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Europäische InvestitionsbankNGOs werfen der EIB entwicklungspolitisches Versagen vor

Sitz der Europäischen Investitionsbank EIB in Luxemburg, gläsernes Verwaltungsgebäude
Sitzt im Glashaus, ist aber trotzdem nicht transparent genug: Die Europäische Investitionsbank EIB. (Foto: Palauenc05 / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0)

Die Europäische Investitionsbank sieht ihre Aufgabe zukünftig als EU-Entwicklungsbank. Doch Kritiker halten die EIB dafür gerade nicht geeignet. Sie vermissen Transparenz und eine sozial-ökologische Linie bei der Finanzierung von Projekten.

11.11.2020 – In dieser Woche treffen sich die Entwicklungsbanken zur Konferenz Finance Common. Die Europäische Investitionsbank (EIB) zählt dabei zu den wichtigen Akteuren unter den Förderbanken. Nun hat die EIB angekündigt, dass sie EU-Entwicklungsbank werden will. Doch für diese Aufgabe halten viele Beobachter die EIB für nicht geeignet.

Als Finanzierungsinstrument der EU ist die Bank zuständig für die Vergabe von Fördermaßnahmen und Krediten an öffentliche und private Institutionen. Kapitaleigner der Europäischen Investitionsbank sind die Mitgliedsstaaten der EU, deren Anteile sich nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht innerhalb der EU zum Zeitpunkt ihres Beitritts ergeben. Auf globaler Ebene repräsentieren die 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen etwa ein Drittel des Kapitals der Weltbank.Auf europäischer Ebene führt die EU ihre bilaterale Entwicklungsfinanzierung über die Europäische Investitionsbank durch.

Im Pariser Abkommen ist die Vereinbarung verankert, dass 50 Prozent der Förderung von Klimapolitik in Maßnahmen zur Emissionsminderung und 50 Prozent in Anpassungsmaßnahmen gehen sollen. Doch Berichte von NGOS zeigen, dass die europäischen Institutionen insgesamt nur etwa ein Drittel der Klimafinanzierung in Anpassungsmaßnahmen investieren. Die Europäische Investitionsbank bevorzuge Maßnahmen zur Minderung von Emissionen in Länder, die über bereits entwickelte Industrien und Infrastrukturen verfügen. Das gehe zu Lasten der armen Länder.

Die EU braucht eine Entwicklungsbank mit gemeinsamen Nachhaltigkeitszielen

Mit der Corona-Krise und dem damit drohenden Zusammenbruch globaler Wertschöpfungs- und Handelsketten drohen arme Staaten weiter zurückgeworfen zu werden. Armut nimmt zu und der Kampf gegen die Folgen des Klimawandels rückt in den Hintergrund. Laut Weltbank drohen allein durch Dürren und Hungersnöte bis zum Jahr 2030 schätzungsweise 100 Millionen mehr Menschen in extremer Armut zu leben.

Die gegenwärtige Infrastruktur zur kreditfinanzierten Entwicklungszusammenarbeit besteht aus 19 nationalen Entwicklungsbanken, davon vier bilateralen Banken, sowie der global agierenden Europäischen Investitionsbank sowie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die wiederum vornehmlich in Osteuropa agiert. Das führe zu einem Flickenteppich in der Europäischen Entwicklungspolitik, beklagen politische Experten.

Die Gründung einer einheitlich agierenden EU-Entwicklungsbank wird seit Jahren diskutiert. Die EU plant nun, ihre Entwicklungsfinanzierung in einer Institution zusammenführen.

Die EIB ist der weltweit größte multilaterale Geldgeber mit Kerngeschäft in Europa. Auch in Schwellen- und Entwicklungsländern investiert die Bank. Das europäische Finanzinstitut will sich daher für diese Aufgabe bewerben – und sieht sich dafür prädestiniert. Momentan laufen bereits rund 30 Prozent des EU-Budgets für Entwicklungshilfe über die EIB.  Es könne effizient und kostengünstig auf vorhandene Strukturen zurückgegriffen und mehr privates Kapital mobilisiert werden, meint EIB-Chef Werner Hoyer.

