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Hybridkraftwerk100% Erneuerbare für Galapagos

Isabela Island Galapagos
(Foto: MasterfulNerd, CC BY-SA 4.0  via Wikimedia Commons)

Ein regeneratives Hybridkraftwerk auf der größten Galapagos-Insel Isabela wurde jüngst mit dem The smarter E AWARD als wegweisendes Projekt ausgezeichnet. Es nutzt Photovoltaik, Batteriespeicher sowie nachhaltig angebautes Jatropha-Pflanzenöl und versorgt rund 3.000 Inseleinwohner plus Touristen.

11.06.2019 – Das Galapagos-Archipel gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und steht aufgrund seiner einzigartigen Flora und Fauna als Insel der Evolution unter strengem Schutz. Doch sind die weltberühmten Inseln immer wieder mit massiver Meeresverschmutzung aufgrund von Öltanker-Unglücken konfrontiert.

Das bisher schlimmste war eine Havarie des Tankschiffs „Jessica“ im Januar 2001, während dieses die Dieselgeneratoren für die Energieversorgung der Inseln betankte. Bei dem Unglück flossen rund drei Millionen Liter Öl vor der Galapagos-Insel San Cristobal ins Meer. Über 10.000 endemische Meeresechsen, lateinisch Amblyrhynchus cristatus, und andere maritime Lebewesen starben deshalb.

Initiative „Zero Fossil Fuel For Galapagos Islands”

Um die Meeresverschmutzung zu reduzieren und weiterhin das Weltnaturerbe-Siegel für das Galapagos-Archipel führen zu dürfen, startete die Ecuadorianische Regierung deshalb im Jahr 2007 die Initiative „Zero Fossil Fuel For Galapagos Islands“. Zwölf Jahre später ist man nun diesem Ziel deutlich nähergekommen.

Ein Hybridkraftwerk versorgt die rund 3.000 Einwohner der größten Galapagos-Insel Isabela plus Touristen zuverlässig zu 100 Prozent mit erneuerbarem Strom. Es besteht aus:

  • einer 952 Kilowattwatt (kW) starken Photovoltaikanlage
  • einer Lithium-Batterie mit einer Kapazität von 330 Kilowattstunden (kWh) und einer Leistung von 660 kW sowie
  • fünf Flex Fuel Scania-Motoren mit je 325 kW.

Die Motoren werden mit nachhaltig angebautem Jatropha-Biokraftstoff angetrieben. Die komplexe Anlagensteuerung setzt auf modernste digitale Technik und künstliche Intelligenz mit Echtzeit-Wetterprognosen und läuft weitgehend automatisch, unterstützt von einem Team vor Ort sowie zwei Fernüberwachungsanlagen des Generalunternehmers Siemens in München und Austin, Texas. Betrieben wird das regenerative Kraftwerk von dem örtlichen Energieversorger Elecgalapagos.

„Neuartiger Lösungsansatz für dezentral gesteuerte Anwendungen“

An sonnigen Tagen wird Isabela tagsüber allein mit Solarstrom versorgt, ganz ohne Generatoren. Mitte Mai wurde nun das Projekt in der Kategorie „Outstanding Project“ mit dem Smarter E AWARD 2019 ausgezeichnet. Honoriert wurde von der Jury „die Demonstration einer komplexen Lösung für erneuerbaren Strom, die Diesel und die damit verbundenen Umweltrisiken ersetzt. Der Wissenstransfer an die lokale Bevölkerung für die Wartung und den Betrieb der Anlage ist Teil dieses neuartigen Lösungsansatzes für dezentral gesteuerte Anwendungen“.

Finanziert wurde das Projekt von der deutschen Förderbank KfW und dem Ecuadorianischen Ministerium für Energie und erneuerbare Energien (MEER).  Aufgrund des schnell ansteigenden Stromverbrauchs auf Isabela beschäftigen sich die Projektpartner bereits mit einer Erweiterung der Anlage.

