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ÖkostromGreenwashing beim Stromeinkauf

Apfelbaum im Hintergrund Schornsteine
Nicht jedes Unternehmen, das sich mit einem Ökostrom-Label schmückt, kauft tatsächlich Strom aus Erneuerbaren Energien ein. Ein legaler Trick macht’s möglich. (Foto: Pixel2013 auf Pixnio / CCO)

Unternehmen werben häufig mit einem Ökostrom-Label. Doch viele kaufen lediglich Herkunftsnachweise von Grünstrom. Die wenigsten investieren in Erneuerbare-Energien-Anlagen oder beziehen Strom direkt aus Solar- und Windkraftanlagen.

31.08.2021 – Statt tatsächlich Strom aus Erneuerbaren Energien zu kaufen, setzen Unternehmen offenbar häufig auf den normalen Strommix und kaufen zusätzlich günstige Grünstromzertifikate, zum Beispiel von norwegischen Wasserkraftwerken. So wird Strom aus Kohle, Gas oder Atomkraft mit Hilfe der so genannten Herkunftsnachweise lediglich umetikettiert.

Dieses Vorgehen ist zwar legal, Investitionen in den Bau neuer Erneuerbarer-Energien-Anlagen und damit in die Energiewende sind damit aber nicht verbunden. Den Kunden wird damit Engagement für den Klimaschutz nur vorgetäuscht. Greenwashing nennt man solch wenig wirksamen Klimaschutzmaßnahmen.

Zu dieser Einschätzung gelangt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Sie hatte 66 der größten Stromverbraucher in Deutschland zu ihrem Bezug von Ökostrom befragt. 19 Unternehmen beantworteten die Fragen, sie repräsentieren mit ihrem Stromverbrauch etwa drei Prozent der Nettostromerzeugung in Deutschland.

Nur wenige Unternehmen investieren in echten Klimaschutz

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, kritisiert: „Wo bei den befragten Unternehmen Ökostrom draufsteht, ist nicht immer Klimaschutz drin. Die wenigsten Unternehmen investieren in den Bau neuer Erneuerbarer-Energien-Anlagen – eine unerlässliche Voraussetzung für den Klimaschutz.“ Der Kauf von billigen Ökostrom-Zertifikaten von alten Wasserkraftwerken ist seiner Meinung nach unredlich und sollte unterbunden werden. Die Unternehmen sollten statt in Herkunftsnachweise in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren oder direkte Strombeschaffungsverträge abschließen, so die Forderung des Umwelt- und Verbrauchschutzverbandes.

Gleichzeitig fordert Zerger die nächste Bundesregierung auf, eine Umetikettierung von konventionellem Strom zu untersagen, da diese Praxis die Energiewende in Deutschland durch ausbleibende Investitionen regelrecht ausbremse.

Von den insgesamt 66 angeschriebenen Unternehmen hat der Umwelt- und Verbraucherschutzverband 19 Rückmeldungen erhalten. 12 Unternehmen betreiben demnach eigene Erneuerbare-Energien-Anlagen. 7 Unternehmen haben direkte Bezugsverträge mit Erneuerbare-Energien-Anlagen aus dem Inland abgeschlossen. Neben diesen Bezugsquellen bestätigten außerdem 9 Unternehmen die Nutzung von Herkunftsnachweisen. Die 47 verbleibenden Unternehmen wollten sich auch nach wiederholten Erinnerungen und persönlicher Ansprache nicht an der Umfrage beteiligen.

Dreimal mehr umetikettierter Strom als echter Ökostrom

Obwohl laut der Befragung einige Unternehmen bereits auf echten Ökostrom setzen, sind die bezogenen Strommengen im Vergleich zu den Strommengen, die aus eingesetzten Herkunftsnachweisen stammen, gering. Laut Berechnungen der DUH wird über die Beschaffungsoption der Herkunftsnachweise in Kombination mit konventionellem Börsenstrom die dreifache Menge Strom gegenüber der echten Ökostrommenge bezogen.

Die Broschüre „Woher kommt der Ökostrom“ erläutert Hintergründe zu Herkunftsnachweisen, Methodik und Ergebnisse der Befragung sowie die Forderungen, die die DUH aus diesen Erkenntnissen ableitet.

Auch Klimaneutralität von Produkten braucht mehr Transparenz

Nicht nur beim Strombezug, auch bei der Klimaneutralität ihrer Produkte geben Unternehmen oft vollmundige und wenig transparente Versprechen. Von der klimaneutralen Paketzustellung bis zur Flugreise – was bedeuten die Neutralitätsziele der Unternehmen genau und ist das gesetzte Ziel ambitioniert? Welche Rolle spielt Offsetting – der Ankauf von Klimaschutzzertifikaten und deren Anrechnung auf das eigene Klimaschutzziel?

Das Wuppertal Instituts hat genauer hingeschaut und Empfehlungen erarbeitet, wie Unternehmen ihre Neutralitätsziele formulieren sollten.

Die von Unternehmen zur Kompensation genutzten Klimaschutz-Zertifikate sollten demnach dem Gesichtspunkt der Zusätzlichkeit entsprechen. Sie sollten aus Projekten stammen, die ohne deren Vermarktung nicht durchgeführt worden wären und nachweisbar einen Klimaschutz-Effekt erzielen, der über die von den Staaten unter dem Pariser Klimaabkommen gemachten Zusagen hinausgeht.

Wenn Unternehmen hingegen ihre Klimaschutz-Ziele ausschließlich durch Offsetting erreichen, die genutzten Klimaschutz-Zertifikate mangelhafter Qualität sind oder gar mehrfach genutzt würden, könnte dies die Glaubwürdigkeit des unternehmerischen Klimaschutzes nachhaltig beschädigen. Damit ginge nicht nur die positive Dynamik verloren, sondern es würden auch die vielen Unternehmen bestraft, die ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen umsetzen.

Klimaschutzzertifikate sind nur ein Baustein, unternehmerischer Klimaschutz ist mehr

Die Autoren sprechen sich für eine robuste Datenbasis als Grundlage von Neutralitätszielen aus, betonen die Bedeutung einer transparenten Kommunikation und zeigen auf, welche Rolle Offsetting spielen sollte. So sollten angekaufte Klimaschutz-Zertifikate einen möglichst begrenzten Beitrag zur Zielerfüllung leisten und ausschließlich zum Ausgleich von Emissionen genutzt werden, die nicht reduziert oder vermieden werden können. Insgesamt sollten Neutralitätsziele nicht zum alleinigen Kriterium für ambitionierten Klimaschutz von Unternehmen gemacht werden, sie stellen vielmehr ein Baustein einer weitaus umfassenderen unternehmerischen Klimaschutzstrategie dar. pf


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