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KohleausstiegMehr Versicherungen ziehen sich aus dem Kohlegeschäft zurück

Kohleschaufel gräbt sich in die Erde im Kohletagebau
Im Angesicht der Klimakrise fordern immer mehr Menschen den Ausstieg aus der klima- und umweltschädlichen Kohleförderung. (Foto: Pixabay / Freie kommerzielle Nutzung)

Die Zahl der Versicherer, die eine Deckung für Kohlegeschäfte kündigen, hat sich 2019 verdoppelt. Der Rückzug der Branche aus dem klimaschädlichen Sektor beschleunigt sich auch über Europa hinaus. Nachzügler geraten jetzt zunehmend unter Druck.

04.12.2019 –Die Zahl der Versicherer, die die Absicherung von Kohle eingeschränkt haben, hat sich seit Beginn 2019 verdoppelt. Inzwischen haben laut Angaben des NGO-Netzwerks Unfriend Coal und der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald 17 der weltweit größten Versicherer ihre Kohlegeschäfte reduziert. Diese kontrollieren zusammen rund 46 Prozent des Rückversicherungs- und knapp 10 Prozent des Direktversicherungsmarktes.

Allianz und Munich Re sollten sich Axa und Swiss Re zum Vorbild beim Kohleausstieg nehmen, fordern die NGOs, und die Versicherung neuer Kohleminen und -kraftwerke beenden. Denn in der neuen Kohle-Richtlinie hat der französische Allianz-Konkurrent AXA soeben weitere Einschränkungen seiner klimaschädlichen Kohlegeschäfte angekündigt, berichtet urgewald. Der Konzern beende ab sofort die Versicherung von und Investitionen in Unternehmen, die neue Kohlekraftwerke oder -minen planen. Zudem plane AXA, ab 2030 – allerdings nur in den EU- und OECD-Ländern – komplett kohlefrei zu sein; ab 2040 dann auch weltweit. AXA habe sich zudem der Net Zero Asset Owner Alliance angeschlossen, deren Mitglieder ihre Portfolios dem 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens entsprechend gestalten wollen. In Artikel 2, Absatz c des Klimaabkommens von Paris verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten, dass die „Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.“ In den meisten Ländern weltweit ist die Energieerzeugung aus Kohlekraft leicht im Rückgang.

Das Fazit der neuen Analyse zur Kohle-Versicherungsindustrie des globalen NGO-Netzwerks Unfriend Coal wurde in dieser Woche auf der Konferenz der Versicherer Insurance & Climate Risk in London sowie auf der noch tagenden UN-Klimakonferenz in Madrid vorgestellt. Die NGOs Unfriend Coal und urgewald machen den Versicherern seit Jahren Druck und bringen das Thema aufs Klimakrisen-Parkett.

Kohlefrei bis 2040 ist zu spät für unser Klima

Im Wettlauf um die ehrgeizigsten Klimaziele habe AXA den Konkurrenten Allianz jetzt überholt, kommentiert Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, die Ankündigungen des Konzerns. „Die Allianz hat versprochen, bei Versicherungen und Investitionen erst bis 2040 kohlefrei zu sein. Für EU- und OECD-Länder ist das zehn Jahre zu spät, wenn wir die Klimaziele ernst nehmen. Gleiches gilt für Talanx und Hannover Re, die 2038 als Enddatum haben.“ Der deutsche Rückversicherungsriese Munich Re habe bislang noch gar kein Kohleausstiegsdatum genannt. Dabei dränge die Klimakrise zum schnellen Handeln. Da können auch die Versicherungskonzerne jetzt nicht mehr wegschauen.

Der Versicherer Allianz nimmt einen siebten Platz im internationalen Versicherer-Ranking der Kohle ein und hatte im Frühjahr 2018 angekündigt, seine Investitionen in Kohle weiter einzuschränken und künftig auch keine Projekte für Kohlekraftwerke und Kohleminen mehr zu versichern. Bis 2040 will das Unternehmen laut eigenen Aussagen komplett aus dem Geschäft mit der Kohle aussteigen. Doch im Gegensatz zu anderen Versicherern wie der Zurich schließe die Allianz klimaschädliche Öl- und Teersandfirmen nicht von Geschäften aus und versichere zudem weiterhin Unternehmen, die Kohlekraftwerke betreiben, so die Beobachtung der NGOs. Zudem gelte der Abzug von Kohle-Investitionen nur für die Eigenanlagen, nicht für die deutlich größere Anlagesumme, die Allianz für externe Kunden verwaltet, kritisieren Beobachter. Klimafreundlich sieht also anders aus.

Die Schweizer Konkurrenz Swiss Re bzw. Zurich, schließen laut eigenen Aussagen die Absicherung bereits bestehender Kohleprojekte und auch Geschäfte mit Unternehmen im Kohlesektor unter bestimmten Bedingungen aus, berichtet Unfriend Coal.

Im Visier der NGOs steht Munich Re. Hier liege noch kein Plan vor, bis wann der Konzern seine Kohlegeschäfte einstellen wolle. Bislang schließe der Versicherer lediglich die Rückversicherung für konkrete Kohleprojekte aus. Weiterhin rückversichert werden laufende Kohlekraftwerke und bestehende Kohleminen.

Verpflichtung der Versicherer im Zeichen der Klimakrise

„Angesichts der Klimakrise reichen die Schritte der deutschen Versicherer bei allem guten Willen nicht aus. Vor allem sollten sie aufhören, laufende Kohlekraftwerke zu versichern, deren CO2-Emissionen Tag für Tag die Chancen senken, dass wir die Pariser Klimaziele noch erreichen können“, sagt Richter. „Es ist gut, dass sie in Unternehmen wie Axa und Swiss Re Vorbilder haben, um beim Klimaschutz noch besser zu werden.“

Mit Blick auf die gesamte Industrie meint Richter, dass die Einschränkung von Kohleversicherungen bereits Wirkung zeige. „Versicherungsmakler berichten, dass die Kosten für die Versicherung von Kohle mit dem Schrumpfen des Marktes steigen dürften. Das ist eine gute Nachricht für das Klima und eine Aufforderung an die Versicherungskonzerne, noch konsequenter Kohle und andere fossile Energieträger auszuschließen.“ Die Konzerne stehen in der Pflicht, sagt Peter Bosshard, Koordinator der Unfriend Coal-Kampagne. „Versicherer sollen die Risiken der Gesellschaft absichern. Es ist ihre Verantwortung und in ihrem Eigeninteresse, einen Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten.“ na


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