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Klimaziele 2030DIW fordert zügigen Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen

Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
Vor der anstehenden Tagung der Kohlekommission errechneten Claudia Kemfert und ihr Team mögliche Kohleausstiegsszenarien. (Foto: Heinrich Böll Stiftung / flickr.com, CC BY-SA 2.0)

Um die Pariser Klimaziele für 2030 zu erreichen muss Deutschland den Ausstieg aus der Kohle forcieren. Besonders dem Bundesland NRW komme dabei eine Schlüsselstellung zu, wie Modellrechnungen des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zeigen.

16.08.2018 – Alleine die Braunkohlekraftwerke Nordrhein-Westfalens sorgten 2014 für 10 Prozent der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Mit 10 Gigawatt befinden sich derzeit die Hälfte der Kapazitäten der deutschen Braunkohlekraftwerke in NRW. Auch bei der Verfeuerung von Steinkohle ist das Land nach wie vor Spitzenreiter. Bei den Erneuerbaren Energien hingegen liegt NRW weit unter dem Bundesdurchschnitt von 36 Prozent. Gerade einmal 12,5 Prozent kommen von Windrädern, Solaranlagen und anderen klimafreundlichen Energieträgern.   

Für Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) steht NRW daher in der Pflicht, schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen. „Die Klimaziele können dort die Energiewende konsequent angehennur erreicht werden, wenn die Energiewende konsequent angegangen, der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich forciert und ein Kohleausstieg so schnell wie möglich begonnen wird“, so Kemfert.

Jamaika-Sondierungen als Ausgangspunkt

Wie das gehen könnte, zeigen mögliche Ausstiegspfade, die das DIW anhand von Modellrechnungen darstellt. Verglichen mit einem Referenzpfad – der die aktuell vorhandenen Kraftwerkskapazitäten ohne zusätzliche energie- und umweltpolitische Maßnahmen fortschreibt – werden ein mittlerer und schneller Ausstiegspfad vorgestellt, die sich an den Vorschlägen zu frühzeitigen Stilllegungen von Kohlekraftwerken aus den Jamaika-Sondierungen im letzten Jahr orientieren.

Bei einem mittleren Ausstiegspfad müssten bis 2020 zusätzlich 3 Gigawatt Kraftwerksleistung stillgelegt und bis 2030 die gesamte Kohlekapazität Deutschlands auf 17,1 Gigawatt – von derzeit 45,7 GW – reduziert werden. Zusätzlich müsste der Betrieb besonders alter und ineffizienter Kohlekraftwerke begrenzt werden. Bei diesem Szenario würden laut DIW die Beschäftigtenzahlen in den betroffenen Kraftwerken kaum beeinflusst.

Ein schneller Ausstiegspfad legt nahe, bis 2020 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 7 Gigawatt stillzulegen und die gesamte Kapazität bis 2030 auf 8,6 GW zu reduzieren. Die Braunkohle sollte dann der Vergangenheit angehören. Und nur bei diesem forcierten Ausstieg würden die Deutschen die Klimaziele für 2030 in jedem Fall erreichen und könnten Verfehlungen in anderen CO2-intensiven Bereichen kompensieren.

NRW müsste die meisten Kraftwerke schließen

Für NRW würde dies bedeuten, dass bis 2030 nur noch zwei modernere Kraftwerksblöcke weiterbetrieben werden. Aber auch bei einem mittleren Ausstiegspfad dürften in NRW ab In NRW stehen sehr viele alte und ineffiziente Kohlekraftwerke, die ohnehin so schnell wie möglich vom Netz sollten.2025 nur noch vier Kraftwerksblöcke in Betrieb bleiben. „Nordrhein-Westfalen muss als größter Emittent schneller aussteigen als andere Bundesländer. Dort stehen sehr viele alte und ineffiziente Kohlekraftwerke, die ohnehin so schnell wie möglich vom Netz sollten“, erklärt Kemfert die Modellrechnungen. Will NRW sein eigenes 2013 verabschiedetes Klimaschutzgesetz erfüllen, müssten alle vorgeschlagenen Maßnahmen – inklusive dem Ausbau Erneuerbarer Energien – sofort angegangen werden.

Doch die schwarz-gelbe Landesregierung will den Bau von neuen Windrädern künftig erheblich einschränken und ähnlich wie in Bayern eine Mindestabstandsregelung einführen. Grund seien laut Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart „massive Vorbehalte“ gegenüber der Windkraft, bei einer wachsenden Anzahl von Bürgern. Ministerpräsident Armin Laschet betont derweil immer wieder die Wichtigkeit der Braunkohle für den „Industriestandort Deutschland“  und brachte sogar schon die Möglichkeit ins Spiel die Kohle aus dem rheinischen Revier zu nutzen, um Atommeiler in Belgien abzuschalten.

Ein Kohleausstieg Deutschlands könnte Europa dekarboniseren

Dagegen gab es jedoch erhebliche Proteste. Und das DIW prognostiziert einen Kohleausstieg Deutschlands und NRWs als treibende Kraft für die Dekarbonisierung Europas. Schon jetzt produzieren die Kohlekraftwerke in NRW vor allem überschüssigen Strom, der die deutschen Netze überlastet und daher günstig in Nachbarländer verkauft wird. Ohne die fossile Energie aus Deutschland würden die Nachbarländer aber nicht auf eigene Atom- oder Braunkohlekraftwerke zurückgreifen, glaubt das DIW. Denn wirtschaftlicher seien vor allem emissionsärmere Gaskraftwerke in den Abnehmerländern. Auch könnten mit dem Wegfall des billigen Importstroms aus Deutschland zusätzliche Anreize für den Ausbau Erneuerbarer Energien geschaffen werden. mf


Kommentare

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Ulrich Nicklaus 16.08.2018, 14:36:44

+219 Gut Antworten

Schon lange ist klar, dass die Braunkohle keine Zukunft hat und die Kraftwerke ebenfalls. Doch die NRW-Landesregierung hält daran fest. So wird die Landesregierung zum RWE-Lobbyverband. Armin Laschet & Co sind verantwortlich für das Nichterreichen der Klimaziele. Und möglicherweise für gewalttätige Auseinandersetzungen um die Erhaltung des letzten Restes des Hambacher Forstes, der ab Oktober 2018 für den RWE-Profit gerodet werden soll.

Es gibt keine Ideen, wie mit dem Konflikt konstruktiv umgegangen werden kann. Es gibt keine Ideen, wie die Region zukunftsfest gemacht werden kann. Es gibt keine Ideen, wie die Natur geschont werden kann. Stattdessen viel Ignoranz und Dummheit.


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