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BalkonkraftwerkeÜberschüssigen Solarstrom für den guten Zweck?

Eine Stadt mit Kirche von oben
Luftaufnahme von Oldenburg: Schon bald über 550 Steckersolaranlagen in der Stadt. (Bild: Ra Boe / Wikipedia / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de)

Kleine Solaranlagen auf Balkonen für den Eigenverbrauch erfreuen sich großer Beliebtheit. Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Doch was passiert mit dem Überschuss? Ein Ehepaar aus Oldenburg hätte da eine Idee.

19.12.2022 – Für etwa 550 kleinere Solaranlagen bis maximal 600 Watt Leistung haben Privatmenschen in Oldenburg bereits Anträge gestellt oder bereits in Betrieb genommen, Tendenz steigend. So auch das Ehepaar Beate Pyde und Rainer Müller, die seit November 2021 zwei Solarmodule auf ihrem Balkon haben. Und das ohne großen bürokratischen Aufwand. Denn für Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen gelten inzwischen weitreichende Steuerentlastungen und Vereinfachungen. Für Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen auf Gebäuden mit einer Leistung bis 30 Kilowatt muss kein Gewinn ermittelt werden. Das heißt, diese Anlagen sind vollständig von Ertragssteuern befreit. Ebenso gilt eine Befreiung von der Umsatzsteuer.

Jedes Modul des Ehepaars ist sogar auf 300 Watt begrenzt und dient hauptsächlich dem Eigenverbrauch, ohne zusätzlichen Speicher. Doch angeschlossen sind die Module zugleich an das Netz, deren Betreiber die regionale EWE AG ist. Strom, den das Ehepaar nicht selbst braucht, fließt in das Netz der EWE. Und nach Berechnungen von Müller und Pyde belaufen sich die überschüssigen Strommengen auf etwa 230 Kilowattstunden im Jahr. „Wir sind im Unklaren darüber, wie die EWE mit diesen überschüssigen Strommengen verfährt“, so Müller am Telefon. Bei 550 kleineren Solaranlagen und ähnlichen Überschüssen würden das „geschenkte Strommengen“ im Wert von über 40.000 Euro ausmachen, rechnet Müller vor.

Eine direkte Vergütung der Anlagenbetreiber durch die EWE wäre zwar grundsätzlich möglich, würde aber einen erheblichen Mehraufwand für beide Seiten bedeuten, denn vor allem die Privatpersonen nicht stemmen können, auch nicht das Ehepaar Pyde-Müller. Die schlagen stattdessen vor die Einnahmen aus den Überschüssen der sogenannten Balkonkraftwerke einem guten Zweck zukommen zu lassen. „Da hier voraussichtlich ein nennenswerter Betrag zusammenkommt, haben wir uns gedacht, dass dieses Geld in einem Fonds gebündelt werden könnte, aus dem Haushalte unterstützt werden, die zum Beispiel im Zuge der Energiekrise in Not geraten und denen Stromsperren drohen“, erläutert Pyde.

Ökologische und sozial-solidarische Gründe

Mit einem offenen Brief richtete sich das Ehepaar im Oktober an den Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) und die Stadt Oldenburg, die über den EWE-Verband, gemeinsam mit 21 Landkreisen und Städten, 74 Prozent der Anteile an der EWE hält. Man wolle nicht aus Gewinnstreben handeln, sondern aus ökologischen und sozial-solidarischen Gründen, so das Ehepaar in dem Brief. Nach anderthalb Monaten bekam das Ehepaar eine Antwort des Oberbürgermeisters indem dem Ehepaar lapidar mitgeteilt wurde, dass ein solches Vorgehen eines zu hohen Verwaltungsaufwands bedürfe, so formulieren es Pyde und Müller am Telefon.

Gegenüber der energiezukunft äußert die Stadtverwaltung, dass die bezifferte Summe von 40.000 Euro seitens des Ehepaars „sehr überschlägig“ sei und „nicht zu verifizieren“. Auf die Frage nach der Einrichtung eines Fonds gab die Stadt zu Protokoll: „Aufwand und Nutzen erscheinen aus unserer Sicht unverhältnismäßig. Vor allem auch, weil die Erfassung der Strommenge nicht konkret möglich ist. Zudem müsste geprüft werden, ob der Strom der EWE überhaupt „geschenkt“ wird oder ob die EWE diesen bilanziell an Dritte weitergibt.“

Wie die EWE mit dem überschüssigen Strom verfährt, darauf gab sie auf Nachfrage keine Antwort. Gegenüber der Nordwest-Zeitung gab die EWE im November an, dass sich die gesamte eingespeiste Energiemenge aus zu diesem Zeitpunkt installierten 500 Balkon-PV-Anlagen auf geschätzt 31 Megawattstunden belaufe. Pyde und Müller hingegen gehen von Überschüssen von 115 Megawattstunden aus. Auch auf Nachfrage zu dieser Differenz äußerte sich die EWE nicht. Das Ehepaar Pyde-Müller blickt indes schon über den Tellerrand Oldenburg hinaus. Laut einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und der Verbraucherzentrale NRW, sind bis zu 190.000 Steckersolargeräte in Deutschland im Einsatz. „Bundesweit werden auf diese Art und Weise jährlich also ca. 43.700.000 kWh gratis ins Netz eingespeist. Dementsprechend geht es jährlich um mehr als 15 Millionen Euro“, so das Ehepaar. Man sei weiter optimistisch, dass ihr Wirken etwas in Gang setze. Manuel Grisard


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Kommentare

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Juri Hertel 19.12.2022, 13:31:44

Eine lobenswerte Idee, schade das die Netzbetreiber und Stadtwerke keine smarten Zaehler ablesen koennen ... ;)

 

Lt. Interessenverband MachDeinenStrom.de sind bereits etwa 1/2 Millionen Balkonkraftwerke installiert:

 

https://mailchi.mp/machdeinenstrom.de/mini-solar-news_19122022


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