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ZentralasienSchlafende Erneuerbare-Riesen Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan

Personenzug in Wüstenlandschaft
Die Transkaspische Eisenbahnlinie führt von der Küste am Kaspischen Meer in Turkmenistan weit in den Osten Usbekistans, nach Taschkent. (Foto: Allan Mustard auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Die Wirtschaft der zentralasiatischen Länder Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan fußt stark auf der Förderung fossiler Brennstoffe. Unbeachtet blieb bisher das enorme Potenzial für Erneuerbare und damit für die Produktion von grünem Wasserstoff.

16.06.2023 – Bisher standen die zentralasiatischen Länder Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan nur wenig im Fokus, wenn es um die Geoökonomie der Zukunft geht. Die Länder sind reich an Bodenschätzen, ihre Wirtschaft basiert stark auf der Förderung fossiler Brennstoffe. Bei der globalen Energiewende sind sie Nachzügler – haben aber ein großes Potenzial und könnten auch künftig Energieexporteure bleiben. Eine Analyse von Yana Zabanova, Forscherin am RIFS (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam) wirft einen Blick auf die Chancen und Herausforderungen.

Solarstrompotenzial zwanzigmal höher als derzeitige Stromerzeugung

Der Ausbau von Wind- und Solarenergie in der Region begann erst um 2013 und fand lange Zeit fast ausschließlich in Kasachstan statt. Mitte 2022 lag die installierte Gesamtleistung noch unter zwei Gigawatt. Für Wachstum gibt es viel Raum: Das technische Solarstrompotenzial der zentralasiatischen Länder übersteigt ihr derzeitiges Stromerzeugungsniveau um den Faktor zwanzig. Bei der Windkraft ist das Potenzial sogar noch höher, 70 Prozent davon konzentrieren sich auf Kasachstan.

Doch das Potenzial ist nicht leicht zu erschließen. Die Netzinfrastruktur der Region ist marode, die Energietarife sind niedrig, was zu hohem Energieverbrauch und mangelnden Investitionen in die Stromnetze sowie zu verzerrten Preissignalen führt. All das erschwert den Erneuerbaren Energien mit der traditionellen – stark subventionierten – Stromerzeugung zu konkurrieren. Hinzu kommen die notwendigen Transportwege in die Länder mit hohem Energiebedarf. Auch hier wirft der russische Angriffskrieg in der Ukraine seine Schatten: der kürzeste Weg nach Europa führt durch Russland und die Ukraine. Ebenso fehlen Pipelines für den Transport von sauberem Wasserstoff sowie grüne Seehäfen für den Umschlag von e-Fuels.

„Obwohl diese Länder nicht einflussreich genug sind, um der globalen Klimaagenda ihren Stempel aufzudrücken, sind sie daran interessiert, von den geopolitischen und geoökonomischen Strategien anderer wichtiger Akteure wie China, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland und der EU zu profitieren. Dabei geht es ihnen darum, Investitionen und technisches Know-how ins Land zu holen, um die eigenen kohlenstoffintensiven Volkswirtschaften resilienter zu machen“, sagt die Politikwissenschaftlerin Zabanova.

Die drei Länder sind unterschiedlich weit fortgeschritten: Kasachstan ist der Vorreiter in Sachen erneuerbare Energien in der Region. Usbekistan profitiert trotz eines späten Starts von den sinkenden Kosten für Technologien erneuerbarer Energieträger und hat wichtige Branchenakteure angezogen. Turkmenistan dagegen muss seine ersten Schritte erst noch gehen.

Ausstieg aus Fossilen ist derzeit kein erklärtes Ziel

Einen vollständigen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe strebt derzeit keines der Länder an. Stattdessen versuchen sie, einen höheren Wert aus fossilen Ressourcen - insbesondere Erdgas - zu schöpfen, zum Beispiel durch die Stärkung der gasverarbeitenden Industrie oder die Akquise neuer Abnehmer. Gleichzeitig wollen sie die erneuerbaren Energien ausbauen, um die Energiesicherheit zu erhöhen und zur Dekarbonisierung der Wirtschaft beizutragen. Kasachstan und Usbekistan haben sich bereits Klimaneutralitätsziele gesetzt. Turkmenistan zeigt hingegen kaum Dekarbonisierungsambitionen, obwohl es mit seinen windigen Küsten am Kaspischen Meer, ausgedehnten Wüsten und einer hohen Sonneneinstrahlung über ein erhebliches Potenzial für erneuerbare Energien verfügt.

Reich an kritischen Rohstoffen

Kasachstan und Usbekistan suchen zurzeit nach Lösungen, etwa durch Umrüstung der Gaspipelines für den Transport von grünem Wasserstoff. Zudem erkunden sie Möglichkeiten, kohlenstoffarmen und erneuerbaren Wasserstoff und Ammoniak sowohl für den Export als auch für den heimischen Gebrauch zu produzieren. Besonders in Kasachstan, einem der rohstoffreichsten Länder der Welt, gibt es Interesse an der Ausweitung der Produktion von strategischen Rohstoffen, die für die Energiewende entscheidend sind. Ausländische Investoren sind derzeit vor allem an Seltenen Erden interessiert, die zur Herstellung von High-Tech-Produkten wie Smartphones benötigt werden. Sie wollen so ihre Abhängigkeit von China verringern.

Mega-Projekt in Kasachstan für grünen Wasserstoff

Große Pläne hat die europäische Svevind Energy Group: Sie will in Kasachstan eine der weltweit größten Industrieanlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff bauen. Das Tochterunternehmen Hyrasia One hat bereits eine Investitionsvereinbarung mit der kasachischen Regierung ausgehandelt, die den Zugang zu Flächen, Infrastruktur sowie den ungehinderten Waren- und Kapitalverkehr beinhaltet. Der Projektentwickler setzt auf verbesserte Transportwege durch den Ausbau der neuen Seidenstraße.

Sollte das Projekt realisiert werden, würden Photovoltaik- und Windenergie-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 40 Gigawatt in der Steppe im Südwesten von Kasachstan rund 120 Terawattstunden grünen Strom jährlich erzeugen. Der Strom könnte Elektrolyseure mit einer Leistung von 20 Gigawatt in einem Industriepark an der Küste des Kaspischen Meeres versorgen und damit jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen grünen Wasserstoff liefern. Zum Vergleich: in Deutschland sollen bis 2030 Elektrolyse-Kapazitäten in Höhe von 10 Gigawatt entstehen, in der EU insgesamt 40 Gigawatt. pf


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