Nicht essbares Jatropha-Öl von einer Kleinbauern-Genossenschaft

Großen Wert legte man bei der Konzeption auf eine nachhaltige Biokraftstoff-Versorgung ergänzend zur Photovoltaik. Zwischen verschiedenen Pflanzenölen entschied man sich für Jatrophaöl. Dieses wird von einer Genossenschaft mit 3.000 Kleinbauern in der semi-ariden ecuadorianischen Küstenregion von Manabi mit Hilfe einer dezentralen Kaltpress-Ölmühle hergestellt und 1.000 Kilometer nach Galápagos verschifft.

„Als nicht essbares Öl vermeidet Jatrophaöl den Tank-Teller-Konflikt“, sagt Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, der das Projekt als wegweisend lobt. Er weist darauf hin, dass Jatropha in der Region Manabi als über 12.000 Kilometer lange Hecken (Living Fence) auf landwirtschaftlich nicht genutzter Fläche zum Schutz gegen Erosion und zur Eigentumsbegrenzung kleinbäuerlicher Felder kultiviert wird. Das Einkommen aus der Heckenbewirtschaftung im Frühjahr wird in der Regel zur Bezahlung des Schulgeldes benutzt.

Eine entsprechende Belieferung mit Jatropha wurde bereits seit 2010 für eine 20-mal kleinere regenerative Hybridanlage auf der kleineren Galapagos Insel Floreana erprobt. Beteiligt an der Konzepterstellung und Betreuung sind unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie die Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöltechnologie (VWP) aus dem bayerischen Allersberg. Dieses Vorhaben wurde von der Alliance For Rural Electrification (ARE) als „Bestes Internationales Off-Grid Projekt 2017“ ausgezeichnet. 

Galapagos als Labor der Energiewende

Bei seinem Ecuador-Besuch im Februar 2019 ließ sich jüngst auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Galapagos das Hybridkraftwerk in Isabela erklären. Seine Fragen beantwortete Georg Gruber, Geschäftsführer der VWP, der auch die Fuel Flex-Motorentechnologie für die Anlage lieferte. Dabei kam vor allem die weltweit einzigartige Sonderstellung der Galapagos Inseln zur Sprache. Doch das Galapagos-Archipel ist von allen negativen Nebenerscheinungen unserer Zivilisation, wie Klimawandel, Meeresanstieg, Artensterben, Ölunfälle, Plastikverschmutzung betroffen.

Gleichzeitig bemüht sich die internationale Staatengemeinschaft, durch innovative Technik und Forschung zu einer Lösung der Probleme beizutragen. Für Gruber sind die Galapagos-Inseln daher „ein Labor im Pazifik und Präzedenzfall, bei dem sich zeigen wird, ob es dem Menschen gelingt, seinen Lebensstil in den geschlossenen Stoff- und Energie / CO2-Kreislauf der Erde einzufügen, oder ob er zum Irrläufer der Evolution wird“.

Pflanzenöle mit großem Potenzial

Die umfangreichen Erfahrungen Grubers mit der Pflanzenöltechnik flossen auch in die kürzlich veröffentlichte globale „100% Erneuerbare Energien“-Studie der Energy Watch Group zusammen mit der finnischen Technischen Universität Lappeenranta (LUT University) ein. Laut Fell sind entsprechende Potenzialanalysen ermutigend.

Erfasst wurden die semi-ariden Flächen der Welt, wo wegen Trockenheit fast keine Landwirtschaft möglich ist. „Mit einem Anbau von Jatropha, wie in Manabi, nachhaltig und mit Kleinbauern realisiert, lassen sich Pflanzenölmengen erzeugen, in der Größenordnung des weltweiten Flugbenzinbedarfs. Gleichzeitig werden Wüstenausbreitungen zurückgedrängt, große Landstriche wiederbegrünt, Kohlenstoffsenken geschaffen und die dortige Armut bekämpft“, so Fell. Hans-Christoph Neidlein


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