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Bürger-EnergiewendeSunMachine: Kreative Solarenergie

Aufbau der SunMachine. (Foto: © Urban)
Aufbau der SunMachine. (Foto: © Urban)

Einen Personal Computer hat fast jeder. Einen Personal Sun Energy Transformer noch nicht. Wie eine visionäre Idee in die Jahre kommt und noch auf eine Realisierung wartet – und damit zum symbolischen Parabolspiegel einer Energiewende von unten wird.

06.12.2022 – Alles ist möglich. So kann es gut sein, dass die SunMachine für immer eine spinnerte Idee von visionären Enthusiasten bleibt. Aber es auch durchaus möglich, dass das „persönliche“ Solarkraftwerk tatsächlich realisiert wird. Und zwar noch bevor Elon Musk mit seiner Entourage auf dem Mars gelandet sein wird. Wer weiß das schon in Zeiten, in denen die Welt auseinanderzufallen scheint?

Falls die SunMachine auf einer Fläche von drei mal drei Metern demnächst errichtet werden sollte, dann hat Ulrich Kaiser daran sicherlich großen Anteil. Der renitent-ausdauernde Tausendsassa aus der Gemeinde Grenzach-Wyhlen, direkt an der Schweizer Grenze nach Basel, ist seit vielen Jahren, ja, seit fast vier Jahrzehnten mit der Thematik SunMachine verbandelt. Er war als Assistent vom Ideenschöpfer, dem Filmemacher Hellmuth Costard, immer nahe daran, als die ersten Entwürfe und Konzepte zur SunMachine die Welt erblickten und weiterentwickelt wurden.

Er war auch dabei als dann der Film „Aufstand der Dinge“ entstand. Und zwar unter sehr chaotischen und dramatischen Bedingungen; unter anderem war einer der Drehorte pikanterweise auf der Krim, wo die Sowjetunion damals eines der weltweit größten Solarforschungsprojekte betrieben. Costards  Film thematisierte die SunMachine und erzählte den Plot, dass zwei Außerirdische mittels Parabolspiegel versuchen, so viel Sonnenenergie zu bündeln, um mit dieser hochkonzentrierten Energie ihr Raumschiff anzutreiben, um die Erde (endlich) verlassen zu können.

The SunMachine is coming down

Ungefähr vier Jahrzehnte später: Ein schöner Sommertag im Juli 2022 in Grenzach-Whylen. Die Messe in der katholischen Kirche wird nur von einer Handvoll Seelen besucht. Ein paar Meter weiter direkt am historischen Pavillon des Emilianum in einem kuscheligen Park ist auf der Matinée unter dem Titel „The SunMachine is coming down“ einfach mehr Sonne, mehr Vibration, mehr los: Drei Dutzend Interessierte, darunter auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Takis Mehmet Ali, sind der Einladung von Ulrich Kaiser gefolgt. Sein Thema ist, wie sollte es anders sein: Die SunMachine.

Personal Sonnenkraftwerk

Aber was ist denn nun die SunMachine technisch eigentlich? Helmuth Costard, für seine technischen Experimente zu mindestens unter Filmleuten berühmt-bekannt, spornte in den achtziger Jahren zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen und Freunden, darunter auch Bernd Upnmoor, der später erste technische Konzepte entwarf, der Gedanke an, ähnlich wie einem Personal Computer (PC), ein Personal Sonnenkraftwerk zu kreieren, welches den Menschen in die Lage versetzt, unabhängig von irgendwelchen Netzen und profitorientierten Energieunternehmen ausreichend Strom und Wärme selbst und quasi umsonst erzeugen zu können. Als Energiequelle dient die Sonne.

Schöner Gedanke, der im Übrigen weit vorher schon in der Luft lag, als der Terminus „Energiewende“ noch gar nicht existierte. Doch während die gegenwärtige Energiewende stockt, und, wie wir alle wissen, noch längst nicht vollendet ist, aber immerhin mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland zumindest schon Fahrt aufgenommen hat, ist die energiedemokratisch konzipierte SunMachine nie aus ihrem theoretischen Stadium herausgekommen.

