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Klimaklage





Erdgas-LieferketteMethan-Emissionen bleiben ein großes Klima-Problem

Gas-Pipeline, über eine Brücke im Wald geführt
Klimaschädliche Brückentechnologie – Gas-Pipeline (Foto: Györgyfi, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Klimaschädliches Methan entweicht in der gesamten Lieferkette der fossilen Gasindustrie. Laut Befragung zeigen Europas Erdgas-Unternehmen wenig Engagement bei der Lösung des Problems. Es gibt kaum Reduktionsmaßnahmen und nur vereinzelte Messungen.

10.05.2022 – Das zweite Jahr in Folge haben die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald eine Methan-Abfrage in der europäischen Erdgas-Branche durchgeführt. Mit wenig erfreulichem Fazit: Viele der Unternehmen ignorieren demnach weiterhin die klimaschädlichen Methan-Emissionen, die entlang der Lieferkette entweichen.

Das Treibhausgas Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas und heizt das Klima deutlich stärker an als CO2 – über einen Zeitraum von 20 Jahren ist die gleiche Menge 83-mal klimaschädlicher. Methan kann bei Förderung, Verarbeitung und Transport, also entlang der gesamten Erdgaslieferkette, in die Atmosphäre entweichen. Die Methan-Emissionen der Gasindustrie allein sind für 0,1 Grad Erderwärmung verantwortlich.

39 von 51 Unternehmen haben zur Befragung keine Stellung bezogen, was DUH und urgewald als ein deutliches Zeichen mangelnden Engagements in der Reduktion von Methan-Emissionen werten. Nur vier der zwölf Unternehmen, die geantwortet haben, konnten konkrete Angaben zu identifizierten Leckagen machen, berichten die Umweltschutzorganisationen. Messungen führten die Unternehmen außerdem nur selten durch, stattdessen geben sie errechnete Werte an. Das führe zu einer massiven Unterschätzung der Emissionen und damit auch der Klimawirkung, mahnen die Umweltschützer.

Ein Umdenken in der Branche habe nicht stattgefunden. Dabei sei in der Zwischenzeit unter anderem durch den neuesten IPCC-Bericht klar geworden, dass Methan-Emissionen kurzfristig und drastisch reduziert werden müssen, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten. Anstatt auf freiwillige Initiative zu setzen, fordern daher die DUH und urgewald eine dringende Nachbesserung der Methan-Verordnung auf EU-Ebene mit weitreichenden ordnungsrechtlichen Vorgaben für die Gasindustrie.

Derzeit beruhen die in Deutschland geltenden Regelungen zum Umgang mit Leckagen auf einer „technischen Selbstverwaltung“ durch die Erdgaswirtschaft, berichten die Umweltschutzorganisationen. Anstatt regelmäßiger Überprüfungen durch die zuständigen Behörden werde davon ausgegangen, dass der Stand der Technik durch die Betreiber eingehalten wird. Jüngste Untersuchungen der Internationalen Energieagentur belegten jedoch, dass die Methan-Leckagen des Energiesektors 70 Prozent höher sind als offiziell angegeben.

Das Prinzip der Freiwilligkeit zur Lösung des Methan-Problems sei gescheitert, kommentiert DUH Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner das Ergebnis der Befragung. „Was wir dringend brauchen, sind verbindliche Regeln, um die Gasunternehmen zur effektiven Kontrolle und Berichterstattung ihrer Methan-Emissionen zu zwingen.“ Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Methan-Verordnung reiche nicht aus, denn er lasse die Lieferkette außer Acht. „Nur auf die Gasinfrastruktur innerhalb der EU zu schauen, greift aber viel zu kurz: 90 Prozent der Methan-Emissionen des europäischen Gasverbrauchs entstehen, bevor dieses Gas überhaupt in der EU ankommt. Das Europäische Parlament und die Bundesregierung müssen den Entwurf dringend nachschärfen. Nur so können zukünftig in der gesamten Lieferkette Leckagen effektiv vermieden werden“, mahnt der DUH-Chef.

Mit der Methan-Verordnung, die im Dezember 2021 als Kommissionsvorschlag veröffentlicht wurde, will die EU erstmals Verpflichtungen zur Messung, Meldung und Verifizierung von Methan-Emissionen, zur Feststellung und Reparatur von Leckagen sowie ein Verbot des routinemäßigen Abfackelns und Abblasens von fossilem Gas einführen. Die neuen Regeln sollen aber nur für die Gasinfrastruktur in der EU gelten und nicht für die gesamte Lieferkette.

Die DUH und urgewald fordern eine ambitioniertere Methan-Verordnung, die alle Unternehmen zur Messung und Reduktion der Methan-Emissionen verpflichtet. Diese müsse auch Öl- und Gasimporte abdecken. Darüber hinaus sollte die drohende Verwässerung der Berichterstattungs- und Leckage-Reparaturpflichten durch den Europäischen Rat dringend verhindert werden. „70 Prozent der Methan-Emissionen des Öl- und Gassektors können relativ einfach mit der derzeitigen Technologie vermieden werden – 45 Prozent davon sogar ohne Nettokosten für die Unternehmen“, sagt Sonja Meister, Energie-Kampaignerin bei urgewald. „Aber es scheitert an der Ignoranz und Unwissenheit der Energieunternehmen, die sich damit dem Klimaschutz verweigern.“

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