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KohleausstiegChinas Rückzug aus der globalen Kohlefinanzierung

Kohlekraftwerk mit Schornsteinen
An vielen Kohlekraftwerkprojekten weltweit ist China beteiligt: mit Geld, Ingenieursdienstleistungen, Versicherungen. (Foto: Steve Buissinne auf Pixabay)

China will keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen. Wie genau dieser Ausstieg aussieht, ist bisher nicht konkretisiert. Vor allem die Frage, ob der Ausstieg auch für private Banken und Unternehmen gilt, bleibt vorerst unbeantwortet.

28.09.2021 – Chinas Staatschef Xi Jinping sorgte auf der UN-Generalversammlung letzte Woche für einige Überraschung. Er kündigte an, dass sein Land keine Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen wolle. Das positive Signal dieser Ankündigung hat Strahlkraft, doch einige Fragen bleiben vorerst offen.

Während Xi keine weiteren Details nannte, sind sich NGOs und betroffene Gemeinschaften einig, dass China jegliche Unterstützung für neue Kohleprojekte im Ausland beenden müsse, sei es in Form von Eigentum, Ingenieursleistungen, Versicherungen und öffentlicher oder privater Finanzierung. Bei der Ankündigung Xis blieb unklar, ob der globale Ausstieg aus der Kraftwerksfinanzierung nur öffentliche oder auch private Geldgeber einschließt.

Vor allem in Süd- und Südostasien werden viele in Bau befindliche oder geplante Kohlekraftwerke von China finanziert. Wenn sich China vollständig vom Kraftwerksneubau im Ausland abwenden würde, bräche die Kohlekraftwerkspipeline in dieser Region zusammen, schätzt etwa Hasan Mehedi von der Bangladesh Working Group on External Debt. Auf diese Weise wäre eine Zukunft mit Erneuerbaren Energien in Ländern wie Bangladesch, Pakistan, den Philippinen, Indonesien und Vietnam möglich.

Auch Chinas Privatbanken sollten aus der Kohlefinanzierung aussteigen

Auch die China-Expertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald Nora Sausmikat fordert, dass chinesische Kohleunternehmen und kommerzielle Finanzinstitute ihre internationalen Kohleaktivitäten einstellen.  Aber wie auch immer sich China entscheide, andere Länder, die bisher keine solchen Zusagen gemacht haben, wie beispielsweise Australien, müssten jetzt nachziehen, wenn sie nicht ins Hintertreffen geraten wollten.

Chinas Unterstützung für den weltweiten Ausbau der Kohleindustrie durch die Initiative Neue Seidenstraße ist vielfältig: Unternehmen aus China entwickeln und bauen weltweit neue Kohlekraftwerke, auch in Europa wie in Kostolac in Serbien oder in Tuzla in Bosnien-Herzegowina. Hinzu kommt die Projektfinanzierung durch chinesische öffentliche und kommerzielle Banken sowie Versicherungen. Das 1320-Megawatt-Kohlekraftwerk Emba Hunutlu in der Türkei beispielsweise ist ausschließlich auf die finanzielle Unterstützung chinesischer Institutionen angewiesen, nämlich der China Development Bank, der Bank of China und der ICBC.

In Simbabwe könnte das 2800-Megawatt-Kraftwerk Sengwa wahrscheinlich gestrichen werden, falls sich die ICBC und damit der chinesische Versicherer Sinosure aus dem Projekt zurückziehen würden.

Insgesamt ist China die Nummer eins bei der Finanzierung von Kohleprojekten im Ausland. Chinesische Geschäftsbanken haben seit 2016 19 chinesische Kohlekraftwerksentwickler mit Expansionsplänen außerhalb Chinas unterstützt: durch Emissionsgeschäfte und Kreditvergabe in Höhe von insgesamt 305 Milliarden US-Dollar, wie urgewald-Recherchen zeigen.

In China selbst werden weitere neue Kohlekraftwerke gebaut

Um China auf den Pfad des Pariser Abkommens zu bringen, reicht es jedoch nicht aus, sich aus der internationalen Kohleförderung zurückzuziehen. Nach Angaben von Global Energy Monitor befinden sich in China 238 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 250 Gigawatt im Bau oder in der Entwicklung. Gleichzeitig will China im Jahr 2060 CO2-neutral werden und plant, den Spitzenwert des Kohleverbrauchs im Jahr 2025 zu erreichen.

„Wenn es China mit der Reduzierung des Kohleverbrauchs ernst ist, muss es seine riesigen Ausbaupläne für Kohlekraftwerke im eigenen Land zurückschrauben. Um einen echten Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad zu leisten, muss China einen entsprechenden Plan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 aufstellen und jetzt mit der Stilllegung von Kohlekraftwerken beginnen", kommentiert Nora Sausmikat.

Neubau von Kohlekraftwerken geht weltweit zurück

Die Ankündigung Chinas hat einen weiteren Hintergrund: Weltweit werden immer weniger Kohlekraftwerke geplant. Nahezu überall steht der Kohleausstieg auf der Agenda. Ohne diese Entwicklung hätte es die Ankündigung Chinas in der UN-Generaldebatte nach Einschätzung von Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut, nicht gegeben. China sendet ein wichtiges Signal an andere Länder, hat aber auch handfeste ökonomische Gründe für diesen Weg.

Bereits Anfang des Jahres hatten Japan und Südkorea ihren Ausstieg aus der internationalen Kohlefinanzierung bekannt gegeben. Dass es innerhalb eines Jahres gelungen ist, alle drei Länder zum Ausstieg aus der internationalen Kohlefinanzierung zu bewegen, ist nach Meinung von Lutz Weischer von Germanwatch ein Riesenerfolg der Klimadiplomatie der EU und weiterer Staaten sowie der globalen Klimabewegung. pf


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