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DieselaffäreScheuers schützende Hand

Andreas Scheuer sitzend. Unterzeichnet ein Papier
Andreas Scheuer fährt privat gerne alte Autos. Sein ganzer Stolz: ein BMW von 1987, zuvor im Besitz des langjährigen CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß (Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Nach aktuellem Stand werden Hardwarenachrüstungen in Zukunft nur in geringem Maße eingesetzt. Stattdessen sollen weitere Umtauschprämien die Luft in Städten spürbar sauberer machen. Nutzen wird dies wohl wieder den Kassen der Automobilhersteller.

26.09.2018 – Bei einem Treffen mit Angela Merkel und den Vorständen der deutschen Automobilhersteller stellte Verkehrsminister Andreas Scheuer am Sonntag seine Konzepte zur Vermeidung von Diesel-Fahrverboten vor. Nach Informationen des Handelsblatts sollen Hardwarenachrüstungen in begrenztem Umfang kommen, jedoch nur für 3 neuere Modelle. Auch sollen diese nur zu 80 Prozent von den Automobilherstellern selbst getragen werden. 20 Prozent der Umrüstkosten müsste der Kunde selbst tragen. Nach lautstarken Protesten aus Politik und Gesellschaft revidierte Scheuer diesen Vorschlag und erklärte am Dienstag, Ziel sei es bei möglichen Hardware-Nachrüstungen die Selbstbeteiligung der Halter auf Null zu setzen.

Der BUND kritisiert jedoch weiterhin den begrenzten Umfang möglicher Nachrüstungen. „Sollten tatsächlich nur drei Modelle nachgerüstet werden, zementiert sich damit eine ‘Zweiklassengesellschaft‘ bei älteren Dieseln. Das dürfte zur Folge haben, dass alle anderen Modelle noch stärker an Wert verlieren. Mit dem Resultat, dass Haushalte mit geringerem Einkommen dreifach benachteiligt werden: Ihr Fahrzeug verliert an Wert, sie können sich kein neueres Modell leisten und sind immer noch von Fahrverboten bedroht“, erklärt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim BUND.

Ein höchst attraktives Angebot für den Kunden?

Für ältere Modelle will Verkehrsminister Scheuer deshalb auf großzügige Umtauschprämien setzen. In den 65 Metropolregionen, in denen die Luftreinhaltewerte nicht eingehalten werden, sollen Besitzer von Diesel-Pkws Angebote erhalten, zum Umtausch alter Autos mit Abgasnorm 4 oder schlechter, gegen neue oder gebrauchte, die den Euro-6-Standard erfüllen. Scheuers Konzept nach soll die Differenz zwischen Umtauschprämie und Kaufpreis dabei so klein wie möglich gehalten werden. Der Spiegel – dem das Konzept vorliegt – zitiert aus dem Papier wie folgt: Maßgeblich sei, dass "die Industrie höchst attraktive Angebote für die Kunden vorhält, damit ein Umstieg auf ein modernes Fahrzeug mit Euro 6 erfolgen kann."

Doch die bisher ausgelobte Umweltprämie bewog – zumindest bei Volkswagen – viele bereits zu einem Umtausch. Das Problem: Besonders attraktiv waren die Angebote für den Kauf eines neuen SUVs von VW – 10.000 Euro Prämie gab es, wenn der alte Diesel abgegeben wurde. War dieser jedoch ein Kleinwagen, tendiert der Umweltschutzfaktor gen Null, da ein SUV meist einen sehr viel höheren Verbrauch hat und sich damit im Endeffekt weitaus umweltschädlicher gibt.

Mit diesem Vorgehen betätigt sich die Bundesregierung wieder einmal als Erfüllungsgehilfe für die AutomobilindustrieAuch der BUND warnt vor jeglicher Art von Verkaufsförderprogrammen, die nicht dem Umweltschutz dienen. Diese würden nach Ansicht von Jens Hilgenberg nur helfen noch schnell Diesel der Abgasnorm Euro 6c auf die Straße zu bringen. „Diese Fahrzeuge, die eben nicht der neuesten Abgasnorm – Euro 6d – entsprechen, bleiben einen Nachweis über die Wirksamkeit ihrer Abgasnachbehandlung immer noch schuldig. Mit dem Ergebnis, dass die Stickoxidemissionen der neuen Fahrzeuge im Realbetrieb höher liegen können, als die der zu ersetzenden Euro 4 oder Euro 5 Diesel-Pkw. Mit diesem Vorgehen löst die Bundesregierung das Problem von Dieselfahrverboten nicht, sondern betätigt sich wieder einmal als Erfüllungsgehilfe für die Automobilindustrie“, so Hilgenberg.

Dieselskandal wird zur Chefsache

Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sieht ebenfalls die Gefahr einer weiteren Sonderkonjunktur für die Automobilindustrie. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich traut, sich mit den Autokonzernen anzulegen, dass sie dafür sorgt, dass die Nachrüstung auf Kosten der Autoindustrie stattfindet“, so Hofreiter. Und erneuerte ebenso die Forderung nach einer blauen Plakette und den Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt die Debatte um den Diesel derweil zur Chefsache, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Dafür wurden neben dem Verkehrsministerium weitere Ressorts aus dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium in die Diskussion eingebunden. Bis Anfang kommender Woche wollen die verschiedenen Parteien aus Politik und Automobilindustrie Entscheidungen fällen. Ob diese den Dieselbesitzern und dem Umweltschutz zugutekommen, bleibt fraglich. mf    


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