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McKinseyIndex misst Fortschritte bei Energiewende

Nahaufnahme Strommast
Die Analysten von McKinsey messen die Fortschritte bei der Energiewende anhand von 15 Indikatoren. (Foto: PxHere /CC0 1.0)

Die Energiewende ist nur teilweise auf Kurs. Lediglich bei vier von 15 Indikatoren halten die Analysten von McKinsey eine Zielerreichung für realistisch. Erstmals prognostizieren sie auch den Wasserstoffbedarf in Deutschland für das Jahr 2050.

07.09.2021 – Halbjährlich evaluiert die Unternehmensberatung McKinsey die Fortschritte bei der Energiewende in Deutschland. Anhand von 15 Indikatoren beurteilen die Strategieberater Fortschritte oder Stillstand und haben dabei neben Klima- und Umweltschutz auch Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit im Blick. Dabei hat jeder Indikator einen Start- und einen Zielwert. Aus den bereits seit 2012 kontinuierlich ermittelten Werten leiten die Berater Aussagen zur Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung ab.

Aktuell wurden im Energiewendeindex die Indikatoren für erste Halbjahr 2021 ermittelt und denen des zweiten Halbjahrs 2020 gegenübergestellt. Nur bei vier Indikatoren scheint die Zielerreichung absehbar stabil. Für fünf Indikatoren gilt: Zielerreichung unrealistisch. Die guten Ergebnisse von weiteren sechs Indikatoren – darunter Emissionen, Primär- und Endenergieverbrauch – sind dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit nur temporär, weil sie auf Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen zurückzuführen sind.

„Alles in allem haben die Corona-Effekte keine nachhaltige Trendwende eingeleitet, im Gegenteil. Vieles deutet darauf hin, dass die für die Energiewende positiven Rekordergebnisse aus dem Jahr 2020 mit der Wiederbelebung der Wirtschaft nach dem Ende der Schutzmaßnahmen wieder passé sein werden“, urteilt Thomas Vahlenkamp, Senior-Berater bei McKinsey.

Vier Felder mit positiver Entwicklung

Bei diesen vier Indikatoren scheint die Zielerreichung realistisch: dem Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch, bei den Gesamtenergiekosten der Haushalte, der verfügbaren Kapazität für Importe aus Nachbarländern und bei der Versorgungssicherheit (Indikator Ausfall Stromversorgung).

Sechs Felder mit unsicherer Zielerreichung

Momentan noch als realistisch, jedoch als auf der Kippe stehend werden folgende sechs Indikatoren eingestuft: Beim CO2-Ausstoß wurden die Minderungsziele sogar übererfüllt, doch die jüngsten Beschlüsse machen den Reduktionspfad bis 2030 noch steiler. 30 Millionen Tonnen müssen jährlich bis 2030 eingespart werden, das geht nicht ohne einschneidende Maßnahmen. Bisher gingen im Schnitt der letzten zehn Jahre die Emissionen lediglich um 20 Millionen Tonnen pro Jahr zurück. Der Primärenergieverbrauch ist ebenfalls kräftig gesunden. Doch dies ist kein Trend, sondern der Pandemie geschuldet. Die Analysten erwarten eine Verschlechterung der Verbrauchsbilanz.

Auch der im letzten Jahr stark gestiegene Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch geht zum großen Teil auf den geringeren Bruttoendenergieverbrauch während der Pandemie zurück. Weitere Fortschritte resultieren aus dem Erneuerbaren-Ausbau im Stromsektor. Allerdings erzielt Deutschland kaum Fortschritte, bei der Reduzierung des Wärmebedarfs. Bleibt es beim bisherigen Tempo, wird Deutschland voraussichtlich schon ab kommendem Jahr hinter den geplanten Ausbaupfad zurückfallen.

Bei zwei Indikatoren halten sich die Analysten mit einer klaren Einschätzung zurück: Bei der Zahl der Arbeitsplätze in den Erneuerbaren Energien gibt es keine neuen Daten, die Analysten sehen keinen eindeutig positiven Trend.  Die gesicherte Reservemarge (gesicherte Kraftwerkskapazität im Verhältnis zur Spitzenlast) liegt derzeit auf Kurs, wird aber mit dem Kohle- und Atomausstieg sukzessive schrumpfen.

Fünf Felder können die gesteckten Ziele nicht erreichen

Verkehr: Zwar wurden in den vergangenen zwölf Monaten viele Elektrofahrzeuge zugelassen – doch um auf dem Zielpfad zu bleiben, müssten heute bereits 1,3 Millionen Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren, aktuell ist es lediglich gut die Hälfte. Der Verkehrssektor bleibt ein Sorgenkind der Energiewende.

Die Kosten für Netzeingriffe verfehlen erneut das Ziel von 1 Euro pro Megawattstunde und verbleiben mit aktuell 7,6 Euro pro MWh bis auf Weiteres in der Kategorie „unrealistisch“. Leichte Fortschritte vermeldet der Ausbau der Transportnetze: 1.697 wurden fertiggestellt, der Jahreszielwert von rund 4.000 Kilometer aber bleibt weiter unerreicht.  Der deutsche Haushaltsstrompreis ist im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern immer noch zu hoch – um 48 Prozent übersteigt er den europäischen Durchschnitt. Das Ziel liegt hier bei maximal 25 Prozent Abweichung und ist nach Meinung der Analysten nicht mehr realistisch zu erreichen.

Der Industriestrompreis ist ein weiterer Indikator, jedoch wurde die Systematik durch veränderte Berechnungsmethoden durchbrochen. Die Analysten gehen davon aus, dass der Industriestrompreis in Deutschland bisher methodisch unterschätzt wurde, der Indikator auf gerade einmal auf drei Prozent Zielerreichung kommt.

Landkarte prognostiziert Wasserstoffbedarf 2050 in Deutschland

Über die geografische Verteilung des Wasserstoffbedarfs in Deutschland bis 2050 gibt erstmals eine Wasserstoffkarte Aufschluss, die McKinsey durch die Verknüpfung von Nachfrage- und Geodaten für drei Szenarien erstellt hat. Für das Jahr 2050 ergibt die Analyse für Deutschland insgesamt fünf Gebiets-Cluster mit jeweils unterschiedlichen Bedarfsprofilen. Im progressiven 1,5-Grad-Szenario findet sich der größte Bedarf mit 3,5 Millionen Tonnen Wasserstoff im dicht besiedelten Rhein-Ruhr-Gebiet. Hier treiben die Strahl- und Ammoniakproduktion sowie Stromerzeugung und Gebäudeheizung die Nachfrage.

Auf Platz zwei folgt mit drei Millionen Tonnen das Gebiet Rhein-Main-Neckar mit Ludwigshafen als Standort der Chemieindustrie und dem Frankfurter Flughafen als Luftverkehrszentrum. Jeweils zwei Millionen Tonnen werden außerdem in den Clustern Nordwest- und Mitteldeutschland erwartet und weitere 1,5 Millionen Tonnen in der Region Oberbayern. Auch in diesen kleineren Clustern sind Stahl- und Energiestandorte, der Luftverkehr sowie die Wärmeerzeugung von Gebäuden in Ballungsgebieten Haupttreiber des künftigen Wasserstoffbedarfs. Außerhalb der fünf Gebiets-Cluster ergibt sich ein Bedarf von 2,6 Millionen Tonnen vor allem für Wärme- und Transportanwendungen. pf


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