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Öl und GasAfrikanische Länder wollen fossile Investments fördern

Blick in einen Saal mit vielen Sitzen und einem großen Podium
Die Afrikanische Union ist der Zusammenschluss der 55 offiziell anerkannten Staaten Afrikas, deren Hauptsitz sich in Addis Abeba, Äthiopien befindet. (Foto: GovernmentZA/GCIS) ,flickr ,CC BY-ND 2.0)

Bislang geheime Dokumente zeigen, dass sich die Afrikanische Union auf der kommenden Klimakonferenz für massive Investments in Gas und Öl stark machen will. Klima- und Umweltschützer:innen auf dem Kontinent zeigen sich bestürzt.

04.08.2022 – Kurz- und mittelfristig würden fossile Brennstoffe, vor allem Gas, „eine entscheidende Rolle spielen, den Zugang zu modernen Energien zu erweitern, während zugleich der Einsatz Erneuerbarer Energien ausgebaut wird“. So steht es in einem Dokument, das im Rahmen eines Treffens der Afrikanischen Union verfasst wurde und dem Guardian vorliegt. Vom 14. Bis 16. Juni trafen sich die Energieminister:innen des Landes zu einer Online-Videokonferenz und bereiteten das entsprechende Dokument vor, dass eine gemeinsame Linie aller afrikanischen Länder auf der Weltklimakonferenz in Ägypten im November vorgeben soll.

Die Argumentationslinie könnte dahingehen, dass Afrika von ihren fossilen Reserven profitieren sollte, während die Industriestaaten dies bereits getan hätten und diese nun scharfe Einschnitte zur Treibhausgasreduktion hinnehmen müssten. Doch während unter den afrikanischen Regierungsvertretern größtenteils Einigkeit herrscht, fossile Investments voranzutreiben, zeigen sich Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen bestürzt über das Vorgehen.

Lorraine Chiponda, Koordinatorin des Acrica Coal Network, sagte gegenüber dem Guardian: „Das Vorhaben der afrikanischen Regierungsvertreter, die Entwicklung von Gas-Infrastrukturen voranzutreiben, ist erdrückend und rücksichtlos, angesichts von Millionen von Menschen in Afrika, die Dürren, Hunger, Fluten und tropische Wirbelstürme erleben.“ Und fossile Projekte hätten bislang weder die Energiearmut gelöst noch soziale Gerechtigkeit gebracht, so Chiponda. Mohamed Adow, Direktor des Thinktanks Power Shift Africa, wies auf die alternativen Möglichkeiten hin: „Afrika ist gesegnet mit reichlich Potenzial für Erneuerbare Energien aus Wind und Sonne. Daher sollte der Kontinent nicht für Jahrzehnte an fossile Brennstoffe gefesselt werden.“

1445 Kilometer Pipeline

Doch fossile Megaprojekte sind bereits auf den Weg gebracht. Ein Beispiel ist die East African Crude Oil Pipeline (EACOP), die Öl aus einem Fördergebiet in Uganda über 1445 Kilometer an die Küste Tansanias bringen soll. Im April verkündeten der Energiekonzern Total und die beteiligten Länder den Startschuss für das Projekt. In Vier Jahren sollen Förderanlagen und die Pipeline fertig sein und 230.000 Barrel pro Tag produzieren. Umweltschützer:innen warnen vor schweren Umweltschäden, wie die Verschmutzung des Albersees in Uganda, unter dem das zu fördernde Öl lagert. Schätzungen zufolge könnte insgesamt 1,7 Milliarden Barrel Öl von dort gefördert werden. Berechnungen der NGO Bank Track nach, würde das Öl zu CO2-Emissionen von mehr als 33 Millionen Tonnen pro Jahr führen – deutlich mehr als die bisherigen jährlichen Gesamtemissionen in Uganda und Tansania.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni und Total versprechen, dass das Öl-Projekt wirtschaftlichen Aufschwung für viele Menschen in Uganda sorgen wird. Doch Recherchen des Tagesspiegel zeigen, dass einige Bauaufträge zwar an ugandische Firmen gehen, hinter diesen aber oft internationale Konsortien stehen. Es wird zudem befürchtet, dass nur schlechte bezahlte Jobs für Reinigungskräfte und Lkw-Fahrer:innen an Ugander gehen und die lukrativen Management-Stellen Ausländer besetzen. Auch die Einnahmen des Staates aus dem Öl-Geschäft könnten nach einer Gesetzesanpassung nun am ugandischen Parlament vorbei und damit ohne Kontrolle der Parlamentarier:innen ausgegeben werden.

Investiert Deutschland in Gas-Infrastrukturen?

Die Deutsche Bank erklärte im Mai sich aus der Finanzierung des Projektes aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes zurückzuziehen. Doch an anderen fossilen Projekten in Afrika könnte es weiter deutsche Beteiligungen geben. Für Aufsehen sorgt eine mögliche Kooperation Deutschlands mit dem Senegal. Nach einem Gespräch mit dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall, erklärte Bundeskanzler Scholz, man wolle Förderung und Verschiffung von Gas aus dem Senegal finanziell unterstützen.

Senegal verfügt gemeinsam mit Mauretanien über riesige Gasvorkommen vor der Küste. Ab Herbst 2023 wollen beiden Länder Flüssigerdgas exportieren. Dafür wird ein schwimmendes LNG-Terminal an der Seegrenze der beiden Staaten geplant. Mit einer anfänglichen Produktionskapazität von 3,4 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas pro Jahr, soll diese bis 2030 auf 30 Milliarden Kubikmeter jährlich steigen. Betreiber wird der internationale Öl- und Gaskonzern BP sein. Das Projekt ist zunächst auf 20 Jahre angelegt, könnte aber bei der Erschließung zusätzlicher vorhandener Gasfelder noch deutlich länger laufen. Deutschland will damit drohende Gasknappheiten aufgrund des Konflikts mit Russland auffangen.

Doch Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), warnte bei einer Pressekonferenz im Juli, dass damit nicht die Energielücke im kommenden Winter geschlossen werde und die neue Gasinfrastruktur die langfristige Abhängigkeit von fossiler Energie manifestiere. Yero Sarr, Klimaaktivist von Fridays for Future im Senegal, wies zudem daraufhin, dass sich die geplante Gas-Infrastruktur inmitten schützenswerter Gebiete befinde. Sie bietet etwa Millionen Zugvögeln auf ihrer Reise eine Zuflucht. Laut DUH und der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald sind unweit – in 5 bis 35 km Entfernung – der geplanten Gebiete zur Gasförderung und -verschiffung drei Nationalparks, mit einer schützenswerten Flora und Fauna.

Angesichts des Dokuments der Afrikanischen Union sich für fossile Investments auf der kommenden COP stark zu machen, sagte Regine Richter, Kampaignerin von urgewald gegenüber energiezukunft: „Natürlich argumentieren die meisten afrikanischen Regierungen richtig, dass ihr Beitrag zur Klimakrise verschwindend gering ist. Jetzt aber mit Blick auf den europäischen Gashunger neue Vorkommen zu erschließen und neue, teure Gasinfrastruktur zu bauen, nützt nur wenigen.“ Im Wesentlichen werde das die Klimakrise vorantreiben, dem Energiezugang für die Mehrheit wenig helfen und enorm zur Verschuldung beitragen. Denn mit Blick auf die internationalen Klimaziele, dürfte die Infrastruktur nur kurz genutzt werden und müsste geschlossen werden, bevor die Ausgaben erwirtschaftet sind. Die Bundesregierung dürfe die Länder nicht in diese Schuldenfalle treiben, kommentierte Richter. mf


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