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KohleausstiegWarum wir keine höheren Strompreise fürchten müssen

Auch ohne Kohlekraftwerke wird der Strom wohl nicht teurer, sagen Experten vom Öko-Institut.
Auch ohne Kohlekraftwerke wird der Strom wohl nicht teurer, sagen Experten vom Öko-Institut. (Foto: pixabay, CC0 1.0)

Kommt der Kohleausstieg wie geplant, gehen weder die Lichter aus noch wird Strom deutlich teurer. Eine Analyse das Öko-Instituts bestätigt erneut: Andere Faktoren sind wichtiger. Kohlestrom wird immer teurer, Wind- und Solaranlagen dagegen günstiger.

18.03.2019 – Rund 0,4 Cent pro Kilowattstunde könnten die Strompreise beim Abschalten von Kohlekraftwerken bis 2030 steigen, schreibt das Öko-Institut in seiner neuesten Analyse. Um gleich hinterherzuschieben: Der Ausbau von Erneuerbaren Energien wird diesen Preisanstieg wieder ausgleichen, möglicherweise sogar den Strom günstiger machen. Es ist dieses Paradox: Wir schalten vermeintlich günstige Kohlekraftwerke ab und bauen vermeintlich teure Wind- und Solaranlagen. Trotzdem wird der Strom nicht teurer.

Wie kann das funktionieren?

Wir gehen von falschen Voraussetzungen aus: Kohlestrom, insbesondere solcher aus Steinkohlekraftwerken, ist nicht günstig. Er ist sogar ziemlich teuer. Steinkohle muss zu 100 Prozent importiert werden, die Preise schwanken. Experten schätzen, dass viele Stein- aber auch Braunkohlekraftwerke kaum rentabel betrieben werden können. Nicht eingerechnet sind Umwelt- und Gesundheitskosten, die die Allgemeinheit und nicht die Betreiber zahlen.

Ein zunehmender Kostenfaktor für alle fossilen Kraftwerke sind CO2-Zertifikate, die sie für jede Tonne emittierter Treibhausgase kaufen müssen. Der EU-Emissionshandel zieht langsam an, die Verschmutzungsrechte werden teurer und in den kommenden Jahren werden mehr Kohlekraftwerke kaum noch wirtschaftlich arbeiten können.

Für etliche Kohlemeiler ist das Ende nahe

Und etwas Weiteres kratzt an der Wirtschaftlichkeit vieler Meiler: Spätestens 2021 gelten neue EU-Grenzwerte für Staub-, Schwefel-, Stickstoffoxid- und Quecksilber-Emissionen. Schätzungsweise 600 Kraftwerke sind in Deutschland davon betroffen und müssen nachgerüstet werden. Nur vier Braunkohleblöcke würden die neuen Stickoxidwerte ohne zusätzliche Filter überleben. Wie teuer Nachrüstungen sind und ob sich diese lohnen, ist bislang kaum abzuschätzen.

Zudem beträgt der deutsche Stromüberschuss knapp zehn Prozent. Werden Kohlekraftwerke abgeschaltet, führt dies also nicht automatisch zu Engpässen oder höheren Preisen.

Ökostrom ist nicht teuer

Ein weiterer, weit verbreiteter Trugschluss: Erneuerbare Energien sind teuer. Das war tatsächlich einmal so und lässt sich an der EEG-Umlage gut beobachten. Jedes Jahr zahlen Stromkunden Milliarden für den Ausbau von Wind- und Solaranlagen. Allerdings fließt der überwiegende Teil davon für Alt-Anlagen, die vor etlichen Jahren errichtet wurden. Durch die garantierte Förderung von 20 Jahren schieben wir einen großen Batzen vor uns her, der erst ab 2021 langsam abschmilzt. Diese Zahlungen haben Forschung und Entwicklung vorangetrieben, von denen wir heute profitieren: Jetzt neu gebaute Wind- und Solaranlagen kosten mittlerweile einen Bruchteil davon, sie sind für die EEG-Zahlungen kaum noch relevant.

Die Stilllegung von Kohlekraftwerken wird „nicht zu gravierenden Kosteneffekten für die deutsche Volkswirtschaft oder die unterschiedlichen Verbrauchergruppen in Deutschland führen“, stellt das Öko-Institut fest. Das gelte allerdings nur, wenn die Politik eine sinnvolle Gesamtstrategie für den Umbau des Stromsystems verfolge und die von der Kohlekommission vorgesehenen Kompensationen zielgerichtet eingesetzt werden. cw


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Kommentare

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Denkender Bürger 18.03.2019, 14:17:23

+235 Gut Antworten

Eine halbe Wahrheit

Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen liefern im Gegensatz zur Kohle- oder Atomkraftwerken den Strom nicht kontinuierlich, sondern nur stoßweise. Wenn es dunkel ist oder nicht genügend Wind (oder zuviel Wind) vorhanden ist, liefern diese Anlagen nun mal wenig oder gar keinen Strom.

