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Europäische UnionDie Zeit für eine EU-Klimapräsidentschaft ist reif

Das Europa-Gebäude in Brüssel
Das Europa-Gebäude in Brüssel (Foto: Samynandpartners / commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Die Bundesrepublik übernimmt ab dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft – macht sie daraus auch eine Klimapräsidentschaft? Zumindest will Kanzlerin Merkel die Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich festschreiben und die EU-Klimaziele anpassen.

19.06.2020 – Vor dem Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli 2020 ist die Europäische Union gleich mit drei existenziellen Krisen konfrontiert: Infolge der Corona-Pandemie mit einer Gesundheits- und Weltwirtschaftskrise – und nach wie vor mit einer an Fahrt gewinnenden Klimakrise. Die Europäische Union stehe vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte, betont Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag.

Die Krise gemeinschaftlich, nachhaltig und mit Blick auf die Zukunft bewältigenZwar freue sie sich sehr auf die Aufgabe, trotzdem zeige uns die Corona-Pandemie: „Unser Europa ist verwundbar“, so Merkel. Noch nie seien Zusammenhalt und Solidarität in Europa so wichtig wie heute gewesen. „Unser gemeinsames Ziel muss es jetzt sein, die Krise gemeinschaftlich, nachhaltig und mit Blick auf die Zukunft zu bewältigen“, sagt die Bundeskanzlerin. „Und genau das wird das Leitmotiv unserer EU-Ratspräsidentschaft sein.“

Ganz unabhängig von der Pandemie leben wir in einer Zeit, so Merkel, in der sich unsere Art zu leben und zu wirtschaften in einem tiefen Umbruche befindet. Und das sei von zwei Entwicklungen getrieben: „Dem Klimawandel, dem wir mit einer kohlenstoffarmen und in Zukunft CO2-neutralen Lebensweise begegnen müssen, sowie der Digitalisierung, die unsere Art zu arbeiten und zusammenzuleben, fundamental verändert“, so Merkel.

Klimaschutz wichtiger Bereich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Die Erwartungen an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft seien sehr hoch, weshalb die Bundesregierung wegen der Pandemie ihre Prioritäten präzisiert habt. Gleichzeitig habe sie auch die anderen großen Herausforderungen fest im Blick. Ein wichtiger Bereich sei hierbei „der Klimaschutz, und mit ihm der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft“, so die Bundeskanzlerin.

Erst im vergangenen Dezember wurde von der Europäischen Kommission das Konzept des „European Green Deal“ vorgeschlagen. Es verfolgt das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen auf Netto-Null zu reduzieren und Europa damit als ersten Kontinent klimaneutral zu machen. Kanzlerin Merkel wertet den Green Deal gerade im Hinblick auf die Erholung der europäischen Wirtschaft als eine zentrale Leitlinie und auch als eine große Chance, vor allem für europäische Unternehmen mit hoher Innovationskraft.

Klimaziele für 2030 anpassen

„Mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit Europas und die Zukunft kommender Generation werden wir auch die Beratungen für ein Europäisches Klimaschutzgesetz intensiv fortführen, mit dem Ziel, eine gemeinsame Position der Mitgliedsstaaten zu erreichen“, so Merkel. „Unser Ziel ist, dass wir Europas Klimaneutralität bis 2050, um das wir sehr gerungen haben, rechtlich verbindlich festschreiben können und dementsprechend auch die Ziele für 2030 anpassen“.

Die Bundesregierung sollte die „Ratspräsidentschaft zur Klimapräsidentschaft machen", fordert Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, nach der Regierungserklärung im Bundestag. Das Klimaschutzziel 2030 sollte dahingehend angepasst werden, dass 65 Prozent weniger Treibhausgase in der EU ausgestoßen werden als im Vergleichsjahr 1990. Dafür müsse es jährliche Emissionsbudgets und eine gemeinsame nachhaltige Landwirtschaftspolitik geben, so Göring-Eckardt. „Es ist an Ihnen, ob die Milliarden in eine krisenfeste EU und Zukunft für unsere Kinder investiert werden“, sagt Göring-Eckardt in Richtung der Kanzlerin.

Der Entschließungsantrag der Grünen, in dem Investitionen in eine klimaneutrale, sozial gerechte und wirtschaftlich erfolgreiche Europäische Union gefordert wurden, stieß jedoch bei den meisten anderen Parteien auf Ablehnung.

Gebäude- und Verkehrssektor als Priorität der Präsidentschaft

Die Bundesregierung erhalte mit ihrer EU-Ratspräsidentschaft die große Chance, die Umsetzung des europäischen Green Deals beherzt voranzutreiben und Europa zukunftsgerichtet zu gestalten, teilen BEE, BWP, NABU, BuVEG und DENEFF in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit. Dabei könne die Modernisierung des europäischen Gebäudesektors eine wichtige Rolle spielen und wirtschaftliche Chancen mit dem Klimaschutz verknüpfen. Die „Renovation Wave“ sollte nach Ansicht des Bündnisses zur Priorität der Präsidentschaft erklärt werden.

Der ökologische Verkehrsclub VCD fordert hingegen, die Verkehrswende auch auf europäischer Ebene entschlossen anzugehen: „Die Bundesregierung muss Klimaschutz im Verkehr zu einem zentralen Thema ihrer EU-Ratspräsidentschaft machen“, so Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Der Antriebswechsel von fossilen Verbrennern hin zu emissionsfreien Fahrzeugen müsse deutlich beschleunigt werden.

Die Bundesrepublik Deutschland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft gemeinsam mit Portugal und Slowenien für insgesamt 18 Monate. Die drei Länder haben sich auf gemeinsame Themen und Prioritäten festgelegt. Am 1. Juli macht Deutschland den Anfang, ab Januar 2021 übernimmt Portugal den Vorsitz und gibt ihn dann sechs Monate später an Slowenien ab. jk


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