Kaiser will das ändern. Unter alten Kastanien skizziert er die technische Dimension. Herzstück der Apparatur sind flexible Rinnen-Parabolspiegel, die auf zwei Achsen montiert computergesteuert der Sonne nachgeführt werden, so dass die Sonnenstrahlen auf eine Brennlinie treffen. Die gebündelten Sonnenstrahlen werden dann in ein geschlossenes, vertikal angeordnetes Rohr-/Schlauchsystem mit interner wässriger Lösung überführt. Das Medium ist erhitzbar bis ca. +200 Grad Celsius und abkühlbar bis ca. minus 20 Grad Celsius, eigenrotierend durch thermische Konvektion. Anschließend gelangt das erhitzte Medium in ein zweites, in sich geschlossenes System, bestehend ebenfalls aus Wasser, das in einem Granit-/Basalt-/Lavagestein-Druckbehälter (alternativ Schamotte) - ummantelt von einer Edelgaskammer – eingelagert wird.

Das Ganze ist so konzipiert, dass es zu jeder Jahreszeit einen Vier-Personen-Haushalt ausreichend mit Wärme versorgen kann. Darüber hinaus ist auch eine (teilweise) Transformation in mechanischer Energie mittels einer kleinen Dampfturbine möglich, die wiederum einen Stromgenerator optional antreiben kann; mit Hilfe eines Wechselrichters kann dann der Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt werden, so dass alle Hausgeräte und Leuchtmittel arbeiten und leuchten können.

Kreislaufwirtschaft mitgedacht

Der Clou, der ganzen Konstruktion, die von Dipl.-Ing. Hanspeter Aigeldinger und Ulrich Kaiser in einem Blockdiagramm im Jahr 2016 grob definiert wurde, ist: Fast alle Bauteile sind aus recycelten Elementen bzw. sind auf dem „freien Markt“ für den Endverbraucher erhältlich. Die SunMachine wäre also unabhängig von seltenen Erden, von Lieferketten-Engpässen und all den übrigen Materialien, die in der industrialisiert-globalen Solarwirtschaft gewöhnlich verwendet werden. Mit anderen Worten: Sie wäre damit eine originär dezentrale Energieerzeugungsanlage – in der Region für die Menschen in der Region. Eine Energieerzeugungsanlage, die emanzipiert von Shareholder Value und Gewinnmaximierungsprämissen ist.

Eine SunMachine wäre ein Gegenstück zu denjenigen Solarprodukten, die kaum oder nur sehr schwer recyclebar sind; weshalb beispielsweise ein Michael Braungart, ausgewiesener Promoter des Crade-to-Cradle-Prinzips, einem kompletten stofflichen Kreislauf der eingesetzten Ressourcen, despektierlich von „PV-Schrott“ spricht, der auch auf hiesigen Dächern installiert worden sei.

Braungart hätte sicherlich seine große Freude an der SunMachine, die nur das verwendet, was ohnehin schon in der Welt ist. Ob Kaiser mit Braungart nun bereits Kontakt aufgenommen hat? Aber unabhängig davon, der südbadische Streiter für die SunMachine, Ulrich Kaiser, versucht derzeit Spenden einzusammeln, um eine technische Machbarkeitsprüfung unter der Regie von Anna Heimsath, Abteilungsleiterin für Concentrating Collectors and Optics, High Temperature Solar Thermal and Industrial Processes beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, beauftragen zu können.

Indes beurteilt die Physikerin Anna Heimsath die SunMachine als „ein spannendes Kunstprojekt“, das im Grunde genommen eine Mini-Variante von großen solarthermischen Kraftwerken sei, wie es sie schon zahlreich in Marokko und Spanien gibt. Ob es im Minimaßstab wirtschaftlich Sinn mache, daran zweifelt die Expertin zwar ein bisschen, doch sagt sie auch, „wir brauchen alle möglichen Arten der Erneuerbaren Energien, wieso nicht auch eine SunMachine?“ Und gerade in Krisenzeiten, wo Lieferketten nicht mehr gut funktionieren, Installationspreise nach oben schießen, und es neue Wege und kreative Ideen braucht, um tatsächlich mal von den fossilen Energien wegzukommen und um spürbaren Klimaschutz zu bewirken.