Im Betrieb anfallende Energie-Überschüsse müssen daher für Schwachlast-Zeiten gespeichert werden, um die dort auftretenden Defizite auszugleichen.

Und genau dort liegt das Problem:

Die Speicheranlagen müssen erst noch ausreichend errichtet und natürlich bezahlt werden Das wurde in der Darstellung völlig außen vor gelassen.

Auch ist noch nicht klar, wie diese aussehen sollen:

Natürlich wäre es technisch kein Problem, Pumpspeicherwerke zu errichten. Diese Variante ist aber wegen der damit verbundenen Eingriffe in die Natur fragwürdig.

Deutschland mit Akku-Stationen zustellen ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch unsinnig. Außerdem wird diesen Anblick wohl kaum jemand esthetisch finden.

Eine Alternative wäre Power2 Gas. Dies könnte man in Druckbehältern speichern und diese untereinander mittels Pipelines verbinden. Wäre ökonomisch wie ökologisch auch vertretbar. Nur steckt die Power2 Gas-Technologie leider noch in den Kinderschuhen. Ebenso wie die Rückumwandlung von CO2 in Kohle.

Die Darstellung im obrigen Artikel ist somit einseitig und verschweigt einen erheblichen Teil der tatsächlichen Begebenheiten. Mit anderen Worten: Eine Halbwahrheit.

Und Halbwahrheiten sind die schlimmeren Lügen:

Eine verzerrte oder entstellte Wahrheit, und mindestens eine ganze Lüge dazu.

sonnenstromer 18.03.2019, 18:22:40

+235 Gut

Ihre Kommentare klingen wie aus der Kohlelobby.

 

Hier habe ich mal ein paar nette Aussagen aus der Geschichte:

"Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung" (Wilhelm 2. deutscher Kaiser)

 

"Nach Öl bohren? Sie meinen Löcher in die Erde bohren und hoffen, daß Öl herauskommt" (Edwin Drake 1859)

 

"Mit der Weltausstellung von Paris wird auch die Geschichte des elektrischen Lichts enden..." (E. Wilson 1878)

 

"Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken" (Eine Anzeige der deutschen Stromwirtschaft vom 26.03.1993)

 

Quelle: Zehn Fakten zur Energiewende: Warum wir mehr Irrsinn wagen sollten – Prof. Dr. Claudia Kemfert

Denkender Bürger 18.03.2019, 18:46:16

+231 Gut Antworten

@sonnenstromer

Ich werde mich hüten, offenkundige Tatsachen zu leugnen oder zu negieren.

Was bei Ihrem Kommentar offenkundig geworden ist, ist vor allem eine Logik wie bei Palmström:

"Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!"

Nun ja - Selbstbetrug ist nun mal dann am schönsten, wenn man ihn mit möglichst vielen teilen kann.

sonnenstromer 19.03.2019, 17:31:13

+224 Gut

Wir können natürlich noch warten und die ganze Kohle bis zum letzten Rest verbrennen. Dann darf sich aber auch keiner beschweren, daß dann die 1,3 Millarden Bewohner von Afrika und alle Südeuropäer nach Nordeuropa kommen, weil ihre Heimat unbewohnbar ist. Wenn die 2° Klimaerwärmung geschafft ist, ist das Wahrheit.

 

Worauf wollen wir warten. Deutschland ist das Land der Innovationen. Wir haben die Ingenieure. Wir haben die Energiewende erfunden. Wir waren Weltmeister in erneuerbaren Energien.

Wir hatten mal die weltweit erste PV-Industrie! Dank der Bemühungen der Regierungen unter Merkel, stehen diese Fabriken jetzt in China. Gleiches wird auch der Windindustrie passieren, wenn diese Regierung nicht endlich aufwacht und die schützende Hand von RWE, EON, Vattenfall und ENBW nimmt.

 

Wie soll man den Südamerikanern klar machen, daß sie keinen Regenwald mehr fällen dürfen, wenn in Deutschland Wald für Kohle geopfert wird?

 

Umdenken! Jetzt! Nicht morgen!

Denkender Bürger 26.04.2019, 15:40:35

+206 Gut Antworten

Und in übrigens sollte man derartigen Versprechungen wie im Artikel grundstzlich mißtrauen.

Als 2000 die Liberalissierung des Strommarkes kam, wurde uns auch vollmundig versprochen, daß die Strompreise dadurch sinken würden. Die Wahrheit sieht leider ein wenig anders aus:

Vor der Liberalisierung des Strommarkes kostete die Kilowatt-Stunde rund Strom 25 Pfennige, heute kostet sie rund 25 Cent.

Macht mal so ganz locker eine Verdopplung des Strompreises innerhalb von 20 Jahren!

Darüber redet nur keiner.

Da wissen wir, was mit der auf uns zukommt.

Und wehe, mir hält in 20 Jahren jemand vor, ich hätte nicht gewarnt gewarnt!


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