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Elektrische LkwsAb 2030 wirtschaftlich mehr als konkurrenzfähig

Lastwagen fährt am Potsdamer Platz entlang
Ein MAN eGTM für den Stadt- und Regionalverkehr. (Bild: Traton, Berechtigung liegt vor)

Fast alle elektrischen Lkws werden ab 2030 nicht nur klimaschonender sondern auch billiger im Betrieb sein als Diesel-Lkws. Zu dieser Schlussfolgerung kommt eine neue Studie, die damit auch synthetischen Kraftstoffen eine Absage erteilt.

18.10.2022 – Auch wenn der Anteil des Schienengüterverkehrs steigen soll, um Klima und Straßen zu entlasten, für gewisse Strecken, etwa den letzten Kilometern zum Zielort der Ware, werden weiterhin Lastkraftwagen in Betrieb sein. Aktuell sind Lkws für 26 Prozent der Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs in der Europäischen Union verantwortlich. Für ein klimaneutrales Europa gilt es daher den Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge zu dekarbonisieren.

Aufgrund der großen Lasten, die fortbewegt werden müssen, galten lange Wasserstoff und andere synthetische Kraftstoffe als Lösung für die europäische LKW-Flotte. Doch die Entwicklung leistungsfähiger Batterien für Motoren schreitet immer weiter voran. Auf kürzeren Strecken sind kleinere E-Lkws vielerorts schon unterwegs und die ersten batteriebetriebenen Langstrecken-Lkws sind in der Entwicklung. Daimler etwa will ab 2024 den E-Actros Long Haul auf den Markt bringen, mit 500 Kilometern Reichweite. Auch die VW-Tochter MAN plant für 2024 die Serienproduktion eines Langstrecken-E-Lkws. Beide Unternehmen wollen den Fokus auf Batterie- gegenüber Wasserstoffbetrieb legen.

Kostengünstiger im Betrieb

Dieses Vorgehen deckt sich mit den Erkenntnissen einer letzte Woche veröffentlichten Studie der Forschungsorganisation Netherlands Organisation for Applied Scientific Research (TNO), im Auftrag von Agora Verkehrswende und Transport and Environment (T&E). Demnach liegen in Prognosen für 2030 die Gesamtkosten von Lkws mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb deutlich über denen von Diesel- und E-Lkws. Sie würden sich demnach nur für Sondernutzungen, zum Beispiel beim Transport von sehr hohen Reichweiten eignen und dort, wo Wasserstoffkosten sehr günstig sind. Die Erzeugung von Wasserstoff ist im Normalfall sehr energieintensiv.

Weitere Erkenntnis der Studie: E-Lkws werden bis 2030 in fast allen Fällen kostengünstiger im Betrieb sein als Diesel-Lkw. Und dass trotz eines auf absehbare Zeit höheren Kaufpreises von Elektro-Lkws und selbst wenn die Entwicklung der Preise für Batterien, Dieselkraftstoff und Strom weniger vorteilhaft für batterieelektrische Lkw angesetzt werden. Dabei müssten die Logistiker keine Abstriche bei Reichweite, Laufzeit und Nutzlast machen. Städtische batterieelektrische Lieferfahrzeuge seien schon heute in Anschaffung und Betrieb in 70 Prozent der Fälle günstiger als Verbrenner. Bis Mitte des Jahrzehnts wird dieser Wert, laut Prognosen von TNO, auf 90 Prozent ansteigen. Bei Langstrecken-Lkw werde der Markthochlauf zunächst langsamer sein, dann aber schnell auf 80 Prozent bis 2026 und 99,5 Prozent bis 2030 ansteigen.

Lademöglichkeiten vorausgesetzt

Doch gelingen kann der Markthochlauf nur mit einer vernünftigen Ladeinfrastruktur. Wie Kristin Kahl vom Logistik-Dienstleister Contargo in einem Webinar von Agora Verkehrswende berichtet, dass die E-Lkw-Flotte des Unternehmens bislang nur auf dem eigenen Hof geladen werden konnte. Im Betrieb auf der Straße „musste schon mal der Sattelschlepper kommen, weil der E-Lkw liegen geblieben ist“. Kahl fordert eine Infrastruktur, bei der alle 60 bis 100 Kilometer Ladesäulen für Lkws zur Verfügung stehen müssten. Erste Fortschritte seien schon erkennbar. Mit einer ausreichenden Ladeinfrastruktur könnten Batterie-Lkw Tagesreichweiten von 800 Kilometern gut abdecken, so die Autor:innen der TNO Studie. Dies sei bei Reichweiten von 400 bis 500 Kilometern pro Batterieladung mit einem Ladestopp von 45 Minuten innerhalb der gesetzlich vorgeschrieben Ruhezeiten von Lkw-Fahrer:innen möglich.

Man habe den Straßengüterverkehr beim Masterplan Ladeinfrastruktur im Blick, sagte Hendrik Haßheider, Leiter des Referats Nutzfahrzeuge im Bundesverkehrsministerium, im Rahmen des Webinars. Bedarfsplanung, Ausschreibungen und das Zusammenbringen der relevanten Akteure werde so schnell wie möglich von seinem Ministerium auf den Weg gebracht und koordiniert versprach Haßheider. Für Ladeinfrastrukturen auf Hauptverkehrswegen brauche es zudem eine europaweite Koordination.

Die Politik ist am Zug

Um den Markthochlauf von E-Lkws insgesamt zu unterstützen, sehen die Autor:innen der Studie und deren Auftraggeber:innen, es als wichtig an, dass die EU ihre Klimaziele für den Straßengüterverkehr deutlich erhöht. Die aktuell gültigen EU-CO2-Emissionsstandards für Lkw würden zu kurz greifen. Bislang ist eine Reduktion um 30 Prozent zu 2019/2020 ab 2030 vorgesehen. Die Autor:innen von TNO fordern Reduktionsvorgaben um 30 Prozent ab 2027, 65 Prozent ab 2030 und 100 Prozent ab 2035. Dann würden Diesel-Lkw ab 2035 nicht mehr neu in der EU zugelassen werden. Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende, sagt: „Auf Basis dieser Studie kann die Politik das Tempo für den Klimaschutz im Straßengüterverkehr mit gutem Gewissen erhöhen. Im Verkehrssektor geht es auf dem Weg zur Klimaneutralität an vielen Stellen nicht so schnell voran, wie es nötig wäre.“

Mit dem vorgeschlagenen Pfad könne die Politik EU-weit Planungssicherheit für Hersteller und Transportunternehmen schaffen und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken, so Fedor Unterlöhner, Bereichsleiter Güterverkehr bei T&E. Die EU-Kommission plant in den kommenden Monaten neue CO2-Flottengrenzwerte für Lkws vorzulegen. „Neben den Flottengrenzwerten hat die Politik weitere Instrumente in der Hand, um die Transformation zu beschleunigen. Effektiv wären in den Jahren bis 2030 vor allem Kaufprämien für emissionsfreie Lkw und nach CO2-Emissionen differenzierte Straßennutzungsgebühren für Lkw“, sagt Unterlöhner. mg


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