Alle solaren Lösungen fördern

Dazu gehören sicherlich auch Balkon-Minikraftwerke, Agri-Photovoltaik, schwimmende PV, Lärmschutzwälle aus PV, in Dachpfannen integrierte Solarzellen und vielleicht eben auch eine SunMachine. Heimsath sieht den Einsatz von der SunMachine in hiesigen Breiten, rein vom „technischen Bauchgefühl“ her, eher passend für dauerhafte Wärmeabnehmer wie einem Gewerbebetrieb als für ein Einzelfamilienhaus, das im Sommer doch wenig Wärme braucht.

Visionärer Praktiker

Wie auch immer, „alles ist einfach, aber das Einfache ist schwierig“, beginnt Kaiser seinen Vortrag im Park unter alten Kastanien. Bezeichnenderweise. So verhält es sich eben auch mit der SunMachine, die in ihrer Einfachheit als kleines, autarkes energietechnisches Konstrukt, ein Minikraftwerk von neben und für jedermann und jedefrau, so einleuchtend dezentral wirkt, aber auch wieder so metaphorisch ungreifbar, weil einfach zu visionär und dann doch in der Summe des Einfachen zu komplex wird.

Vielleicht auch einer der Gründe dafür, dass keiner aus der Solarbranche sich bisher an die Realisierung eines Prototyps herangetraut hat. Vielleicht weil der visionär-holistische Ansatz, personalisiert, recyclebar und installierbar für die eigenen vier Wände, wie eine soziale Plastik grüner Visionen der achtziger Jahre daherkommt? Oder doch einfach nur deshalb, weil man damit nicht viel Geld verdienen kann und nur die „Welt rettet? Und zwar hinter dem eigenen Haus, hinter dem Mietobjekt, im Garten, auf dem Feld, in der Straße oder wo sonst auch. Ein bisschen anarchisch, unkonventionell, eben sozialkulturell verankerte Energie.

Von daher ist die SunMachine auch ein Objekt, das von künstlerischem Zauber umgeben ist, der auch bei den Akteuren innerhalb der Erneuerbaren Energien, je mehr sie in die Offensive gehen, oft sträflich zu vermissen ist. All electric rettet nicht die Welt, wenn nicht alle Befürworter begreifen, dass Energie eben nicht nur materiell ist. Dabei sind Ulrich Kaiser und seine Mitstreiter, unter anderen Arno Dietsche und Bernd Upnmoor, keine neuen Energie-Apostel, sondern Befürworter einer dringend gebotenen Dezentralisierung der Energieversorgung. Dierk Jensen


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Beatrice Ortlepp 14.12.2022, 20:34:20

+106 Gut Antworten

Ein paar Fotos oder Bilder zur Erklärung, hätten wir sehr geholfen. Bilder lockern auch diesen langen, langen Text auf.

ulrich werner kaiser 06.01.2023, 07:38:18

+34 Gut

liebe frau ortlepp,

 

bitte rufen sie mich unter +49 / (0)7624 / 989 62 48 gerne an. fotos und sonstige infos gibz haufenweise, siehe beispielsweise hier: file:///C:/Users/skull/OneDrive/Desktop/div.%20zeitungsartikel/BZ_02.06.2021_Sun%20Machine.pdf .

 

ihnen damit sonnige grüße aus wyhlen nach kagendorf.

 

ihr uwk

brauer,charles 30.12.2022, 08:45:18

warnung vor herrn kaiser,der ein wichtigtuer ersten ranges für mich ist,der mit seinen jeweiligen projekten scheitert,mir und anderen immer noch geld schuldet und an freunde und bekannte aus heiterem himmel grüsse zum jahreswechsel schickt,die unglaublich scheinen!

ulrich kaiser 05.01.2023, 13:25:46

...eine legitime einlassung eines alten, verbitterten, ehemals berliner, selbstverliebten, jetzt oasen-schweizer grantlers.

 

in gestrenger tradition meines lehrers hellmuth costard scheint es nun auch mir zu gelingen, die wissenschafts-, kunst- und kulturwelt zu polarisieren, siehe hier: http://costard.arnodietsche.de/Hellmuth_Costard_3.html .

 

ansonsten: der schweiger kennt und genießt.

 

freundliche und gelassene grüße,

 

ulrich kaiser ( ukayser@t-online.de )


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