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Energiewende fortsetzenFrischer Wind für die Windkraft – Schlüsselfaktor Akzeptanz

Windeenergieanlagen im Sonnenuntergang
Nach Jahren des Booms droht nun der Windkraft in Deutschland ein Stillstand. Gefordert wird unter anderem eine stärkere kommunale Teilhabe, um die Akzeptanz zu erhöhen. (Foto: Karsten Würth on Unsplash)

Die Windkraftbranche in Deutschland kämpft an mehreren Fronten und sucht neue Wege. Nach Rekordjahren schwächelt der Ausbau und erste Unternehmen bauen Arbeitsplätze ab. Wichtige Stellgrößen sind eine verbesserte kommunale Einbindung sowie die zügige Umsetzung von Sonderausschreibungen.

14.08.2018 – Mit über 100 Terawattstunden eingespeistem Strom stellte die Windenergie im vergangenen Jahr erstmals den zweitgrößten Anteil an der deutschen Stromproduktion. Sie lag damit vor Atomenergie und Steinkohle. Die installierte Leistung aus Onshore-Windenergie in Deutschland kletterte auf knapp 51 Gigawatt (GW) plus rund 5,4 GW Offshore-Windkraft. 1.792 neue Onshore-Windenergieanlagen mit 5.334 Megawatt (MW) Leistung wurden im Jahr 2017 neu installiert, die Zahl der Beschäftigten in der Branche kletterte laut Angaben des Bundesverbands Windenergie (BWE) auf über 160.000.

Drastischer Rückgang des Zubaus – warnendes Beispiel Enercon

Doch es kriselt und die Branche bekommt zunehmend politischen Gegenwind zu spüren. Im Juli schlug die IG Metall Küste Alarm und machte darauf aufmerksam, dass in den vergangenen Monaten bereits über 2.000 Arbeitsplätze in der Branche verloren gingen und bereits mehrere Firmen wie Senvion, Powerblades und Carbon Rotec ihre Werke schließen mussten. Jüngst kündigte nun Enercon an, 800 Arbeitsplätze abzubauen. Es wird erwartet, dass der Zubau von Windkraft in Land in Deutschland in diesem Jahr auf rund 3,5 GW zurückgeht, im kommenden Jahr auf gar nur noch maximal zwei GW.

Verstärkte internationale Konkurrenz – veränderte Akteursstruktur

„Enercon könnte nur der Anfang sein und es droht ein energiepolitischer Stillstand“, warnt nun BWE-Präsident Herman Albers. Die Branche kämpft mittlerweile an mehreren Fronten. Zum einen sieht sie sich in Folge der Internationalisierung der Märkte mit „wesentlichen Änderungen der Akteursstruktur“ konfrontiert, wie Albers unterstreicht. Die Konkurrenz aus dem asiatischen Raum nehme zu und immer mehr große Player wie Investmentfonds, außereuropäische Investorengruppen, konventionelle Energieversorger und Versicherungen stiegen in die Windkraft ein. Dies bedrohe bisher eher mittelständische Strukturen und verschlechtere durch die fehlende örtliche Verankerung die Akzeptanz und die Wertschöpfung im ländlichen Raum. Dazu kommt ein steigender Kostendruck durch die Umstellung der Finanzierung von festen Einspeisevergütungen auf Ausschreibungen sowie Unsicherheiten bei der Genehmigung.

Politischen Stillstand der Energiewende beenden

Vor allem nimmt nun der BWE-Chef die Politik in die Pflicht. Der Energiewende drohe ein Stillstand, die Bundesregierung müsse dringend gegensteuern. Vordringlich müssten nun vor allem die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen von zwei GW Windenergie auf den Weg gebracht werden. „Unmittelbar nach der Seit Juli 2017 schaut die Politik im Wesentlichen zu, wie die Energiewende zum Stehen kommt. Sommerpause braucht es eine klare Zusage, mit welchem Zeit- und Mengengerüst beim Ausbau der Erneuerbaren Energien die Koalition die Energiewende weiterführen will. Seit Juli 2017 schaut die Politik im Wesentlichen zu, wie die Energiewende zum Stehen kommt. Die zukünftige Konkurrenzfähigkeit der leistungsstarken deutschen Windindustrie wird dadurch in ihrem Kern gefährdet. Niemand kann wollen, dass wichtiges Knowhow verloren geht und Wertschöpfung ins Ausland verlagert wird“, unterstrich Albers vergangenen Freitag zur Eröffnung der Fachmesse Rostock Wind. Das Bekenntnis des Koalitionsvertrags zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent und zum zusätzlichen Strombedarf im Verkehr, in Gebäuden und der Industrie müsse endlich mit realen Gesetzesinitiativen unterlegt werden.

