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Tourismus-EmissionenErster globaler Klimabericht zu Tourismus

Kreuzfahrtschiff in einem Fjord
Der Trend im Tourismus geht hin zu emissionsintensiveren Reisen. (Foto: W. Bulach auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Der Tourismus wächst schneller als die Weltwirtschaft und verursacht immer mehr Emissionen. Eine erste globale Bestandsaufnahme zeigt Versäumnisse und Fortschritte. Dabei birgt der Klimawandel auch für die Branche selbst Gefahren.

09.01.2024 – Ein internationales Team aus mehr als 30 Ländern hat Grundlagenarbeit zu Klimaschutz und Tourismus geleistet. Entstanden ist eine Bestandsaufnahme zu Fortschritten und Versäumnissen der Branche im Kontext der Klimakrise. 40 quantitativ messbare Kriterien schaffen einen Rahmen für zukünftige Klimabilanzen in diesem Wirtschaftssektor.

Tourismusbranche wächst schneller als Weltwirtschaft

Der Report hat Trends und Fakten zusammengetragen. Das Geschäft mit dem Fernweh wächst schneller als die Weltwirtschaft mit einer Tendenz zu längeren und emissionsintensiveren Reisen. Die Branche verursacht heute direkt und indirekt 8 bis 10 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Hinzu kommen regionale Probleme, wenn Tourismus-Hotspots beispielsweise unter Wassermangel oder Hitze leiden und die Urlauber knappe Ressourcen wie Wasser oder Energie zum Kühlen verschwenden. Dennoch fördern viele Länder Tourismus, weil er zur wirtschaftlichen Entwicklung beiträgt.

Wachsender Tourismus führt in den meisten Fällen auch zu mehr Treibhausgasemissionen. Zwischen 1995 und 2019 sind die Emissionen des touristischen Verkehrs um 65 Prozent gestiegen. Der Flugverkehr ist dabei ein wichtiger Treiber: Er macht 26 Prozent aller touristischen nationalen und internationalen Reisen aus und verursacht 75 Prozent der Emissionen. Die Schiene stellt das emissionsärmste Verkehrsmittel im Tourismus dar, auch wenn derzeit dafür vielerorts fossile Brennstoffe genutzt werden. Die Dekarbonisierung des Schienenverkehrs braucht sauberen Strom, an dem es in vielen Ländern nach wie vor mangelt.

Die Treibhausgas-Intensität der Hotelbetriebe verbessert sich in einigen regionalen Märkten allmählich, wird aber ohne Beschleunigung und globale Expansion die Emissionen bis 2030 nicht wie notwendig um 50 Prozent senken können. Der Energiebedarf pro Zimmer blieb konstant, was darauf hindeutet, dass die Emissionsreduzierung eher auf die Dekarbonisierung der Stromversorgung als auf einen geringeren Energieverbrauch im Hotel zurückzuführen ist.

Tourismusemissionen konzentrieren sich in bestimmten Regionen

Die globalen Tourismusemissionen konzentrieren sich stark auf einige wenige einkommensstarke Märkte und -destinationen. So verursachen Reisen nach Italien, Mexiko und Thailand die meisten Emissionen in einer Rangliste von 50 Staaten, bei denen der Tourismus ein starker Wirtschaftszweig ist.  

Klimagerechtigkeit bleibt auf der Strecke

Menschen aus Ländern mit hohem Einkommen verursachen Emissionen in Ländern, die nur begrenzte Mittel haben, den Folgen dieser Entwicklung zu begegnen. Eine Kombination aus hoher Armut, nicht nachhaltiger Tourismusentwicklung und Klimagefahren erschwert den Ländern das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung und verschärft gleichzeitig die Klimaungerechtigkeit in Insel- und Bergdestinationen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Wo keine touristischen Alternativen zu entwickeln sind, wird Unterstützung für diejenigen notwendig, die ihre vom Tourismus abhängige Lebensgrundlage verloren haben.

Tourismus-Branche selbst ist durch Klimawandel stark gefährdet

Die Folgen des Klimawandels treffen auch die Branche selbst. An einigen Reisezielen werden die derzeitigen Formen des Tourismus nicht mehr stattfinden können, so ein Fazit der Bestandaufnahme. Anpassungs- und Resilienzmaßnahmen werden in den Plänen und Strategien zunehmend berücksichtigt, aber die sektorspezifischen Maßnahmen sind nach wie vor fragmentiert, kurzfristig ausgerichtet und ungleich auf Regionen und Reisezieltypen verteilt.

Dem Bericht zufolge ist zudem die Tourismuspolitik noch nicht systematisch in den globalen und nationalen Rahmen für den Klimawandel integriert. In vielen Ländern, in denen der Reiseverkehr einen hohen Anteil an der Wirtschaft ausmacht, fehlt seine Betrachtung in den Klimaschutzplänen. Die Politik befasst sich weder mit der Eindämmung emissionsintensiver Formen des Tourismus, noch schafft sie Anreize für die Entwicklung und Auswahl kohlenstoffarmer Produkte.

Luftverkehr muss in Klimaschutzpläne integriert werden

Die getrennte Behandlung von nationalen und internationalen Luftverkehrs- und Kreuzfahrtschiffen auf internationaler und nationaler Ebene ist eine Governance-Herausforderung für eine wirksame Politik zur Eindämmung der Emissionen. Während der Nachhaltigkeit am Zielort zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt wird, bleiben Reisen zum Zielort oft ausgeschlossen.

Und weiterhin investieren Regierung weltweit Milliarden in Infrastrukturen, die zum einen durch den Klimawandel stark gefährdet sind, zum anderen hohe Treibhausgasemissionen nach sich ziehen. Einen Löwenanteil machen  Mittel für Flughafenprojekte aus. Zudem behindern 732 Milliarden US-Dollar Subventionen für fossile Brennstoffe weltweit die Entwicklung einer kohlenstoffarmen Reisebranche.

Reisebranche sollte ihre Vermögenswerte schützen - die Natur

Ein Fazit des Berichts: Gegenwärtig hat kein Land, kein Reiseziel und kein Teilsektor eine nennenswerte Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Tourismus erreicht. Die zahlreichen Anzeichen für Fortschritte und innovative Lösungen, die in der Bestandsaufnahme ermittelt wurden, müssen dringend ausgeweitet werden.

Isabel Hill, ehemalige Direktorin des National Travel and Tourism Office, USA, bringt es auf den Punkt: „Die Reisebranche muss die tiefgreifenden Risiken des Klimawandels für die für sie grundlegenden Vermögenswerte –Menschen, Planet und Infrastruktur – verinnerlichen und Maßnahmen priorisieren, um sich an die sich schnell ändernden Bedingungen anzupassen und weiteren Schaden zu verhindern. Nur so wird die Branche wirtschaftlich florieren und eine Kraft für das Gute bleiben.“

Der Klimagipfel in Glasgow 2021 hat Klimaziele für den Tourismus formuliert. Die Emissionen sollen bis 2030 halbiert werden, bis 2050 soll der Sektor klimaneutral wirtschaften. Das Tourism Panel On Climate Change TPCC ist ein internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Tourismusexperten, die Klimaschutzwissen und Maßnahmen in der Reise- und Tourismusbranche voranbringen wollen. Es konstituierte sich 2022. pf

Zum Bericht des Tourism Panel On Climate Change TPCC


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