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Öffentliche Stromerzeugung 2023Erneuerbare decken erstmals Großteil des Stromverbrauchs

Windkraftanlagen
Die Windkraft war 2023 wieder die wichtigste Stromquelle, sie trug 139,8 Terawattstunden (TWh) bzw. 32 Prozent zur öffentlichen Stromerzeugung bei. (Foto: PxHere / CC0 1.0)

Der Anteil Erneuerbarer Energien erreichte 2023 fast 60 Prozent der öffentlichen Nettostromerzeugung in Deutschland. Die Strommengen aus Windkraft und PV stiegen deutlich, Kohlestrom ging zurück, Gaskraftwerke legten zu.

04.01.2023 – Die öffentliche Nettostromerzeugung hat 2023 einen Rekordanteil Erneuerbarer Energien von 59,7 Prozent erreicht. Das geht aus einer Auswertung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE hervor. Quelle der Daten ist die Datenplattform energy-charts.info. Der hohe Anteil ist in einer steigenden Erzeugung begründet, aber auch in einem Rückgang des Stromverbrauchs.

Jährlicher Anteil Erneuerbarer Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung

Insgesamt produzierten die erneuerbaren Quellen im Jahr 2023 rund 260 TWh und damit etwa 7,2 Prozent mehr als im Vorjahr (242 TWh). Der Anteil der in Deutschland erzeugten erneuerbaren Energien an der Last, d.h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag bei 57,1 Prozent gegenüber 50,2 Prozent in 2022.

Darüber hinaus veröffentlichte das Fraunhofer ISE Zahlen zur gesamten Nettostromerzeugung, die neben der öffentlichen Nettostromerzeugung auch die Eigenerzeugung von Industrie und Gewerbe enthält, die hauptsächlich mit Gas erfolgt. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Nettostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden liegt bei ca. 54,9 Prozent (2022: 48,2 Prozent).

Die Last im Stromnetz betrug 457 TWh, rund 26 TWh weniger als 2022. Aufgrund der hohen Strompreise und der höheren Temperaturen wurde wohl deutlich Strom eingespart. Auch der gestiegene Selbstverbrauch von Solarstrom  - immerhin 6,4 TWh im Jahr 2023 - senkt die Last. Die Last beinhaltet den Stromverbrauch und die Netzverluste, aber nicht den Pumpstromverbrauch und den Eigenverbrauch der konventionellen Kraftwerke.

Deutlich mehr Strom aus Windkraft und Photovoltaik

Die Windkraft war 2023 wieder die wichtigste Stromquelle, sie trug 139,8 Terawattstunden (TWh) bzw. 32 Prozent zur öffentlichen Stromerzeugung bei. Damit lag sie 14,1 Prozent über der Produktion des Vorjahres. Der Anteil des Onshore-Windes stieg dabei auf 115,3 TWh (2022: 99 TWh), die Offshore-Produktion sank leicht auf 23,5 TW (2022: 24,75 TWh). Der Ausbau der Windenergie bleibt weiterhin hinter dem Plan zurück: Bis November waren onshore 2,7 Gigawatt neu errichtet, geplant waren 4 GW. Der Ausbau der Offshore-Anlagen verläuft aufgrund der nötigen Ausschreibungen und langen Bauzeiten noch schleppender. Hier wurden 2023 nur 0,23 GW neu errichtet (geplant: 0,7 GW).

Photovoltaik-Anlagen haben im Jahr 2023 ca. 59,9 TWh erzeugt, wovon 53,5 TWh ins öffentliche Netz eingespeist und 6,4 TWh selbst verbraucht wurden. Der Juni 2023 war mit rund neun TWh der Monat mit der höchsten solaren Stromerzeugung jemals. Die maximale Solarleistung wurde mit 40,1 GW am 7. Juli 13:15 Uhr erreicht, das entsprach einem Anteil an der Stromerzeugung von 68 Prozent. Der Photovoltaik-Ausbau übertraf im Jahr 2023 deutlich die Ziele der Bundesregierung: statt der geplanten 9 Gigawatt wurden bis November 13,2 Gigawatt errichtet, bis Ende 2023 werden es mehr als 14 Gigawatt sein. Das ist ein starker Anstieg gegenüber 2022 (7,44 GW). Damit war der PV-Ausbau erstmals in der deutschen Geschichte im zweistelligen Bereich.

Wasserkraft gewachsen, Biomasse in etwa gleichbleibend

Die Wasserkraft legte gegenüber 2022 zu von 17,5 TWh auf 20,5 TWh. Die Bundesnetzagentur nennt dafür in ihrer Statistik die gestiegenen Niederschlagsmengen als Grund. Die installierte Leistung von 4,94 GW hat sich gegenüber den Vorjahren kaum verändert. Die Biomasse lag mit 42,3 TWh auf dem Niveau von 2022 (42,2 TWh). Die installierte Leistung liegt bei 9 GW.

