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PermafrostbödenDie arktische Tundra taut

Tauender Permafrost auf Herschel Island, Kanada
Tauender Permafrost (Bild: Boris Radosavljevic / wikimedia / CC BY 2.0)

Der älteste Permafrostboden Sibiriens beweist, dass Permafrostböden auch Hitzezeiten überstehen können. Doch immer mehr Permafrostböden tauen. Drastische Folgen machen sich bereits bemerkbar. Viehzucht könnte regulierend wirken.

23.11.2021 – Forscher des Alfred-Wegener-Instituts und des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung haben den bisher ältesten Permafrostboden von Sibirien entdeckt. Forscher untersuchen nun, wie der Permafrost geschützt werden könnte. Auch Landwirtschaft auf Permafrostböden wird zum Thema.

Permafrost überdauerte historische Hitzezeiten

Permafrost ist sowohl sehr widerstandsfähig als auch sehr anfällig. Dies beweist der Fund des bisher ältesten Permafrostbodens in Sibirien. Forscher entnahmen Bodenproben an einem durch Eisschmelze entstandenen Krater im Osten Sibiriens. Der gefrorene Boden ist mindestens 650.000 Jahre alt. Dies zeigt, dass der Permafrost bereits deutlich wärmere Perioden der Erdgeschichte überstanden hat, ohne vollständig abzutauen.

In der Vergangenheit wurden immer wieder Forscherstimmen laut, die keine Rettung für die Dauerfrostböden der Welt sahen. Sie gingen davon aus, dass Permafrostböden bei einer Erwärmung des Klimas automatisch auftauen würden. Das Alter des Permafrostbodens beweist nun, dass dies nicht notwendigerweise der Fall sein muss.

Der sogenannte Thermokarstkrater zeigt jedoch, wie anfällig das für den Permafrost notwendige Ökosystem ist, und wie schnell es zerstört werden kann. Das internationale Forschungsteam geht davon aus, dass die oberste, schützende Schicht des Permafrosts in Bagatai in Folge von Entwaldung und der Nutzung von Kettenfahrzeugen abrutschte. Der freiliegende Permafrost taut nun, obwohl an dem Hang im Durchschnitt minus 10 Grad herrschen. Bisher gehen die Forscher davon aus, dass der Schaden irreparabel ist.

Im ewigen Eis schlummert Kohlenstoff

Die Permafrostböden sind Teil des Ökosystems der arktischen Tundra. Grundsätzlich wird Boden als Permafrost bezeichnet, wenn er über mehr als zwei Jahre dauerhaft gefroren ist. Die meisten Permafrostböden sind in der Arktis zu finden, manchmal hunderte von Metern tief, und meist deutlich älter als zwei Jahre. Eingefroren in den Tiefen der Arktis liegen riesige Mengen uralter Biomasse. Viele enthalten Kohlenstoffablagerungen, die aus der letzten Eiszeit stammen, oder sogar noch weiter zurückreichen. Permafrostböden sind also riesige Kohlenstoffsenken. Der IPCC schätzt, dass in den Permafrostböden derzeit mehr als die doppelte Menge CO2 eingeschlossen ist, die sich derzeit in der Atmosphäre befindet.

Die Eisschmelze des Permafrosts könnte katastrophale Folgen haben. Neben der Freisetzung von großen Mengen CO2 und Methan, könnten die enormen Mengen Tauwasser potenziell auch die Meeresströmungen beeinflussen. Bereits jetzt ziehen die schmelzenden Permafrostböden den vor Ort lebenden Menschen buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Straßen, Häuser und auch Pipelines verlieren ihr Fundament und sacken ein.

Den eisigen Boden bewirtschaften

Einige Forscher und Politiker argumentieren, dass die Temperaturveränderung in der Arktis auch Chancen eröffnet. Sie folgen der Annahme, dass sich die globale Landwirtschaft mit dem Fortschreiten der Erderwärmung nach Norden verlagert. Besonders Russland sieht sich deshalb als möglicher Gewinner des Klimawandels.

Wissenschaftler sind sich jedoch noch uneins darüber, in welchem Maße und zu welchem Zweck Landwirtschaft auf den Permafrostböden machbar und sinnvoll ist. Einerseits gibt es bereits Menschen, die den eisigen Boden beackern. Im Yukon im Norden von Kanada haben sich erste Farmer angesiedelt, die in der obersten Schicht des Permafrosts Pflanzen anbauen. Wie sich die landwirtschaftliche Nutzung der tauenden Permafrostböden im Yukon auf den Boden auswirkt, erforscht das Thünen-Institut in Braunschweig im laufenden Projekt Breaking the Ice. Erste Ergebnisse ihrer Forschung zeigen, dass sich in der oberen Auftau-Schicht des Permafrosts in Folge der Bepflanzung neue, fruchtbare Erde bildet.

Auch die Viehzucht auf dem Dauerfrostboden wird erforscht. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Potsdam untersuchen die Eigenschaften des Permafrosts bereits seit mehreren Jahren. In Kooperation mit russischen Wissenschaftlern verfolgen sie unter anderem laufend ein großangelegtes Projekt in Ostsibirien, den sogenannten Pleistocene-Park. Hinter dem Projekt steht die These, dass das Tauen der Permafrostböden aufgehalten werden kann, wenn die ursprüngliche Steppentundra wiederhergestellt wird. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Boden, auf dem Tiere grasten, im Winter kälter bleibt und dementsprechend mehr Kohlenstoff speichert. Grasende Tiere, auch in Form lokaler Viehzucht, könnte so dafür sorgen, dass Permafrostböden erhalten bleiben. jb


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