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Verlust eines KulturgutesVom Verschwinden der Alleen

Straße mit einer Eichenallee gesäumt
Von Bäumen gesäumte Straßen und Wege strukturieren die Landschaft besonders im Norden Deutschlands. Doch es werden immer weniger, wie die Auswertung von Geodaten zeigt. (Foto: Greg Montani auf Pixabay)

Um 30 Prozent hat sich seit 2005 der Alleenbestand an deutschen Straßen und Wegen verringert. Naturschützer und Verbände klagten schon lang über das Verschwinden der baumgesäumten Straßen. Nun belegt eine Kartierung der HNE Eberswalde den Status Quo.

20.07.2022 – Alleen sind nicht einfach nur schön, sondern auch wertvolle Landschaftselemente. Die Baumreihen vernetzen Biotope und sind selbst Lebensraum seltener Pflanzen- und Tierarten. Sie filtern zudem Abgase und Stäube aus dem Verkehr: Straßenalleen können in belaubtem Zustand bis zu 70 Prozent und im Winter in unbelaubtem Zustand bis zu 60 Prozent der Feinstäube filtern. Je nach Alter und Baumart schafft ein Alleebaum bis zu einer Tonne Staub pro Jahr. Alleen gibt es in ganz Europa und sie sind auch in Deutschland ein wertvolles Kulturgut.

Viele Kilometer abgeholzt von Mitte der 50er Jahre bis 1970

Doch was einst gepflanzt wurde, um Schatten zu spenden und das Abrutschen der Pferdewagen in den Graben zu verhindern, wurde beim Straßenneubau als störend und unnütz empfunden. Im Westen Deutschlands wurden seit den 50er Jahren die Alleen im Zuge des Straßenausbaus gefällt; mindestens 12.500 Kilometer Baumreihe bis Anfang der 1970er Jahre fielen der Motorsäge zum Opfer. Im Osten blieben die alten Alleen weitgehend erhalten. Nennenswerte Neuanpflanzungen erfolgten jedoch auch hier erst nach 1990. Naturschützer prangerten diesen Alleen-Kahlschlag seit Jahren an, jedoch fehlten belastbare Zahlen über den Bestand und seine Entwicklung.

Diese Lücke hat nun eine Forschungsarbeit der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE geschlossen), die Alleen mithilfe von Geodaten digital erfasst und verschiedene Zeitpunkte vergleicht.

Der Alleenbestand an deutschen Straßen und Wegen hat sich demnach in den vergangenen 17 Jahren um 30 Prozent auf etwa 20.000 Kilometer verringert. Schätzungen aus dem Jahre 2005 gingen noch von 27.500 Kilometer Alleen aus. Damit weist nur noch jede zehnte Straße in Deutschland eine Allee auf. Auffällig ist das deutliche Nord-Süd-Gefälle: Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben flächenbezogen einen etwa zehnmal so hohen Alleenbestand wie Baden-Württemberg und Bayern. In die Zählung eingeflossen sind Alleen und Baumreihen ab 200 Meter Länge an Straßen und Wegen in Siedlungsbereichen und im Offenland ohne Waldbereiche.

Projektleiter Prof. Dr. Jürgen Peters empfiehlt: „Für die Neuanlage von Alleen müssen bestehende Hemmnisse reduziert werden. Technische Regelwerke im Straßenbau, die seit 2006 eigentlich der Verkehrssicherheit dienen sollten, haben sich als ernsthaftes Problem für die Nachpflanzungen erwiesen. Seitdem werden kaum noch Alleebäume an den Bundes- und Landesstraßen nachgepflanzt. Ein regelmäßiges Alleen-Monitoring könnte helfen, die Bestandsentwicklung langfristig zu verfolgen.“

Die erhobenen Daten sollen jetzt den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung übergeben werden. Auch die Naturschutzverbände können auf den Datenfundus zurückgreifen. Gleichzeitig hat die HNEE einen Leitfaden zur Bestandskartierung, zur Pflege und zur Neupflanzung von Alleen entwickelt. Dieser soll Anregungen geben, auch an kommunalen Straßen wieder vermehrt Alleebäume zu pflanzen und so einen Beitrag für den Klimaschutz und für das Landschaftsbild zu leisten. pf


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