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KlimaschutzWer auf Kernkraft setzt, reduziert keine Emissionen

Kernkraftwerk mit Windrad im Vordergrund
Länder, die auf Kernkraft setzen, emittieren nicht automatisch weniger Kohlendioxid. Ebenso wenig ist der gleichzeitige Ausbau von Kernkraft und Erneuerbaren Energien ein Erfolgsgarant. (Foto: Marabu / Pixabay)

Die Kernenergie taugt nicht als Alternative beim Klimaschutz. Zu diesem eindeutigen Ergebnis kamen Forscher, die Daten aus 123 Ländern ausgewertet haben. Nur Länder, die konsequent auf Erneuerbare Energien setzen, reduzieren ihre Emissionen.

13.10.2020 – Um den Treibhausgasausstoß zu reduzieren, wird die Kernenergie immer wieder als Alternative zu fossilen Energieträgern oder als Ergänzung zu Erneuerbaren Energien diskutiert. Auch der IPCC betrachtet in seinen vielfältigen Szenarien mögliche CO2-Einsparungen durch den Ausbau der Kernenergie, gibt jedoch keine politischen Empfehlungen für oder gegen den Ausbau. Erst jüngst haben die Niederländer für ihr Land die Kernkraft als Option wieder ins Spiel gebracht. Die Regierung hatte eine Studie zur Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken in Auftrag gegeben und erwägt den Bau von drei Kernkraftwerken.

Dabei zeigen die jüngsten Erfahrungen vor allem eines: Explodierende Kosten beim Bau von Atomkraftwerken und jahrelange Bauverzögerungen. Der Druckwasserreaktor im Kernkraftwerk in Flamanville beispielsweise sollte 3,3 Milliarden Euro kosten und 2012 fertig sein. Die Inbetriebnahme wurde zuletzt auf 2023 verschoben. Die Baukosten werden dann bei rund 19 Milliarden Euro liegen.

Der Bau von Hinkley Point C in Großbritannien ist ein ähnliches Desaster. Die beiden Druckwasserreaktoren sollten 19 Milliarden Euro kosten. Mit Stand 2019 war der Bau acht Jahre in Verzug, das vorgesehene Budget bereits um Milliarden überschritten.

Erneuerbare Energien reduzieren Emissionen messbar

Länder, die CO2-Emissionen schnell, substanziell und kostensparend reduzieren möchten, sollten auf Erneuerbare Energien statt auf Nuklearenergie setzen. Das legt eine Analyse nahe, die Forscher von der University of Sussex Business School und der International School of Management (ISM) durchgeführt wurde. Sie untersuchten dafür Daten aus 123 Ländern über einen Zeitraum von 25 Jahren.

Sie fanden heraus, dass Erneuerbare Energien mit deutlich niedrigeren Emissionen einhergehen als dies bei der Nuklearenergie der Fall ist. In ärmeren Ländern sei Atomkraft sogar mit höheren CO2-Emissionen verbunden.

Die Analyse der Forscher basiert auf Daten der Weltbank und der Internationalen Energieagentur von 1990 bis 2014. Im Ergebnis gibt es sichtbare Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Energieträgern und den Kohlenstoffdioxidemissionen eines Landes. Warum der Ausbau der Kernenergie nicht zu messbaren Reduktionen führt, wurde nicht untersucht.

Eine Erklärung könnte sein, dass Länder, die es mit den Erneuerbaren Energien wirklich ernst meinen, insgesamt mehr Anstrengungen zur Emissionsreduktion unternehmen. Andererseits werden vielleicht in Ländern, die auf Kernkraft setzen, während der langen Realisierungszeiten zu wenige Anstrengungen zur Emissionsreduktion unternommen.

Kernkraft und Erneuerbare Energien sind kein Erfolgs-Duo

Die Studie zeigt zudem, dass Erneuerbare Energien selten erfolgreich mit Nuklearenergie koexistieren. Vielmehr verdrängen sich die beiden Energiesysteme gegenseitig. „Investitionen in Nuklearenergie anstelle von Erneuerbaren Energien sollten in Frage gestellt werden. Länder, die solche Investitionen in großem Maßstab planen, riskieren, nicht ihr volles Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel auszuschöpfen“, sagt Benjamin Sovacool, Professor für Energy Policy in Brighton.

Ein Grund für die Inkompatibilität von Nuklearenergie und Erneuerbaren Energien wird in der Stromübertragung und -verteilung gesehen. Wenn die Netzstruktur für eine zentralisierte Produktion von Elektrizität optimiert ist, wird die Integration kleinteiliger Anlagen kostspielig. Dasselbe gilt für die damit verbundenen Normen, Protokolle, Verträge, Betriebsvorschriften und Expertenkulturen, die notwendig sind, damit diese Strukturen funktionieren.

Die Studie entlarvt nach Auffassung der Autoren das Argument, dass ein paralleler Ausbau von Kernkraft und Erneuerbaren sinnvoll sei. Vielmehr gefährden die Spannungen und Wechselwirkungen zwischen den beiden Investitionsstrategien einen wirksamen Kampf gegen den Klimawandel.

Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse, das Nuklearenergie nur in reicheren Ländern CO2-Emissionen einsparen hilft, und das auch nur in geringem Umfang. Der Zusammenhang zwischen Emissionsreduktion und Erneuerbaren Energie sei dagegen deutlich stärker.

Patrick Schmid, Professor für Quantitative Methoden an der ISM hebt hervor: „Das Erstaunliche an der Datenlage ist, wie widerspruchsfrei sich die Ergebnisse lesen. Die Resultate sind über verschiedene Länder und Zeiträume hinweg sehr klar und konsistent. Zudem ist der Zusammenhang zwischen Erneuerbaren Energien und geringeren CO2-Emissionen ungefähr siebenmal stärker als der Zusammenhang zwischen Nuklearenergie und CO2-Emissionen. pf


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