Menü öffnen

KlimaschutzBei der Corona-Krise an Morgen denken

Fahrradfahrer demonstrieren in Dresden für geschützte Radwege.
Fahrradfahrer könnten in Zeiten der Corona-Krise den öffentlichen Raum verstärkt einnehmen und in nach der Pandemie behalten. (Bild: ADFC Sachsen / flickr.com, CC BY-SA 2.0)  

Kurzfristig hilft die Corona-Pandemie sogar gegen die Klimakrise. Doch langfristig besteht die Gefahr Klimaschutzbemühungen aufzuschieben. Wirtschaftsexperten fordern verstärkt in den Strukturwandel zu investieren – von Energiewende bis Mobilität.

24.03.2020 –  „Das Falsche lassen“ und zugleich „das Richtige tun und an Morgen denken“ – Wirtschaftsexperten vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) haben im Auftrag von Greenpeace Handlungsrahmen für verschiedene Bereiche erstellt, die in der aktuellen Corona-Krise kurz- wie langfristig Nutzen für Wirtschaft und Klimaschutz bringen. Dabei warnen sie davor drängende Aufgaben im Angesicht des Klimawandels zurückzustellen.

Mit Milliardenhilfen will die Bundesregierung die Corona-Pandemie und seine wirtschaftlichen Folgen bekämpfen. „Die gewaltigen staatlichen Hilfen müssen kurzfristig soziale und wirtschaftliche Verwerfungen auffangen“, sagt Greenpeace-Klimaexperte Tobias Austrup. „Klug gewählt, können die weiteren Konjunkturprogramme das Land entscheidend voranbringen beim Aufbau einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Deutschland braucht einen neuen, grünen Marshallplan.“ Folgende Maßnahmen könnten demnach die Corona-Krise abfedern und die ökologische Transformation beschleunigen.

Für die Luftfahrt an Klimaschutzmaßnahmen festhalten und diese ausbauen

Die Luftverkehrsbranche trifft die Krise besonders hart. Der Berufsverband Cockpit e.V. fordert bereits eine Verschiebung der Erhöhung der Luftverkehrsabgabe, deren Einführung für den Klimaschutz eigentlich als beschlossen gilt. Das FÖS fordert jedoch von einer Verschiebung abzusehen, um dem Luftverkehrsaufkommen nach Beendigung der Krise mit höheren Flugpreisen entgegen zu wirken. Langfristig sollte noch stärker in die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien investiert werden.

Die Corona-Krise als langfristige Chance für das Fahrrad sehen

In Zeiten der Corona-Pandemie werden die Menschen in Städten aktuell vermehrt dazu ermuntert auf das Fahrrad umzusteigen, anstatt den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen, wo das Ansteckungsrisiko besonders hoch ist. In Berlin etwa sind die städtisch geförderten Nextbikes aktuell in den ersten 30 Minuten kostenlos. In Bogota, Kolumbien, werden ganze Fahrspuren zu Fahrradstreifen umgewandelt. Langfristig sehen die Experten vom FÖS Chancen, mit einem erhöhten Fahrradaufkommen in Städten Verhaltensweisen zu ändern und den Ausbau von Radinfrastrukturen auszubauen. Ein verstärkter Umstieg vom privaten Auto auf Fahrrad und öffentlichen Nahverkehr indes würde die Luftqualität in Städten erheblich verbessern und damit Vorerkrankungen bei Menschen mindern, die durch das Coronavirus besonders gefährdet sind.

Der Solarenergie eine Konjunkturspritze verabreichen

Seit Monaten wird über die Aufhebung des Förderdeckels bei über 52 Gigawatt diskutiert, doch im Wirtschaftsministerium wird aktuell auf die dringenderen Probleme der Corona-Krise verwiesen.  Dabei könnte kurzfristig wie langfristig eine Aufhebung des PV-Deckels in Deutschland als wahre Konjunkturspritze wirken, wie das FÖS noch einmal deutlich macht. Darüber hinaus kommt es wegen Liefer- und Personalengpässen im Zuge der weltweiten Pandemie zu Verzögerungen beim Bau von Solarparks. Nach geltendem Recht drohen den Projektierern deswegen Strafzahlungen. Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert in der aktuellen Krise von der Großen Koalition eine Aufhebung dieser Regelung. Die Bundesregierung will dies prüfen.

Home Office zur effizienten Option machen

Auch das Arbeiten im Home Office, was in vielen Unternehmen aktuell massiv hochgefahren wird, hat positive Effekte für Umwelt und Klima. Der Ausfall vieler Pendler vor allem derjenigen die in ihrem privaten Auto zur Arbeit fahren, stellt eine enorme Entlastung für die Umwelt dar. Das FÖS sieht hier bereits kurzfristig „enorme Wachstumspotenziale für Anwendungen, die digitales Zusammenarbeiten und digitale Weiterbildung verbessern.“ Langfristig sei es spannend zu beobachten, ob Arbeitgeber auch nach der Corona-Krise Home Office nicht mehr als notwendiges Übel sehen, sondern als effiziente Option. Auch Dienstreisen könnten stärker überdacht werden. Das FÖS fordert die Potenziale von Home Office jetzt wissenschaftlich zu begleiten. Der massive Ausfall von Projekten und Arbeitsaufträgen könnte von Unternehmen auch dahingehend genutzt werden Weiterbildungsprozesse anzustoßen. Und die könnten sich vor allem auf sogenannte „green skills“ konzentrieren – Angebote, die die Arbeitnehmer auf den Strukturwandel von Morgen vorbereiten.

Klimaschädliche Subventionen jetzt abbauen

Bei den aktuell niedrigen Erdölpreisen sehen die Experten des FÖS große Chancen klimaschädliche Subventionen abzubauen. Kurzfristig können die niedrigen Rohölpreise zwar dazu führen, dass Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz zurückgehen, doch die Situation bietet zugleich die Möglichkeit den Abbau 160 Milliarden US-Dollar umwelt- und klimaschädlicher Subventionen für die Ölindustrie anzugehen. Die Akzeptanz dafür könnte aktuell höher sein, prognostiziert das FÖS. Der Subventionsabbau könnte dabei Milliarden freisetzen, um Konjunkturmaßnahmen in anderen Bereichen anzutreiben und die Abkehr von fossilen Energien voranzubringen.

Neben dem FÖS und Greenpeace fordern auch andere Akteure die Milliardenhilfen im Zuge der Corona-Krise sinnvoll zu investieren. Olaf Bandt vom BUND warnt davor, die Fehler früherer Krisen zu wiederholen. Alle Gelder müssten darauf geprüft werden, ob sie neben ihrer kurzfristigen Wirkung auch langfristigen gesellschaftlichen Nachhaltigkeitszielen wie Klima- und Artenschutz dienen. „Wir brauchen jetzt ein weitsichtiges Konjunkturprogramm, das akutes Krisenmanagement mit Investitionen in die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft verbindet“, so Bandt und fordert einen Green Deal für Deutschland, der Menschen sozial absichert, in der Krise neue Arbeitsplätze schafft und den Weg in eine klimafreundliche Zukunft mit starken regionalen Kreisläufen weist. mf


Mehr zum Thema


energiezukunft