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RohstoffeHeißes Eisen – Bergbau treibt Klimakrise an

Grafik mit Autos, Flugzeug, Gebäude, Computer, Windrad
Ein anderer Umgang mit Rohstoffen ist notwendig. (Grafik: PowerShift e.V./Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Eisen, Kupfer, Aluminium – der Rohstoffhunger der Wirtschaft ist ungebrochen. Aber Bergbau und Erzaufbereitung verbrauchen viel Energie. Die Klimakrise erzwingt eine Rohstoffwende. Wir müssen wertvolle Ressourcen lange nutzen und im Kreislauf halten.

25.01.2022 – Heute jährt sich zum dritten Mal das Unglück in der Eisenerzmine in Brumadinho, Brasilien. Der Damm eines Rückhaltebeckens brach, 270 Menschen starben, Schlammmassen verwüsteten das Tal. Noch immer kämpft die Region mit den Folgen. Deutschland bezieht die Hälfte seines Erzes aus Brasilien.

Unser Rohstoffhunger sorgt für zerschlissene Landschaften in aller Welt. Eine aktuelle Publikation der Umweltorganisation PowerShift weist anhand eindrucksvoller Zahlenden auf den Kern des Problems: Der Ruf nach neuen Technologien hat auch Schattenseiten – er muss mit Verantwortung einhergehen und der längst überfälligen Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft.

Mehr als zehn Prozent der globalen CO₂-Emissionen, die Abholzung der Regenwälder und ein immenser Wasserverbrauch gehen auf die Gewinnung und Weiterverarbeitung von Metallen zurück. Internationale Energieagentur, Weltbank und führende Analysten legen ihren Zukunftsszenarien gleichzeitig weiter steigende Rohstoffmengen zugrunde.

„Das einseitige Vertrauen auf technologische Lösungen der Klimakrise ist blind für die Gefahren durch die Rohstoffverarbeitung", erklärt der Autor der Studie, Michael Reckordt von PowerShift. „Seit Jahren beobachten wir Proteste gegen Bergbauprojekte, Umweltkatastrophen und Menschenrechtsverletzungen. Die Erkenntnis daraus ist, dass Deutschland eine Rohstoffwende initiieren sollte, die den absoluten Verbrauch von bergbaulich gewonnenen Rohstoffen reduziert und menschenrechtliche sowie ökologische Standards stärkt."

Beispiel Verkehr

Schon heute sei Deutschland einer der fünf größten Verbraucher dieser Rohstoffe. Mehr als ein Viertel des verwendeten Stahls geht in den Automobilsektor, ebenso wie knapp zehn Prozent des Kupfers. Auch Aluminium gewinnt in diesem Sektor zunehmend an Bedeutung. So heizt allein die Rohstoffnachfrage der Autos die Klimakrise an.

In der Bilanz der Elektroautos wird häufig nur der CO2-Fußabdruck in der Nutzungsphase gesehen, nicht aber der Rohstoffverbrauch. Denn der Austausch der gesamten PKW-Flotte hätte einen immensen Materialfußabdruck.

Beispiel Energieerzeugungsanlagen

Die Publikation von PowerShift verweist auf eine Rechnung französischer Wissenschaftler: Die globale Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare bis zum Jahr 2050 würde 3,2 Milliarden Tonnen Stahl, 310 Millionen Tonnen Aluminium und 40 Millionen Tonnen Kupfer benötigen. Die Studie stammt aus dem Jahr 2013. Herstellung und Materialverbrauch bei Photovoltaik und Windkraft haben sich weiterentwickelt, auch weil Rohstoffe teurer werden. Dennoch ist fakt: Erneuerbare-Energien-Anlagen sind auf Metalle und andere Rohstoffe angewiesen.

Beispiel Digitalisierung

Auch die Digitalisierung braucht Rohstoffe. Nach Angaben der Deutschen Rohstoffagentur waren 2018 rund 150 Millionen Speichermedien – HDD- und SSD-Festplatten sowie Magnetbänder - in Rechenzentren im Einsatz. Je nach Datennutzung in der Zukunft könnten es im Jahr 2040 in einem mittleren Szenario bis zu 600 Millionen, im Extremszenario bis zu 26 Milliarden Speichermedien sein. Schon das mittlere Szenario würde die Nutzung der Rohstoffe Platin und Ruthenium über die heutige, bergbauliche Produktion heben.

Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke

Die Rohstoffnutzung ist zudem ungerecht. Neben den schädlichen Umweltwirkungen vor Ort hat die dem Kolonialismus verbundene Ausbeutung dazu geführt, dass die Länder des Globalen Nordens in ihrer heutigen Infrastruktur für Wohnen, Mobilität oder Energiegewinnung weitaus mehr dieser Rohstoffe nutzen als Länder des Globalen Südens. In Ländern mit hohem Bruttoinlandsprodukt wurden inzwischen mehr Rohstoffe verbraucht als ein global gerechter Durchschnitt ermöglichen würde.

Die Studie zeigt, woher Deutschland seine Metalle importiert, welchen CO2-Fußabdruck der Bergbau und die Aufbereitung der Erze und Metalle hinterlässt. Ein Weiter-So beim Rohstoffabbau ist nicht mit den Klimazielen vereinbar. Auch dafür gibt es wissenschaftliche Belege.

Plädoyer für eine Rohstoffwende

Der Schlüssel liegt in einer Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Materialverbrauch. Eine bestmögliche Kreislaufnutzung sei Grundvoraussetzung, um in Zukunft überhaupt in großem Umfang metallische Rohstoffe zu nutzen. Kurzfristig helfe sie CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren. Bei der Gewinnung von recyceltem Aluminium entstehen beispielsweise nur circa fünf Prozent der Emissionen im Vergleich zur Primärgewinnung von Aluminium aus Bauxit. Kupfer-Rezyklate erzeugen 30 bis 80 Prozent weniger Emissionen. Auch bei Stahl gibt es große Einsparungspotenziale.

Das Fazit der Studie: Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, führt kein Weg an einer grundlegenden Rohstoffwende vorbei. Sie muss den absoluten Verbrauch an metallischen Primärrohstoffen deutlich reduzieren. Möglichst viele Erze müssen im Boden bleiben. Die Rohstoffe, die wir heute schon nutzen, müssen gerecht verteilt, im Kreislauf und lange in der Nutzung gehalten werden. Im Jahr 2050 müssten – je nach Rohstoff – schätzungsweise 54 bis 87 Prozent der genutzten Rohstoffe aus dem Recycling kommen, im Jahr 2100 dann 84 bis 100 Prozent. pf


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