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Kohle, Öl und GasGroßbritannien auf fossilem Kurs

Westminster, Sitz des britischen Parlaments in London, UK
Die neue Regierung Großbritanniens genehmigt neue fossile Projekte. Klimaschützer fordern grünen Wandel statt Kohlejobs. (Bild: Kayo da Silva / pixabay)

Klimazusagen und Net-Zero zum trotz gibt Großbritannien neuen fossilen Projekten grünes Licht. Zum ersten Mal seit 30 Jahren wurde auch eine neue Kohlegrube genehmigt. Klimaschützer kündigten Klagen gegen den fossilen Kurs der Regierung an.

14.12.2022 – Während in der EU immer mehr Länder einen Kohleausstieg planen, soll sie in Whitehaven in Cumbria nun wieder gefördert werden. Auch neue Offshore Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee wurden genehmigt. Klimaschützer fordern Maßnahmen für einen grünen Wandel und ein Ende sinnloser Investitionen in Fossile.

Fossile Kehrtwende

Erst im vergangenen Jahr richtete Großbritannien die 26. Internationale Klimakonferenz in Glasgow aus. Dem Climate Action Tracker zufolge war das Vereinigte Königreich bisher neben Norwegen das einzige Land Europas, dessen Klimamaßnahmen mit den Pariser Klimazielen ‚fast ausreichend‘ vereinbar waren.

Derzeit vollzieht die neue Regierung in Westminster jedoch eine Kehrtwende. Bereits im Sommer war bekannt geworden, dass bis zu 130 neue Gas- und Ölexplorationsprojekte an fast 900 Standorten in der Nordsee genehmigt werden sollen. Am vergangenen Donnerstag gab Minister Michael Gove außerdem grünes Licht für die erste neue Kohlemine seit 30 Jahren. Rund 3,1 Millionen Tonnen Kohle will der Betreiber Cumbria Mining dort jährlich produzieren.

Glück auf?

Pläne für die Mine wurden bereits seit einigen Jahren diskutiert, lagen zwischenzeitlich aber im Zuge der Klimaverhandlungen auf Eis. Offiziell soll die Kohle für die Stahlproduktion vor Ort eingesetzt werden. Die Regierung argumentiert, dass die Stahlindustrie unterstützt und Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden sollten, wie der Guardian berichtet. Klimaschützer und Kritiker bezweifeln, dass die Kohle für die britische Stahlproduktion genutzt werden kann und fordern Investitionen in einen grünen Wirtschaftswandel statt Kohlejobs.

Eine Kurzanalyse der Klimaschutzgruppe South Lakes Action on Climate Change towards transition (SLACCtt) ergab, dass die Kohle in Cumbria stark schwefelhaltig ist. Um sie verbrennen zu dürfen, müssten Stahlhersteller in umfangreiche Filtermaßnahmen investieren.

Ob die Industrie dazu bereit wäre, erscheint äußerst fragwürdig. Die nationalen Klimaschutzpläne machen einen Umstieg auf saubere Energietechnologien in absehbarer Zeit erforderlich. Abnahmeverträge mit den beiden großen britischen Stahlherstellern – British Steel in Scunthorpe und Tata in Port Talbot gibt es bisher nicht. Einer der Stahlriesen dementiert zudem Interesse an der Kohle aus Cumbria. Man habe sich nicht für die Mine eingesetzt, hieß es.

Klimaschützer kündigen Klagen an

Kampaigner von Greenpeace und Friends of the Earth verurteilten die Genehmigungen als sinnlosen Rückschritt im Kampf gegen die Klimakrise und kündigten Klagen an. Auch gegen die hohen Energiepreise hätten die fossilen Projekte nichts beizutragen. Zum einen sei es unwahrscheinlich, dass die Explorationsprojekte innerhalb des kommenden Jahrzehnts größere Mengen an Gas oder Öl liefern werden, so Greenpeace. Der hohe Schwefelgehalt der Kohle in Cumbria mache es wahrscheinlich, dass die fossilen Energieträger später vor allem exportiert werden würden.

Dies bestätigt auch das Climate Change Committee (CCC), ein unabhängiges Beratungsgremium der Regierung in Klimaschutzfragen. Das CCC bestätigte, dass rund 85 Prozent der Kohle für den Export nach Europa vorgesehen seien. Zudem wurde bereits zu Beginn des Jahres in einem Brief angemahnt, dass die geplante Mine den globalen CO2-Ausstoß erhöhen und das britische Restbudget deutlich belasten würde. Auch die Signalwirkung eines solchen Projekts sei vor dem Hintergrund der britischen Klimazusagen ungünstig, so das CCC.

Grüner Wirtschaftswandel gefordert

Tony Bosworth, Energiereferent von Friends of the Earth, sorgte sich sowohl um den CO2-Ausstoß als auch um die Wirtschaftlichkeit der neuen Mine. Der Markt für die Kohle aus dem Bergwerk verschwinde bereits, da die Stahlindustrie rasch in eine umweltfreundliche Produktion investiere. Statt weiter auf Fossile zu setzen, müsste gerade in Regionen wie Cumbria in den grünen Wirtschaftswandel investiert werden, forderte Bosworth.

Der neue Premierminister Rishi Sunak hatte erst kürzlich verkündet, Großbritannien zu einer ‚Supermacht der sauberen Energien‘ machen zu wollen. Ben Stewart von Greenpeace UK findet die Genehmigung der neuen Mine auch deshalb heuchlerisch. Gegenüber dem Rest der Welt seien neue fossile Projekte von einem Land wie Großbritannien nicht vertretbar. „We think we’re holier than thou, but they think we’re actually coalier than thou”, schreibt Stewart in einem Blogbeitrag. Frei übersetzt bedeutet das so viel wie „In unseren Köpfen sind wir überlegen. Der Rest der Welt denkt, dass wir sie verkohlen.“ jb


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