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BundesnetzagenturUmgang mit Engpässen in Stromnetzen

diverse Strommasten bei Umspannwerk
Je mehr Ladesäulen und Wärmepumpen ans Stromnetz angeschlossen werden, umso wichtiger wird ein adäquat ausgebautes Netz. (Foto: Petra Franke / energiezukunft)

Lastspitzen in Verteilnetzen sollen mit weniger starken Eingriffen gewuppt werden als ursprünglich geplant. Die Bundesnetzagentur hat ihre Vorschläge überarbeitet. Die garantierte Leistung wird erhöht und zeitabhängige Netztarife angeboten.

21.06.2023 – Die Bundesnetzagentur hat überarbeitete Regelungen vorgestellt, wie Verteilnetzbetreiber steuerbare Verbraucher – beispielsweise Wallboxen und Wärmepumpen – zukünftig dimmen dürfen. Derzeit gebe es zwar keine flächendeckenden Engpässe, aber mit dem exponentiellen Ausbau der Erneuerbaren einerseits und der erwarteten Zunahme von Wärmepumpen und Ladesäulen für Elektroautos sind in den Verteilnetzen Situationen denkbar, in denen der Verteilnetzbetreiber zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität den Leistungsbezug drosseln muss.

Die Eingriffe seitens der Netzbetreiber sollen auf das zwingend notwendige Minimum beschränkt bleiben und irgendwann gar nicht mehr nötig sein – wenn die Verteilnetze entsprechend ausgebaut sind und die vielen neuen elektrischen Verbraucher problemlos integriert sind bzw. integriert werden können. Netzanschlussbegehren dürfen im Gegenzug nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung abgelehnt oder verzögert werden; gibt es Engpässe, müssen diese schnell behoben werden.

Der noch unter der Vorgängerregierung initiierte erste Regelungsvorschlag war besonders von der Autoindustrie kritisiert worden. Nun startet eine erneute Konsultation, die bis Jahresende abgeschlossen sein soll, so dass die neuen Regeln zum Jahresbeginn 2024 in Kraft treten können.

Höhere Mindestleistung garantiert

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, die garantierte Mindestbezugsleistung im Falle eines notwendigen Eingriffs anzuheben. Ursprünglich hatte sie einen Wert von 3,7 kW angesetzt, nun sollen immer mindestens 4,2 kW verfügbar sein. Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden. Wichtig zu wissen: Diese Drosselung trifft nur steuerbare Verbraucher, Kühlschrank, Waschmaschine und Internet laufen weiter wie bisher.

Um die Freiheitsgrade der Verbraucher zu erhöhen, sollen Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen lediglich den netzwirksamen Leistungsbezug reduzieren. Die Leistung mehrerer Anlagen im Haushalt kann mit Hilfe von Energiemanagementsystemen verrechnet werden. Eine Wallbox darf also zum Beispiel im Falle einer Netzbetreibersteuerung mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage bezogen wird. Lediglich der zulässige Strombezug aus dem Verteilernetz darf nicht überschritten werden.

Einheitliche Online-Darstellung von Netzengpässen

Die Bundesnetzagentur erhöht die Transparenz. Netzbetreiber sollen Steuerungseingriffe in einem einheitlichen Format auf einer gemeinsamen Internetplattform detailliert ausweisen. So ist auch für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar, wenn in einzelnen Netzbereichen Überlastungsprobleme auftreten und der Netzbetreiber sein Netz aufrüsten muss.

Sanktionen sind vorgesehen, falls Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen den Leistungsbezug nach Aufforderung nicht reduzieren oder es versäumen, dem Verteilernetzbetreiber zu melden, wenn die Verbrauchseinrichtung dauerhaft außer Betrieb genommen wird.

Reduzierung des Entgelts

Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung, sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen auch nur ein reduziertes Netzentgelt zahlen müssen. Angesichts der großen Unterschiede bei der Anschluss- und Verbrauchssituationen schlägt die Bundesnetzagentur dafür verschiedene Modelle vor. Dem Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung soll ein Wahlrecht eingeräumt werden. Einerseits ist ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt möglich, der mit einem variablen Netzentgelt ergänzt wird, dass Verbrauchsverschiebungen belohnt. Das variable Netzentgelt soll mehrere Zeitfenster mit drei Preisstufen enthalten.

Die zweite durch den Nutzer wählbare Variante beinhaltet eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent. Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für den Verbrauch der steuerbaren Verbrauchseinrichtung. Dieses Modell lässt sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) und dürfte sich in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen eignen.

Zur Abrechnung der reduzieren Entgelte soll die bestehende Struktur des Stromliefervertrages genutzt und kein neues Abrechnungsverhältnis zwischen Letztverbraucher und Netzbetreiber geschaffen werden.

Der BDEW hat auf die Vorschläge positiv reagiert, es liege ein durchweg praktikabler Vorschlag auf dem Tisch. Mit dem statisch variablen Netzentgelten gebe es einen guten Startpunkt, es entstünden Anreize, einen Teil des Verbrauchs freiwillig aus den Hochlastzeiten in Niedriglastzeiten zu verlagern. Der Verband kommunaler Unternehmen – zu denen auch viele Stadtwerke gehören, die für Verteilnetze verantwortlich sind – begrüßt die Eingriffsmöglichkeiten für Netzbetreiber. Jedoch schieße das Sammelsurium bei reduzierten Netzentgelten über das Ziel hinaus.  Das Modell müsse für Netzbetreiber und Lieferanten administrierbar bleiben.

Der Verband der Automobilindustrie scheint ebenfalls mit den neuen Vorschlägen leben zu können. Positiv bewertet wird die Anhebung der Mindestleistung und die zeitvariablen Netzentgelte. pf


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