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Nachgefragt
19. Oktober 2022

Die Stimme der Nachhaltigen Wirtschaft

Viele Unternehmen handeln bereits aus eigener Motivation zukunftsgerichtet. Doch die Rahmenbedingungen behindern nicht selten nachhaltiges Wirtschaften. Ordnungsrecht und Gesetze für echten Klimaschutz werden gebraucht.

Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft.

Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft.
Foto: BNW e.V.

Frau Reuter, wofür engagiert sich der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft und warum ist das notwendig?

Wir sind die Stimme der Unternehmen, die aus eigener Motivation bereits zukunftsgerichtet handeln, obwohl die politischen Rahmenbedingungen in der Vergangenheit dafür eher hinderlich waren. In diesen Tagen gehen mehr Türen auf als früher, wir werden als Partner der Transformation angesehen, darüber freuen wir uns. Doch notwendig ist unser Engagement nach wie vor, denn in der öffentlichen Diskussion ist oft von „der“ Wirtschaft die Rede, die man nicht mit allzu viel Klimaschutz überfordern dürfe. Aber es gibt eben auch unsere Stimme, die der verschiedensten Unternehmen, die genau darin schon seit Jahren vorangehen und Ordnungsrecht und Gesetze für echten Klimaschutz einfordern.

Welche Themen stehen gerade ganz oben auf Ihrer Agenda?

Das sind im Moment die Circular Economy Hubs. Wir wollen vier regionale Anlaufstellen aufbauen, um kleinen und mittleren Unternehmen Transformationshilfe hin zur Kreislaufwirtschaft zu geben. Denn Fragen gibt es viele – wie kann ich anfangen? Muss ich mein ganzes Geschäftsmodell ändern? In der Kreislaufwirtschaft sehen wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Auch in Brüssel auf europäischer Ebene sind wir dazu aktiv – und begleiten daneben relevante Prozesse wie die Überarbeitung der nichtfinanziellen Berichterstattung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die großen Debatten werden von der Industrie politisch dominiert, beispielsweise aktuell bei der Allianz für Transformation. Das ist ebenfalls eine Aufgabe, die wir wichtig finden – den Mittelstand mitzudenken und ihm eine Stimme zu geben.

Wo sind denn die Herausforderungen für den Mittelstand besonders groß?

Es sind oft die fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen, um neue Themen anzugehen, neue Anforderungen regelkonform umzusetzen oder selbst an neuen Regeln und Normen mitzuarbeiten. Fördermöglichkeiten sind oft schwer zu durchschauen und ein Antrag wiederum zeitintensiv. Besonders bei der Forschungsförderung sehen wir die KMU im Nachteil.  Wir fordern daher eine KMU-Quote bei der Vergabe von Forschungsmitteln.

Das Thema Beratung taucht immer wieder auf, was tut der BNW an dieser Stelle konkret?

Wir haben gerade im Bündnis mit der DENEFF und anderen Unternehmensverbänden eine Hotline zu Fragen der Energieeinsparung für Unternehmen eingerichtet. Ein positives Beispiel im punkto Beratung leistet für Berliner Unternehmen auch die Koordinierungsstelle für Energieeffizienz und Klimaschutz. Das Basisangebot ist kostenlos und für KMU gibt es darüber hinaus noch einen ganzen Tag Beratung kostenfrei und ganz individuell für das jeweilige Unternehmen. Wir setzen uns genau dafür ein: niedrigschwellige Angebote zu schaffen, die auch für KMU passen.

Auf welche Erfolge kann der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft zurückblicken?

Wir feiern in diesem Jahr unseren 30. Geburtstag und was uns von Anfang an begleitet, ist die Energiepolitik. Wir standen Pate bei der Entstehung des EEG, Nina Scheer war meine Vorgängerin in der Geschäftsführung des Verbandes. Rund um das Freihandelsabkommen TTIP haben wir die Mittelstandsinteressen und Sorgen platziert. Wir gehören zu den Initiatoren der Bewegung Entrepreneurs for Future und betreuen die Arbeit bis heute. Im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit haben wir beispielsweise für die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes – das noch besser werden muss – gekämpft.

Wo sehen Sie Lichtblicke für nachhaltiges Wirtschaften?

Der große Lichtblick ist sicherlich, dass die aktuelle Krise allen vor Augen geführt wird, welche wahnsinnigen Vorteile die Erneuerbaren haben. Energie zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien, das bekommt plötzlich eine andere Dimension, auch eine sicherheitspolitische, und bisher zögerliche Akteure werden mobilisiert. Darüber hinaus gibt es viele kleine positive Schritte. Dazu gehört die Ankündigung, das Vergaberecht nachhaltig zu gestalten, eine Strategie für die Kreislaufwirtschaft zu erarbeiten. Das sind Punkte, die wir schon lange gefordert haben und die nun hoffentlich in die Umsetzung kommen. Und wir hoffen, dass den Erneuerbaren Energien noch mehr Fesseln und Bremsen abgenommen werden und die reaktivierten Kohlekraftwerke genauso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind.

Wie stehen Ihre Mitgliedsunternehmen in der aktuellen Energiekrise da?

Das ist natürlich sehr verschieden. Aber dennoch kann man grundsätzlich sagen, dass sie nicht so stark betroffen sind von den krassen Energiepreissteigerungen wie andere. Einfach weil sie bereits seit Jahren mehr Energieeffizienz im Unternehmen umgesetzt haben, Abwärme nutzen, Pufferspeicher oder selbst erneuerbare Energie erzeugen. Aber auch bei der Lieferketten-Problematik haben sie Vorteile, weil sie eben nicht die anonymen Lieferketten haben, sondern Partner, mit denen sie gemeinsam Lösungen finden.

Das Gespräch führte Petra Franke.


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