Auch Länder gefordert

Angesichts langer Planungszeiten von durchschnittlich drei bis fünf Jahren müsse unmittelbar gehandelt werden, um die Ausbaudelle nicht zu einem Ausbaugraben werden zu lassen, der sich kaum noch korrigieren lasse. Gefordert seien hier auch die Bundesländer, vor allem Sachsen und Bayern. Diese drohten mit ihrer Anti-Windkraft-Politik auchWährend in Bayern zumindest die Forstverwaltung eine Evaluierung für den Bau von Windparks vorgelegt hat, verfolgt Sachsen trotz seines hohen Potentials eine besonders restriktive Politik und hält stattdessen am Kohlebergbau in der Lausitz fest.künftige Teilhabe an der Wertschöpfung im Energiesektor zu verpassen, schreibt Albers den Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Markus Söder ins Stammbuch. Während in Bayern zumindest die Forstverwaltung eine Evaluierung für den Bau von Windparks vorgelegt habe, verfolge Sachsen trotz seines hohen Potentials eine besonders restriktive Politik und halte stattdessen am Kohlebergbau in der Lausitz fest.

Nicht nur Kostenorientierung – Bürgerenergie nicht unter die Räder bringen

Der Verbandschef wendet sich jedoch gleichzeitig gegen eine reine Kostenorientierung bei der Förderung und fordert entsprechende Änderungen des EEG. Ein günstiger Preis dürfe nicht das einzige Kriterium sein. So warnte Albers davor, dass Bürgerenergie- oder Genossenschaftsprojekte bei Preisen von unter vier Cent/Kilowattstunde auf der Strecke blieben. Damit werde die Verankerung von Projekten vor Ort sowie die örtliche Akzeptanz weiter gefährdet. „Ein zugespitztes Ausschreibungssystem, das sich hauptsächlich am Preis orientiert steht teil im Widerspruch zur Wertschöpfung im ländlichen Raum“, sagt der gelernte Landwirt Albers, der schon seit 1993 selbst Windparks betreibt. „Ich glaube nicht, dass es nachhaltig ist, wenn amerikanische Investoren bei uns im ländlichen Raum Windparks planen“. Unter anderem könnten internationale Investoren einfacher Steuerlöcher finden und nutzen, weil „sie sich ja dann nicht dem Stammtisch vor Ort“ stellen müssen wie regional verankerte Bürgerenergieprojekte, Landwirte oder örtliche Investoren. Entsprechend blieben weniger Gewerbesteuereinnahmen bei den Kommunen hängen, die vor allem im ländlichen Raum dringend oftmals dringend darauf angewiesen seien.

Menschen vor Ort einen Vorteil bieten

„Entscheidend ist, dass die Menschen vor Ort auch einen Vorteil von den Anlagen haben“, unterstreicht Albers. Um dies zu erreichen spricht er sich unter anderem dafür aus, mehr Direktbelieferungen von Haushalten, Gewerbebetreiben oder Stadtwerken mit Strom aus örtlichen Windparks zuzulassen. Zudem müsse mehr örtliche Beteiligung an Projekten ermöglicht werden, jedoch mit umsetzbaren und nicht zu starren Vorgaben, fordert Albers mit einem Seitenhieb auf eine bestehende Regelung in Mecklenburg-Vorpommern zur kommunalen Beteiligung, die jedoch bisher weitgehend ins Leere läuft.

Vorschläge sollen noch entwickelt werden

Wie dies künftig konkret besser gestaltet werden kann, ist im Moment noch offen. Man arbeite noch an entsprechenden Vorschlägen, so Albers. Als sinnvolle Stoßrichtung sehe man eine Empfehlung von Agora Energiewende vom Anfang dieses Jahres. Vorgesehen ist eine im EEG verankerte kommunale Sonderabgabe für Windparkbetreiber, die sich unter anderem an der Anlagenhöhe und der Leistung bemisst. Anfang August veröffentlichte die Bundesregierung eine Ausschreibung für einen Dienstleistungsauftrag zur Entwicklung entsprechender Vorschläge für ein kommunales Beteiligungskonzept.

Ob dies ausreicht „Hardcore“-Windkraft Kritikern des rechten CDU/CSU Flügels wie Fraktionsvize Carsten Linnemann oder dem Brandenburger Bundestagsabgeordneten Jens Koeppen, der nordrhein-westfälischen FDP und der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen, bleibt abzuwarten. Dazu kommen Initiativen wie Vernunftkraft, die sich den Kampf gegen die Windenergie auf die Fahne geschrieben haben und örtliche Gruppen mit umstrittenen und einseitigen Informationen füttern und vernetzen. Hans-Christoph Neidlein


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Rudolf Koenig 30.08.2018, 06:58:45

+261 Gut Antworten

Sehr geehrter Herr Neidlein,

es ist einfach Enercon als Opfer zu stilisieren - nur trifft das nicht zu. Sie wissen selbst am besten, daß subventioniertes Geschäft immer Gefahr läuft, bei Wegfall der Subventionen nicht mehr rentabel zu sein. Genau das passiert mit Enercon in Deutschland. Das Unternehmen hat schlicht von unserem Steuergeld gelebt. Im Ausland, dort wo halbwegs marktwirtschaftliche Verhältnisse herrschen, schlägt sich Enercon gut.

Und wissen Sie, was die Akzeptanz vor Ort gefährdet? Offensichtlich nicht. Es sind Nabenhöhen um die 150m, die das klassische (und schöne) Bild einer Windkraftanlage zerstören und mit ihm auch die umgebende Naturlandschaft.

Freundliche Grüße

Rudolf Koenig


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