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Photovoltaik und LandwirtschaftZukünftige Standards für Agri-PV nehmen Gestalt an

Personen betrachten Solarmodule über einem Gemüsebeet
Unter dem Begriff Agri-PV gehen Photovoltaik und Landwirtschaft gemeinsame Wege. (Foto: Science in HD auf Unsplash)

Solare Kraftwerke benötigen Fläche – das ist ein knappes Gut. Bei der Agri-Photovoltaik kommen Ackerbau und Photovoltaik sprichwörtlich unter einem Dach zusammen. Pilotprojekte haben die Machbarkeit bewiesen, nun werden Normen definiert.

29.04.2021 – Photovoltaikanlagen auf bewirtschafteten Ackerflächen haben in Pilotprojekten beachtliche Ergebnisse erzielt. Weil nutzbare Flächen für Windkraft und Solaranlagen ein Engpass bei der Energiewende sind, schauen immer mehr Marktakteure voller Hoffnung auf dieses junge Segment der erneuerbaren Stromerzeugung.

Die wichtigsten Player der Agri-Photovoltaik haben sich nun erstmals auf wichtige Eckdaten verständigt. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und die Universität Hohenheim hatten den Prozess zur Erstellung einer sogenannten DIN SPEC angestoßen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eine DIN SPEC ist so etwas wie der Vorläufer einer regulären Norm, auf die sich Interessenvertreter einer Branche einigen. Innerhalb weniger Wochen kann damit ein Standard für eine neue Technologie beschrieben werden.

An der Spezifikation zur Agri-PV waren auch der Bundesverband Solarwirtschaft und weitere Vertreter aus Landwirtschaft, Solarindustrie, Forschung und Zertifizierungsorganisationen beteiligt. Im Februar dieses Jahres hatte das Fraunhofer ISE bereits einen Leitfaden zur Agri-Photovoltaik veröffentlicht.

Risiken für Landwirte und PV-Betreiber reduzieren

Ziel der DIN SPEC 91434 ist es, ein Prüfverfahren für Agri-PV-Anlagen vorzubereiten. „Mit dem Standard senken wir das technische Risiko für alle Projektbeteiligten, insbesondere für die Landwirte als Nutzer der Flächen unter der Anlage, sowie für die Betreiber und Genehmigungsbehörden“, sagt Andreas Steinhüser, stellvertretender Leiter der Gruppe Agri-Photovoltaik, vom Fraunhofer ISE. Er ist Leiter des Konsortiums, das die Spezifikation erarbeitet hat.

Die DIN SPEC 91434 legt Kriterien und Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung fest. Sie beschreibt, welche Punkte ein erforderliches Konzept zur landwirtschaftlichen Nutzung enthalten muss – von der Art der Aufständerung der Anlage bis zur Wirtschaftlichkeitskalkulation. Praktisch für den Anwender: Eine Formularvorlage für das landwirtschaftliche Nutzungskonzept wird im Anhang mitgeliefert. Ein weiteres Kapitel legt planerische und technische Anforderungen an Agri-PV-Anlagen fest und liefert so nützliche Hinweise, worauf bei der Anlagenkonzeption zu achten ist. Auch Anforderungen an die Installation, den Betrieb und die Instandhaltung werden im Dokument behandelt.

Parallele Flächennutzung entschärft Konkurrenzsituation

Agri-PV, mitunter auch Agro-PV genannt, gilt als besonders flächeneffizient, da Solarmodule auf landwirtschaftlichen Flächen in größerer Höhe oder in platzsparenden Reihen mit senkrechten Modulen montiert werden. So lässt sich auf dem Boden weiter Landwirtschaft betreiben und die Produktivität der Fläche auf über 160 Prozent steigern. Denn sowohl die Landwirtschaft als auch die Photovoltaikanlage bringen noch rund 80 Prozent des Ertrags, den sie bei alleiniger Nutzung der Fläche erwirtschaften würden.

Mit Agri-PV lassen sich zudem Nutzpflanzen gezielt beschatten oder vor Hagel und Starkregen schützen und so die Folgen des Klimawandels abmildern. „Ist die Anlage technisch entsprechend designet und die landwirtschaftliche Kultur richtig ausgewählt, kann dies sogar zu einer Steigerung der Resilienz und der landwirtschaftlichen Erträge führen“, sagt Sabine Zikeli, Geschäftsleitung des Zentrums Ökologischer Landbau von der Universität Hohenheim. „Das gilt beispielsweise für Obst- und Sonderkulturen, die von zunehmendem Hagel, Frost und Dürre besonders betroffen sind. Eine Teilüberdachung mit PV-Modulen kann davor schützen.“ Weniger Verdunstung und die Möglichkeit, über die Module Regenwasser für die Bewässerung zu sammeln, sind weitere Synergieeffekte.

Ausschreibungsvolumen für Agri-Photovoltaik ab 2022

Die Definition von Standards für Agri-Photovoltaik wird auch deshalb notwendig, weil das EEG 2021 Innovationsausschreibungen für solche Anlagen ab 2022 vorsieht. Das zunächst vorgesehene Auktionsvolumen wurde Mitte April von 50 auf 150 Megawatt aufgestockt. Kritik zu den Rahmenbedingungen der Ausschreibung kommt dabei vom Bundesverband Solarwirtschaft: Er bemängelt, dass nur Ackerflächen und kein Weideland oder anderweitig genutzte landwirtschaftliche Flächen in der Ausschreibung einen Zuschlag erhalten können. Kontraproduktiv sei auch, dass Landwirte, die Photovoltaikanlagen auf ihren Böden betreiben und damit Gewinne erwirtschaften, nach aktuellem Recht keine EU-Beihilfen mehr erhalten dürfen. pf

Die DIN SPEC 91434 „Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung“ ist kostenfrei beim Beuth-Verlag abrufbar.


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