NGO-Bericht: Der EIB fehlt die notwendige Kompetenz

Doch die NGO-Koalition Counter Balance hält dagegen und legt nun zur Konferenz einen Bericht vor. Darin warnt sie die Bank, ihre Kompetenzen unbedacht auszuweiten. Denn es mangele der EIB an Transparenz – insbesondere bei der Vergabe von Krediten würden Menschenrechte zu wenig berücksichtigt. Die NGOs raten der EIB, in diesem und weiteren Punkten, etwa zum nachhaltigen Klimaschutz, generell umzudenken. Es brauche dafür auch mehr Personal in der Beschwerde-Abteilung. Denn es werden jedes Jahr eine Menge Beschwerden an die EIB herangetragen, der Großteil von außerhalb der EU. Die Reaktionen kämen oft verzögert oder zu spät für die Betroffenen, kritisieren die NGOs. Die EIB habe sich mit der Überwachung außereuropäischer Großprojekten bislang schwergetan. Bevor die EIB also EU-Entwicklungsbank werden sollte, wären vorher noch viele Hausaufgaben zu machen, kommentieren die NGOs das Vorpreschen der EIB.

Menschenrechte fallen unter den Tisch

Der Bericht beleuchtet die früheren Entwicklungsaktivitäten der EIB. Seit 25 Jahren beobachten die Organisationen die Tätigkeiten der Bank. Hartes Fazit: Es fehlten Fachwissen, Fähigkeiten, Humanressourcen und geeignete Verfahrensweisen. Die Autoren geben eine Reihe von Empfehlungen für grundlegende Reformen.  Eine neue politische Ausrichtung könnte es der Bank ermöglichen, die Entwicklungsschwerpunkte der Partnerländer gezielter und besser zu unterstützen – und damit ein glaubwürdiger Kandidat für den Sitz einer EU-Entwicklungsbank zu werden.

Größter Kritikpunkt: Die Bank unterstütze Projekte, die gegen Menschenrechte verstoßen, das werde bei der Kreditvergabe nicht geprüft. Menschenrechtsfragen würden beim EIB-Verwaltungsausschuss seit Jahren vernachlässigt. Die Bank achte kaum auf die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf eine nachhaltige Entwicklung. Ein echter Mehrwert in der Entwicklungsarbeit außerhalb Europas könne daher nicht erzielt werden.

Die EIB tendiere zu einem extraktivistischen Entwicklungsmodell, das nicht im Einklang mit sozialer und ökologischer Gerechtigkeit stehe. Sie befürworte dabei ein Finanzierungsmodell, bei dem knappe öffentliche Mittel eingesetzt werden, um private Investitionen auszulösen, große Unternehmen und multinationale Unternehmen de facto zu subventionieren und ihnen zu ermöglichen, in den ärmsten Regionen der Welt enorme Gewinne zu erzielen. Der Einsatz von Finanzvermittlern werde durch mangelnde Transparenz, unzureichende Kontrolle über die Mittel und das Risiko von Korruption und Betrug beeinträchtigt.

Mangelnde Transparenz und fehlende Sorgfaltspflicht

Die EIB erfülle nach wie vor nicht die Transparenzanforderungen ihrer eigenen Transparenzpolitik und der EU-Gesetzgebung und bleibe hinter den Transparenz- und Offenlegungspraktiken anderer multilateraler Finanzinstitute zurück. Eine sorgfältige Überprüfung und Überwachung der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bei den finanzierten Projekten bliebe oberflächlich. „In einer Zeit der ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und öffentlichen Gesundheitskrise ist es von größter Bedeutung, dass öffentliche Banken im Interesse von Mensch und Umwelt arbeiten“, kommentiert Xavier Sol, Direktor bei Counter Balance und Mitautor des Berichts, die Ergebnisse. „Wir sind alarmiert darüber, dass Europas Finanzarm – die EIB – nicht in der Lage ist, als echte Entwicklungsbank zu fungieren, und zu Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt beiträgt.“

Die EIB müsste ihre Governance, Richtlinien und Verfahren gründlich reformieren, wenn sie jemals als echte Entwicklungsbank agieren soll, fordert Anna Roggenbuck, weitere Mitautorin des Berichts und Policy Officer bei CEE Bankwatch Network. „Unsere Analyse zeigt, dass die EIB konkrete Schritte unternehmen muss, um sicherzustellen, dass ihre Operationen keinen Schaden anrichten“, ergänzt Aleksandra Antonowicz-Cyglicka, Forscherin bei CEE Bankwatch Network. Dabei sei die Annahme „eines neuen Menschenrechtsrahmens mit einem soliden System der Sorgfaltspflicht auf Projektebene und verstärkten Umwelt- und Sozialstandards“ eine Voraussetzung. „Wir fordern die europäischen Regierungen als Aktionäre der Bank nachdrücklich auf“, so die Autoren, „die EIB zu einer verantwortungsbewussteren und nachhaltigeren entwicklungsorientierten Institution zu machen. “ na


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