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KlimafinanzierungCommerzbank verabschiedet sich halbherzig von der Kohle

Protest gegen die Förderung fossiler Energien mit Plakat: Divest – kein Geld mehr für Kohle, Öl und Gas
Fossile Energien dürfen nicht weiter finanziert werden – sonst klappt‘s nicht mit den Klimazielen. (Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0)

Als erste große konventionelle Bank in Deutschland bekennt sich die Commerzbank zum Ende der Kohleenergie bis 2030 und legt Ausschlusskriterien für Öl und Gas vor – bringt ihre Richtlinien aber nicht nachhaltig auf den notwendigen Klimaschutz-Kurs.

16.12.2021 – Die Commerzbank hat angekündigt, ihr Portfolio neu auszurichten, mit dem Ziel: Ende der Kohleenergie bis 2030 und erste zaghafte Ausschlusskriterien für Öl und Gas. Umweltorganisationen wie urgewald, die seit vielen Jahren den Finanzinstituten auf die fossilen Füße treten, werten das erstmal als einen Erfolg zivilgesellschaftlichen Engagements.

Dennoch vergebe die Commerzbank die Chance, ihr Portfolio jetzt konsequent auf einen 1,5°C-Kurs zu bringen – schaut man auf die Details der Richtlinie. „So nachhaltig wie sie sich präsentiert, ist die Bank noch lange nicht“, kommentiert Klima-Campaignerin von urgewald Kathrin Petz die Ankündigung. Bestehende Öl- und Gaskunden würden komplett verschont und müssen keinerlei Transformationspläne vorlegen.

Noch zu viel Zeit für Kohle-Geschäfte

Positiv sei zunächst, dass im Vergleich zur auslaufenden Richtlinie nun die gesamte Kohle-Wertschöpfungskette betrachtet wird und dafür die Global Coal Exit List (GCEL) genutzt werde. Auch gelten die Schwellenwerte einheitlich für In- und Ausland. Die GCEL umfasst die größten Kohlekraftwerksbetreiber und Kohleproduzenten sowie Unternehmen, die mehr als 20 Prozent ihrer Stromerzeugung oder ihrer Umsätze aus Kohle generieren oder die im Bereich Kohlebergbau, Kohlekraftwerke oder Kohleinfrastruktur planen zu expandieren.

urgewald bemängelt allerdings, dass der von der Commerzbank gesetzte Schwellenwert von 20 Prozent und ein Ende der Geschäftsbeziehungen für Bestandskunden erst nach bzw. Ende 2025 greifen. Potenzielle Neukunden, die unter diese Kriterien fallen, würden zwar ab sofort ausgeschlossen, doch Bestandskunden erhalten vier Jahre Schonfrist. In dieser Zeit könnten sie weiterhin ihre Kohlekraftwerke und -minen expandieren. „Dies steht klar im Widerspruch zum Pariser Klimaabkommen, da nach Angaben von dem Weltklimarat IPCC, der UN und der Internationalen Energieagentur (IEA) ab sofort keine fossile Expansion mehr stattfinden darf, wenn wir das 1,5 °C Ziel halten wollen“, so urgewald.  Um rechtzeitig „Coal-Zero“ bis 2030 zu erreichen, reiche die bisherige Richtlinie also keineswegs.

Immerhin wurde die Reglementierung der Projektfinanzierung um Minen und Infrastrukturprojekte erweitert. Bedenklich wäre allerdings, dass Projektfinanzierungen für „notwendige Modernisierungen von bestehenden Kohlekraftwerken“ weiterhin „nach Einzelfallprüfung“ möglich seien.

Die NGO urgewald fordert daher eine Nachbesserung der Richtlinie: Alle Kunden der Commerzbank mit jeglichem Anteil an Kohlegeschäften sollten nicht weiter in diesem Bereich expandieren und Bestandskunden spätestens in einem Jahr einen „Kohleausstiegsplan 2030“ vorlegen müssen.

Ein Blick auf die neuen Öl- und Gas-Richtlinien

Auch bei Öl- und Gas-Geschäften wurden erste Ausschlusskriterien benannt. urgewald begrüßt, dass die Commerzbank die erste deutsche Bank ist, die die Global Oil & Gas Exit List (GOGEL) offiziell zur Beurteilung nutzen wird. GOGEL ist die weltweit erste öffentliche, umfangreiche Datenbank zu Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie, umfasst derzeit 887 Unternehmen und bildet damit knapp 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion ab. Erste offizielle Nutzerin der GOGEL war die französische La Banque Postale, die elftgrößte Bank in der Eurozone. Im Oktober 2021 kündigte sie an, ihre Finanzdienstleistungen für alle Unternehmen, die am Ausbau der Öl- und Gasindustrie beteiligt sind, einzustellen und sich bis 2030 aus der gesamten Branche zurückzuziehen.

Die Commerzbank will jedoch ihre Öl- und Gas-Richtlinie lediglich auf neue Geschäftsbeziehungen anwenden. Für Bestandskunden gibt es keine Vorgaben jenseits einer „regelmäßigen Prüfung auf Umwelt- und Sozialaspekte“. Auch hier fordern Umweltschutzorganisationen Nachbesserung. Firmen, die neue Öl- und Gasfelder erschließen oder Pipelines und LNG- Terminals bauen, dürften nicht uneingeschränkt finanzierbar bleiben. Ein Blick auf die Global Oil & Gas Exit Liste zeige, dass praktisch alle Öl- und Gasfirmen neue Projekte durchführen oder geplant haben. „Wenn die Commerzbank nachhaltig werden will, muss sie hier Schwellenwerte einführen und sich auch von ihren bestehenden Öl- und Gaskunden einen Öl- und Gasausstiegsplan vorlegen lassen“, fordert urgewald.

Tochterunternehmen machen nicht mit

Ein grundsätzliches Manko der Richtlinien bleibe, dass sie bei den Tochterunternehmen der Commerzbank keine Anwendung finden. Die polnische Tochter MBank etwa will Kohlefirmen so lange weiter finanzieren, wie es der Staat es erlaubt. In Polen ist derweil kein konkreter Kohleausstieg in Sicht.

„Es muss ein Transformationsplan für einen kompletten fossilen Exit eingefordert werden“, so urgewald. Im dritten Quartal dieses Jahres stammte über die Hälfte der gesamten in Deutschland erzeugten Strommenge von 118,4 Milliarden Kilowattstunden nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes aus konventionellen Energiequellen. Fast ein Drittel des Stroms in Deutschland stammte aus Kohle.

So nachhaltig, wie sich die Commerzbank präsentiert, ist sie also noch lange nicht. Eine Nachbesserung der Richtlinie sei dringend geboten. Immerhin könnte die Richtlinie ein Weckruf für die anderen konventionellen Banken in Deutschland, speziell die Deutsche Bank und die Sparkassen, sein. „Denn die Bankenbranche ist beim Thema fossile Energien noch fahrlässig langsam.“ na


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