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BundesnetzagenturRegeln zum Umgang mit steuerbaren Verbrauchern stehen fest

Wallbox für E-Auto an Ziegelsteinmauer
Die Bundesnetzagentur hat die Regeln festgelegt, wie Verteilnetzbetreiber bei Netzengpässen mit steuerbaren Verbrauchern - wie zum Beispiel Ladesäulen für E-Autos - umgehen dürfen. (Foto: Sciencia58 auf Wikimedia / CC0 1.0 DEED)

Verteilnetzbetreiber dürfen bei Netzengpässen die Leistungsabgabe an steuerbare Verbraucher wie Ladepunkte oder Wärmepumpen dimmen. Was genau erlaubt ist und wie im Gegenzug die Netzentgelte zu verringern sind, regelte jetzt die Bundesnetzagentur.

28.11.2023 – Der erwartete Hochlauf von Wärmepumpen und Elektromobilität und der damit einhergehende schnell steigende Energieverbrauch wird für die regionalen Verteilnetze eine große Herausforderung. Dort, wo das Netz noch nicht entsprechend ausgebaut ist, dürfen Verteilnetzbetreiber die Leistungsabgabe an steuerbare Verbraucher dimmen und müssen im Gegenzug verringerte Netzentgelte anbieten. Die Regeln dafür hat die Bundesnetzagentur jetzt verbindlich festgelegt. Sie sollen bereits ab Januar 2024 gelten. Vorausgegangen waren zwei Konsultationsrunden mit Industrie, Netzbetreibern und Verbänden.

Netzanschluss darf nicht mehr verweigert werden

Der Netzbetreiber darf den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär dimmt. Die Reduzierung darf im Einzelfall bis zu zwei Stunden dauern. Die Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten, die die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit-Messwerten darstellt. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig. 

Mindestleistung von 4,2 kW muss immer gewährleistet sein

Vollständige Abschaltungen der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sind nicht zulässig. Die Netzbetreiber müssen immer eine Mindestleistung bereitstellen, so das Wärmepumpen betreiben und Elektroautos weiter geladen werden können. Die Netzbetreiber dürfen dabei den Bezug für die Dauer der konkreten Überlastung auf bis zu 4,2 kW senken. Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden. Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen werden berücksichtigt.

Strom aus eigener Solaranlage nicht von Steuereingriffen betroffen

Die Bundesnetzagentur erhöht in der Festlegung die Handlungsmöglichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können einzelne Anlagen direkt vom Netzbetreiber ansteuern lassen. Alternativ können sie wählen, von ihrem Netzbetreiber den Wert für einen zulässigen Strombezug zu erhalten, der insgesamt nicht überschritten werden darf. In diesem Fall koordinieren sie die Reduzierung durch ein Energiemanagementsystem für mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen eigenständig. Selbst erzeugte Energiemengen können eingerechnet werden. Eine Wallbox darf also zum Beispiel mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage stammt. 

Wo Leistungsabgabe reduziert wird, müssen Netze ausgebaut werden

Letztlich sollen regelmäßige netzorientierte Steuerungsmaßnahmen vermieden werden. Der Netzbetreiber ist dafür verpflichtet, das Netz vorausschauend und bedarfsgerecht ausbauen.  Wenn Maßnahmen zur Leistungsreduzierung durchgeführt werden und mit weiteren Maßnahmen zu rechnen ist, muss der Netzbetreiber dies in seiner Netzausbauplanung berücksichtigen.

Steuerungseingriffe auf öffentlicher Plattform sichtbar machen

Netzbetreiber müssen Steuerungseingriffe in einem einheitlichen Format auf einer gemeinsamen Internetplattform detailliert ausweisen. So soll auch die Öffentlichkeit nachvollziehen können, wenn in einzelnen Netzbereichen Überlastungsprobleme auftreten und der Netzbetreiber sein Netz besser ausstatten muss.

Die Regelungen gelten ab 1. Januar 2024. Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.

