar. Aufgrund der erprobten Technologie und der Wirkungsgrade sind sie gegenwärtig weit verbreitet. In den nächsten Jahren werden tausende dieser Batteriespeicher in Elektroautos verbaut werden. Das dafür benötigte Lithium kommt derzeit vor allem aus Australien und Lateinamerika. Immer wieder geraten die Abbaumethoden in die Kritik, da sie aufgrund des Wasserverbrauchs wenig nachhaltig sind.

Weltweit zeigen Tiefenwasser, die in Geothermieanlagen zutage gefördert werden, zum Teil beachtliche Gehalte an Lithium. Bisher wurde der Rohstoff nicht extrahiert, sondern im Wasserkreislauf der Geothermieanlage zurück ins Erdinnere gepumpt. Ein Forschungsprojekt setzt sich nun zum Ziel, die notwendigen technischen und wirtschaftlichen Grundlagen für eine Lithiumproduktion aus heißem Tiefenwasser in Deutschland zu entwickeln. Dafür wird eine Pilotanlage im Geothermiekraftwerk in Bruchsal errichtet.

Pro Jahr umgesetztes Tiefenwasser enthält rund 800 Tonnen Lithiumchlorid

„Das in Bruchsal erbohrte Wasser ist mit rund 150 mg Lithium pro Liter Wasser relativ reich an Lithium“, berichtet Jochen Kolb, Leiter der Abteilung Geochemie und Lagerstättenkunde am Institut für Angewandte Geowissenschaften des KIT. Es werde zwar nicht die bundesweit benötigte Menge liefern, doch diese heimische Produktion eröffne Alternativen für Lieferketten und reduzierte Umwelteinwirkung.

In der Geothermieanlage Bruchsal, welche die EnBW gemeinsam mit den Stadtwerken Bruchsal seit 2010 betreibt, wird Tiefenwasser für Wärme und Strom gefördert und nach der thermischen Nutzung wieder in das Reservoir zurückgeführt. Mit dem Wasserdurchsatz werden dabei überschlägig rund 800 Tonnen Lithiumchlorid pro Betriebsjahr ungenutzt gefördert und zurückgeführt. Im Rahmen eines Projekts entwickelte die EnBW gemeinsam mit dem KIT ein Verfahren, mit dem sich im Labormaßstab das im Tiefenwasser gelöste Lithium nachhaltig gewinnen lässt.

Die Bruchsaler Anlage arbeitet in einem geschlossenen Kreislauf. Das bedeutet, dass weder Gase noch Flüssigkeiten an die Umwelt abgegeben werden. Die Laboruntersuchungen stimmen die Betreiber optimistisch. Der Beleg der technischen Machbarkeit ist erbracht. Nun soll der Realbetrieb zeigen, ob die Rohstoffgewinnung auch im industriellen Maßstab wirtschaftlich und nachhaltig möglich ist.

Lithium für 20.000 Batterien

Bisherige Untersuchungen zeigen, dass es im Norddeutschen Becken und im Oberrheingraben erhöhte Lithiumgehalte in Thermalwässern gibt. Aus Schichten zwischen 3.000 und 5.000 Metern Tiefe wird das zwischen 160 und 180 Grad Celsius heiße Tiefenwasser erbohrt, das dann durch einen Wärmetauscher geht. Dort setzen die Wissenschaftler an – parallel zum Geothermiebetrieb – und bringen ein Ionensieb ein. Im Labor laufen die Prozesse mit etwa 85- bis 95-prozentiger Effizienz, angestrebt ist eine Effizienz im Reallabor von etwa 70 Prozent.

Ziel ist, am Ende des Verbundprojekts im Pilotmaßstab Lithium aus Geothermalwasser bei gleichzeitigem Anlagenbetrieb zu gewinnen. Rund 30 bis 70 Liter Wasser werden pro Sekunde in jeder Geothermieanlage des Oberrheingrabens nach oben gebracht. „Da wäre in rund 40 Minuten die Menge Lithium zum Beispiel für eine Batterie zusammen“, erläutert Kolb. „In etwa zwei Minuten die Menge für ein E-Bike.“ So könnte bei rund 8.000 Betriebsstunden jährlich in der Geothermieanlage in Bruchsal eine Lithiummenge gewonnen werden, die ausreichend ist für die Produktion von etwa 20.000 Batterien.

Die Projektpartner wollen darüber hinaus mit einer Analyse des vorhandenen Reservoirs die Nachhaltigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Lithiumextraktion aus dem Tiefenwasser nachweisen. Ein wichtiger Punkt sei aber auch die Qualität des Lithiums und dass keine schädlichen Abfälle in die Umwelt gelangen. Die Lithiumgewinnung müsse höchsten Umweltstandards genügen und die Öffentlichkeit transparent über das Verfahren informiert werden.

Projektpartner bei diesem Forschungsprojekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, sind neben EnBW und KIT die Firmen Bestec, Hydrosion und die Geowissenschaftliche Fakultät der Universität Göttingen. Die Projektkosten liegen bei rund 3,4 Millionen Euro. pf


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