Kohlestrom stark zurückgegangen

Nachdem 2022 die deutschen Kohlekraftwerke – zum einen wegen des Ausfalls französischer AKWs, aber auch wegen der Verwerfungen im Strommarkt durch den Ukrainekrieg – ihre Produktion hochgefahren hatten, sank ihr Anteil 2023 deutlich. So lag aufgrund des gesunkenen Kohlestromexports, aber auch wegen der guten Windbedingungen, die Erzeugung im November 2023 27 Prozent unter dem Vorjahresmonat.
Insgesamt ging die Erzeugung aus Braunkohle für den öffentlichen Stromverbrauch um ca. 27 Prozent zurück, von 105,94 auf 77,5 TWh. Hinzu kommen 3,7 TWh für den industriellen Eigenverbrauch. Die Bruttostromerzeugung fiel auf das Niveau von 1963.

Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken für den öffentlichen Stromverbrauch betrug 36,1 TWh (- 35 Prozent) und 0,7 TWh für den industriellen Eigenverbrauch. Sie war um 21,4 TWh niedriger als 2022. Die Bruttostromerzeugung fiel auf das Niveau von 1955. Die Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung blieb mit 45,8 TWh für die öffentliche Stromversorgung und 29,6 für den industriellen Eigenverbrauch leicht unter dem Niveau des Vorjahres. Durch die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim und Isar am 15. April 2023 trug die Atomkraft nur noch 6,72 TWh zur Stromerzeugung bei, das entspricht einem Anteil von 1,5 Prozent.

Batteriespeicher entwickeln sich rasant

Mit dem Ausbau fluktuierender erneuerbarer Energien steigt auch der Bedarf an Netzausbau sowie an Speicherkapazität. Batteriespeicher, die dezentral errichtet werden, um die Erzeugung von Wind- und Solarstrom zu puffern, sind besonders gut geeignet. Das Segment der Privathaushalte zeigt ebenso wie bei den Photovoltaikanlagen ein starkes Wachstum. Insgesamt verdoppelte sich die installierte Batterieleistung fast von 4,4 GW in 2022 auf 7,6 GW in 2023, die Speicherkapazität stieg von 6,5 GWh auf 11,2 GWh. Die Leistung der deutschen Pumpspeicherwerke liegt bei rund 6 GW.

Export und Börsenstrompreise

Nach einem Exportüberschuss im Jahr 2022 von rund 27 TWh, ist im Jahr 2023 beim Stromhandel (geplant bzw. terminiert) im Saldo einen Importüberschuss von ca. 11,7 TWh zu verzeichnen. Grund für die Importe waren insbesondere niedrige Strompreise der Nachbarländer im Sommer und den hohen Kosten der CO2-Zertifikate. Der Großteil der Importe kam von Dänemark (10,7 TWh), Norwegen (4,6 TWh) und Schweden (2,9 TWh). Deutschland exportierte Strom nach Österreich (5,8 TWh) und Luxemburg (3,6 TWh). Im Winter stiegen die Börsenstrompreise wieder an und die CO2-Zertifikate wurden günstiger. Das führte bereits im November zu einer ausgeglichenen Bilanz und im Dezember auch in Verbindung mit einer hohen Windstromerzeugung zu Exportüberschüssen.

Die physikalischen Stromflüsse zeigen einen Importüberschuss von 8,6 TWh gegenüber 27,5 TWh Exportüberschuss in 2022. Die physikalischen Stromflüsse liefern keine Auskunft darüber, ob der Strom tatsächlich im Land verbraucht wurde, oder ob er als Transitstrom an Nachbarländer weitergeleitet wurde. Deshalb macht hier eine Betrachtung für die einzelnen Länder wenig Sinn.

Zahlen der Bundesnetzagentur zum Strommarkt 2023

Die Bundesnetzagentur hat ebenfalls Zahlen zum Strommarkt 2023 veröffentlicht. Sie basieren auf Daten der Strommarktdatenplattform SMARD.de. Die Zahlen weichen im Detail von den Zahlen des Fraunhofer ISE ab – zeigen jedoch die gleichen Trends. Die Statistik geht auch auf die Gründe für die gestiegene Stromerzeugung aus Gas ein.  Im Vergleich zum Vorjahr war die Stromerzeugung mit Erdgas um 31,3 Prozent höher.

Dass trotz des Krieges in der Ukraine und der Bemühungen, Gas zu sparen weiterhin Erdgas zur Stromerzeugung genutzt wurde, wird mit gesunkenen Gaspreisen begründet. Dadurch stieg die Wirtschaftlichkeit von Gaskraftwerken. So fand im Sommer 2023 ein partieller Fuel Switch (Wechsel des Brennstoffes) zwischen Steinkohle und Gas statt. Ein weiterer Grund für den Einsatz von Gaskraftwerken ist deren Flexibilität. Sie herunter- und wieder hochzufahren ist im Vergleich zu Kohlekraftwerken in einer deutlich kürzeren Zeit möglich. pf


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