Auch für den Netzbetreiber gibt es Übergangsregelungen. Solange der Netzbetreiber noch nicht die notwendigen Vorbereitungen für die netzorientierte Steuerung getroffen hat, kann er maximal 24 Monate unter Beachtung einiger Rahmenbedingungen vorsorglich steuern. Diese sogenannte präventive Steuerung ist eine regelmäßige Maßnahme aufgrund einer prognostizierten Überlastung.

Reduzierung des Netzentgelts

Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Die Bundesnetzagentur legt außerdem zukunftsgerichtet erstmals Rahmenbedingungen für ein variables Netzentgelt fest, die sicherstellen, dass zeitliche Verbrauchsverschiebungen belohnt werden können.  

Angesichts der großen Unterschiede der Anschluss- und Verbrauchssituationen legt die Bundesnetzagentur verschiedene Module zur Entgeltreduzierung fest. Die Reduzierung besteht entweder aus einem netzbetreiberindividuellen pauschalen Betrag (Modul 1) oder einer prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2). Der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung kann zwischen Modul 1 und 2 wählen.

Pauschaler Rabatt auf Netzentgelt

Für die Variante eines pauschalen Rabatts auf das Netzentgelt (Modul 1) gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 Euro (brutto) im Jahr betragen. Das entspricht einer Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2.500 kWh) zu zahlenden Netzentgelts. Ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt dürfte zukünftig in Verbindung mit einem variablen Netzentgelt sehr attraktiv für die E-Mobilität sein. 

Prozentualer Rabatt auf Arbeitspreis

Das Modul 2 beinhaltet eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent. Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für die steuerbare Verbrauchseinrichtung. Dieses Modell lässt sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) und dürfte sich daher in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen eignen.

Ab 2025 zusätzlich zeitvariables Netzentgelt

Hat der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung Modul 1 gewählt, kann er sich zusätzlich ab 2025 für ein zeitvariables Netzentgelt entscheiden (Modul 3). Durch dieses neu hinzugekommene zeitvariable Netzentgelt sollen Lastspitzen im Netz reduziert werden. Der Netzbetreiber legt unterschiedliche Preisstufen innerhalb eines Tages fest, die die typische Auslastung seines Netzes berücksichtigen. Der Verbraucher wird über ein besonders niedriges Entgelt angereizt, seine Verbräuche in Zeiten zu verschieben, in denen die Netzauslastung niedrig ist. 

Modul 3 muss von den Netzbetreibern erst ab dem 1. April 2025 angeboten werden, da hierzu die Digitalisierung in der Niederspannung weiter fortgeschritten sein muss. Wenn der Netzbetreiber nicht sehen kann, welchen Effekt er durch die preislichen Anreize erzielt hat, kann er auch die Steuerungsmaßnahmen nicht anpassen. Dazu kommt, dass der Umsetzungsaufwand die Marktakteure vor größere Herausforderungen stellt. Diesem wird hier mehr Zeit eingeräumt.

Stromanbieter muss reduzierte Netzentgelte auf Rechnung ausweisen

Zur Abrechnung der reduzierten Entgelte soll die bestehende Struktur des Stromliefervertrages genutzt werden. Der Stromlieferant ist verpflichtet, die genutzten Module auf der Verbraucherrechnung transparent auszuweisen.  Es wird kein neues Abrechnungsverhältnis zwischen Letztverbraucher und Netzbetreiber geschaffen. 

Die Festlegung enthält ebenfalls Übergangsregelungen für Verbrauchseinrichtungen, für die bereits vor dem 1. Januar 2024 ein reduziertes Netzentgelt nach § 14a EnWG zwischen Netzbetreiber und Netznutzer abgerechnet wurde.

Die beschriebenen Regelungen bestehen aus zwei Festlegungen. Eine Festlegung der Beschlusskammer 6 befasst sich mit der Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz. Eine Festlegung der Beschlusskammer 8 befasst sich mit der damit verbundenen Reduzierung der Netzentgelte. pf


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